Die Wege zu mehr Freiheit und Wohlstand werden berechenbar

„Bertelsmann Transformation Index“ analysiert erstmals weltweit Transformationspro­zesse – Spitzenreiter bei der Gestaltung des Wandels sind Estland, Litauen, Chile, Botswana und Mali – Entscheidend sind die Managementleistungen der politischen Eliten

Zahlreiche Staaten in allen Erdteilen haben in den vergangenen Jah­ren erhebliche Fortschritte auf dem Weg zu Demokratie und sozial verantwortlicher Markt­wirtschaft erzielt. Gleichzeitig aber verweigern in einer kleiner werdenden Gruppe von Län­dern autoritäre Regime jeden Ansatz zu politischen und ökonomischen Reformen. Über Er­folg und Scheitern von gesellschaftlichem Wandel entscheidet das politische Management. Dies ist das Ergebnis des ersten globalen Transformationsrankings, das die Bertelsmann Stif­tung heute in Berlin vorstellt.

Von den 116 analysierten Staaten werden in dem neuen Ranking 71 als Demokratien einge­stuft, sechs mehr als im Jahr 1998. 31 von ihnen erhöhten in den vergangenen fünf Jahren die Qualität und Stabilität der Demokratie. Herausragende Verbesserungen auf dem Weg zur Demokratie erzielten in den vergangenen Jahren Kroatien, Mali, die Slowakei, Taiwan und die Türkei.

Auch bei der marktwirtschaftlichen Transformation waren in zahlreichen Staaten positive Entwicklungen zu erkennen. Besonders bemerkenswert sind dabei die Fortschritte aller EU-Beitrittskandidaten, angeführt von Ungarn, Litauen und der Slowakei. Zur Spitzengruppe zählen aber auch viele nichteuropäische Staaten wie Chile, Südkorea, Taiwan und Singapur. Bestätigt hat die Analyse nach Ansicht der Bertelsmann Stiftung den Zusammenhang von demokratischer und marktwirtschaftlicher Entwicklung: Bemühungen um marktwirtschaftli­che Effizienzsteigerung stoßen in autoritären politischen Systemen an enge Grenzen. Umge­kehrt benötigen stabile Demokratien eine solide marktwirtschaftliche Basis.

Eine gelungene Transformation zu Demokratie und Marktwirtschaft ist nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung nicht allein auf glückliche Umstände oder globale Strukturprozesse zu­rückzuführen, sondern das Resultat strategischer politischer Steuerung. „Die Ergebnisse des BTI belegen“, so Professor Werner Weidenfeld, Präsidiumsmitglied der Stiftung, „dass der erfolgreiche Wandel nur durch kluges politisches Management zu erreichen ist. Wenn die politische Elite zielsicher und effektiv Reformprozesse verfolgt und alle Entwicklungspoten­ziale optimal nutzt, kann der erfolgreiche Umbau selbst unter schwierigen Rahmenbedingun­gen gelingen.“

In zehn Staaten sei diese Managementleistung besonders deutlich sichtbar geworden. Neben vier der neuen EU-Mitgliedstaaten gehören zu dieser Gruppe Chile, Mali, Botswana, Uru­guay, Südkorea und Costa Rica. Die Regierungen dieser Länder agierten höchst gestaltungs­fähig und zielsicher, nutzten ihre Ressourcen effektiv, stützten ihre Reformpolitik auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens und demonstrierten große Kooperationsfähigkeit auf internationaler Ebene. Im Vergleich dazu zeigten die Beispiele Venezuela oder Argentinien, wie politische Eliten die Zukunftsfähigkeit ihrer Länder aufs Spiel setzen, wenn sie trotz relativ guter Voraussetzungen nicht willens oder unfähig sind, langfristig und strategisch zu planen. In gut einem Fünftel der untersuchten Länder werden Reformbemühungen systematisch ver­hindert. Hierzu gehören Kuba, Nordkorea, Turkmenistan oder Simbabwe.

Insgesamt 45 der 116 untersuchten Staaten werden weiterhin von autoritären Regimen be­herrscht. Das Spektrum reicht hierbei von gemäßigten Autokratien, in denen Elemente politi­scher Partizipation und Rechtsstaatlichkeit existieren, über Modernisierungsdiktaturen bis zu tyrannischen Herrschaftssystemen. Ihr Beharrungsvermögen bleibt außerordentlich groß. Le­diglich in acht Staaten war eine spürbare Ausweitung der politischen und bürgerlichen Frei­heitsrechte festzustellen, allen voran im Golfstaat Bahrain, daneben auch in Afghanistan, Algerien, Angola, Iran, Marokko, Somalia und Tadschikistan. Dramatische Rückschritte gab es etwa in der Demokratischen Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik und Sim­babwe, wo Staatszerfall oder Missmanagement die gesellschaftlichen Zukunftschancen weiter verringerten. In einigen Staaten wie Singapur, China, Malaysia und Vietnam haben sich – nur im ökonomischen Bereich und mit unterschiedlicher Zielstrebigkeit – wandlungsbereite Eliten durchgesetzt, deren politisches Kalkül nicht allein von Machterhalt und Eigennutz geprägt ist.

Das Ziel des BTI ist die systematische Aufbereitung von Transformationswissen durch ob­jektive und weltweit vergleichbare Daten. „Die Analyse dieser Vergleichsdaten erlaubt es, erfolgreiche Strategien des Wandels zu entwickeln und Fehler zu vermeiden“, erläutert Pro­fessor Werner Weidenfeld. „Wir schaffen damit Orientierung für Reformkräfte in vielen Län­dern, aber auch für Unterstützer von außen, die diese Prozesse effizient und zielgerecht begleiten wollen.“ Politische Entscheidungsträger können den BTI somit als Indikator ihrer Erfolge und zur Entdeckung ungenutzter Chancen einsetzen. Der Bertelsmann Transformation Index soll zukünftig im Abstand von zwei Jahren erstellt werden.

Der erstmals vorgelegte Index ist das Ergebnis einer insgesamt achtjährigen Vorarbeit. Ge­meinsam mit dem Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) wurde seit 1996 die kon­zeptionelle Basis entwickelt. Dem BTI-Board gehören zahlreiche Transformations- und Ent­wicklungsexperten an. Der numerischen Bewertung des Ranking liegen detaillierte Länder­gutachten zugrunde, die von ausgewiesenen Experten anhand zahlreicher Indikatoren erstellt wurden. Zweitgutachter kommentierten die Analysen und nahmen eine weitere, unabhängige Bewertung vor. Die Ergebnisse wurden abschließend innerhalb einzelner Regionen und im weltweiten Vergleich überprüft. Der Bertelsmann Transformation Index unterscheidet sich von anderen vergleichbaren Analysen durch die klare Fokussierung auf die Managementleis­tung der politischen Entscheidungsträger.

Rückfragen an: Sabine Donner, Telefon: 0 52 41 / 81-81 501
sabine.donner@bertelsmann.de

Hauke Hartmann, Telefon: 0 52 41 / 81-81 389
hauke.hartmann@bertelsmann.de

Die Gesamt- und Detailergebnisse des BTI sind im Internet abrufbar unter: www.bertelsmann-transformation-index.de.

Ausführlich vorgestellt werden sie darüber hinaus in der Publikation „Auf dem Weg zur marktwirtschaftlichen Demokratie: Bertelsmann Transformation Index 2003“ (Verlag Bertelsmann Stiftung, 2004). In der beiliegenden CD-ROM können alle Ländergutachten, die Grundlage für die BTI-Bewertungen sind, eingesehen werden.

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Julia Schormann idw

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