Neue Therapie soll Chancen der Wiederbelebung nach Herz-Kreislauf-Stillstand erhöhen

Heidelberger Universitätsklinik für Anästhesiologie federführend bei größter Studie zur Wirksamkeit der „Lysetherapie“ nach Herz-Kreislauf-Stillstand

Unter der Federführung von Privatdozent Dr. Bernd Böttiger, geschäftsführender Oberarzt der Heidelberger Universitätsklinik für Anästhesiologie (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Eike Martin), beginnt in den nächsten Wochen die weltweit größte Studie, die den Einsatz von Medikamenten zur Auflösung von Blutgerinnsel (Lysetherapie) bei Wiederbelebungsmaßnahmen nach akutem Herz-Kreislauf-Stillstand testet. An der Studie nehmen europaweit insgesamt 1.000 Patienten in 40 Zentren teil. Untersucht wird die Wirksamkeit des Wirkstoffes Tenectplase (MetalyseR), eines Produkts der Firma Boehringer Ingelheim, das bereits als „Thrombolytikum“ für die Auflösung von Blutgerinnseln vielfältig im Einsatz ist.

Jeden Tag sterben in Europa etwa 1.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod; in Deutschland sind es etwa 100.000 Todesfälle pro Jahr. „Trotz Wiederbelebung und dem Einsatz eines Defibrillators überleben bisher nur fünf bis zehn Prozent der betroffenen Patienten“, erklärt Dr. Böttiger. Ursachen des plötzlichen Herzstillstandes ist bei zwei Drittel der Patienten ein Herzinfarkt oder eine Lungenembolie, also ein Verschluss der Blutgefässe durch Blutgerinnsel. Treten diese beiden lebensbedrohlichen Ereignissen weniger akut auf, gehört die „Lysetherapie“, die Auflösung des Blutpfropfens mit Medikamenten, schon seit Jahren zur Standardtherapie.

Dass auch Patienten mit einem plötzlichen Herzstillstand von der Lysetherapie profitieren, haben bereits frühere Untersuchungen und die Beobachtung von Einzelfällen nahegelegt. Vor zwei Jahren konnte Dr. Böttiger in einer Studie, die in der renommierten englischen Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht worden ist, an 90 Patienten zeigen, dass eine Lysetherapie die Überlebenschancen deutlich verbessert: Bei etwa zwei Drittel konnte der Kreislauf wieder in Gang gesetzt werden, die meisten wurden auf einer Intensivstation behandelt, die Überlebensrate konnte insgesamt verdoppelt werden.

„Auf einen Herz-Kreislauf-Stillstand reagiert die Blutgerinnung überschießend. Im ganzen Körper bilden sich kleine Thromben“, erklärt Dr. Böttiger, der sich seit zehn Jahren mit diesen Phänomenen wissenschaftlich beschäftigt. Deshalb profitieren die Patienten von einer Lysetherapie, die zum Beispiel die ungehinderte Wiederdurchblutung des Gehirns sicherstellt.

In der neuen klinische Studie TROICA (Thrombolysis in Cardiac Arrest) erhält die Hälfte der 1.000 Patienten das gerinnungslösende Medikament, die andere Hälfte ein wirkungsloses Scheinpräparat (Placebo). Teilnehmer der Studie sind Patienten, die wegen eines Herzstillstands vom Notarzt bzw. vom Notfallteam behandelt werden. Zunächst werden alle erforderlichen Standard-Maßnahmen der Wiederbelebung durchgeführt, dann erhalten sie das Testmedikament. Der Erfolg der neuen Therapie wird daran gemessen werden, wie viele behandelte Patienten im Vergleich die Intensivstation erreichen und wie viele das Ereignis 30 Tage überleben. Weiteres wichtiges Kriterium ist die Fähigkeit der Patienten, in ihren Alltag zurückzukehren.

Literatur:
Bottiger BW, Bode C, Kern S, Gries A, Gust R, Glatzer R, Bauer H, Motsch J, Martin E: Efficacy and safety of thrombolytic therapy after initially unsuccessful cardiopulmonary resuscitation: a prospective clinical trial. Lancet. 2001 May 19;357(9268):1583-5.
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)

Kontakt: Privatdozent Dr. Bernd Böttiger: 06221-56-6380, E-Mail: Bernd_Boettiger@med.uni-heidelberg.de

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Dr. Annette Tuffs idw

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