Geographen und Informatiker simulieren das Einkaufsverhalten

Seit Jahrzehnten beobachten Geographen, wie sich im Einzelhandel Betriebsformen und Standortmuster verändern. Während kleinere und innenstadtnahe Läden oft von der Schließung bedroht sind, haben große Verbrauchermärkte in autofreundlichen Lagen Erfolg. Welche Handelsformen abgelöst werden, welche neu entstehen und welche davon wiederum überlebensfähig sind, hängt von den Einkaufsentscheidungen jedes einzelnen Kunden ab. Diese Entscheidungen sollen an der Uni Würzburg mit Hilfe von Computersimulationen auf Basis der Multi-Agenten-Systeme analysiert und nachvollzogen werden.

Das Projekt am Lehrstuhl für Kulturgeographie wird für vorerst zwei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. In der von Günter Löffler und Jürgen Rauh gebildeten Arbeitsgruppe beschäftigen sich zwei wissenschaftliche Mitarbeiter und studentische Hilfskräfte damit, wie sich solche Simulationstechniken zur Abschätzung des individuellen Einkaufsverhaltens anwenden lassen. Dabei kooperieren die Geographen mit der Arbeitsgruppe von Frank Puppe und Franziska Klügl am Institut für Informatik, wo seit Jahren auf dem Gebiet der Multi-Agenten-Systeme und ihrer Anwendung gearbeitet wird.

Wenn man individuelle Entscheidungen simulieren will, sind leistungsfähige Rechner nötig, aber auch aussagekräftige Datengrundlagen. Doch letztere seien aus Datenschutzgründen nur selten verfügbar, so die Würzburger Geographen. Hier kommt ihnen nun eine langjährige Forschungskooperation mit Einar Holm und Urban Lindgren von der Universität Umeå (Schweden) zu Gute: An dieser Hochschule werden für wissenschaftliche Vorhaben Daten aus dem schwedischen Zensus vorgehalten. Mit ihnen wollen die Würzburger Geographen zunächst eine Fallstudie in der Region Umeå durchführen. Vor Ort werden sie von Kirsten Holme unterstützt.

„Ist dann ein geeigneter Simulationsansatz gefunden und seine Verlässlichkeit zur Schätzung des Einkaufsverhaltens nachgewiesen, hoffen wir, das entwickelte Modell auf deutsche Verhältnisse übertragen zu können“, sagen Löffler und Rauh. Als Beispielraum haben sie die Stadtregion Regensburg gewählt.

Gelingt das Vorhaben, dann können mit der Simulation künftig die Auswirkungen spezieller Entwicklungen im Einzelhandel auf das Kundenverhalten untersucht werden – was vor allem für die planende Kommunal- und Regionalpolitik von großem Interesse sein dürfte. Ist ein neues Shopping-Center überlebensfähig? Wird es Einzelhändler in ihrer Existenz gefährden? Wie verändern sich die Verkehrsströme durch das neue Center? Solche und andere Fragen können dann objektiver und eindeutiger beantwortet werden.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Jürgen Rauh, T (0931) 888-5559, Fax (0931) 888-5556, E-Mail: juergen.rauh@mail.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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