Trotz konjunktureller Krise besitzt der Maschinenbau gute Entwicklungspotenziale

Profitables Wachstum durch innovative Geschäftsmodelle. Neue Finanzierungsformen für den notwendigen Unternehmensumbau sind gefragt.

Auch wenn er zurzeit in einer konjunkturellen Krise steckt, hat der deutsche Maschinenbau in Zukunft noch gute Wachstumschancen. Das ist das Hauptergebnis der Studie „Maschinenbau 2010 – Steigerung der Ertragskraft durch innovative Geschäftsmodelle“ der Unternehmensberatung Mercer Management Consulting. Die Zukunft liegt in innovativen Geschäftsmodellen mit einem Leistungsspektrum, das sich konsequent am Beitrag ausrichtet, den Maschinenbauer leisten können, um bei ihren Kunden den Nutzen messbar zu steigern. Die Studie beleuchtet wichtige technologische Entwicklungen und weist den Weg zu Wachstumspotenzialen durch flexiblere Ressourcenstrukturen. Bedrohungen ergeben sich für die deutschen Maschinenbauer aus den hiesigen Standortnachteilen, aber auch aus der derzeitigen Finanzierungskrise. Zunehmend restriktiver vergebene Kredite schränken die Handlungsfähigkeit, die Wachstumsmöglichkeiten und die strategischen Optionen der mittelständischen Unternehmen erheblich ein. Einen Ausweg bieten nur höhere Profite. Anhand von Beispielen zeigt die Studie, wie Maschinenbauer mit der richtigen strategischen Ausrichtung wieder zu hoher Profitabilität gelangen können.

Mit 6.000 Unternehmen und 900.000 Beschäftigten gehört der Maschinenbau zu den Aushängeschildern der deutschen Industrie. Seine Exportquote von 69,4 Prozent im Jahr 2002 ist weltweit unerreicht und hat das Image des „Made in Germany“ entscheidend mitgeprägt. 2002 setzte die Branche 130 Milliarden Euro um, 1,6 Prozent weniger als im Boomjahr 2001. Maschinenbauer sind aber dennoch in einem Wachstumsmarkt zu Hause: Weltweit konnten sie in den letzten 5 Jahren jährlich um 3,1 Prozent zulegen. Die Branche ist hier zu Lande mittelständisch geprägt; zwei Drittel der Unternehmen haben weniger als 100 Mitarbeiter und nur 2,5 Prozent beschäftigen mehr als 1.000. Der deutsche Maschinenbau hält weltweit in 18 von 48 unterschiedlichen Produktsegmenten die Spitzenposition, so zum Beispiel bei Holzbearbeitungsmaschinen, Textilmaschinen, Fördertechnik, Waagen oder Pumpen.

Die Mercer-Studie „Maschinenbau 2010“ entstand zwischen Juli 2002 und April 2003 auf der Basis von mehr als 70 Expertengesprächen mit Führungskräften und Unternehmensleitern der Maschinenbau-Branche sowie umfangreichen Sekundäranalysen. „Die Ergebnisse zeigen, dass der Maschinenbau weiterhin eine gute Zukunft hat“, sagt Peter Baumgartner, Geschäftsführer von Mercer Deutschland und Industrie- Experte, „auch wenn zwischen 1998 und 2001 nur 50 Prozent der deutschen Maschinenbauer sowohl Umsatz- als auch Ergebniswachstum vorweisen konnten.“

Als Mittelständler sind die deutschen Maschinenbauer stark von den schlechten Standortbedingungen betroffen. Während größere Unternehmen ihre Investitionsschwerpunkte ins Ausland verlagern können, hat die Mehrheit der Maschinenbau-Unternehmen nur wenig Ausweichmöglichkeiten. Dies gilt umso mehr, als Maschinenbau ein zyklisches Geschäft ist. Marktrückgänge um 30 bis 40 Prozent vom Konjunkturgipfel bis zur Talsohle sind für den Maschinenbau normal; in einigen Bereichen wie der Halbleiterausrüstung ist dieser Effekt noch stärker. Die Mercer-Studie hat gezeigt, dass viele Unternehmen des Maschinenbaus trotz flexibler Arbeitszeitmodelle noch immer mit 40 bis 50 Prozent Fixkosten leben und von Rezessionen stark getroffen werden. Es fanden sich aber auch Maschinenbauer, die durch Outsourcing, flexible Arbeitszeitmodelle und schlanke Verwaltung ihre Fixkosten bis auf 20 Prozent senken konnten.

In vielen Bereichen des Maschinenbaus gibt es einen Trend zur Konzentration und zu größeren Unternehmenseinheiten. Für viele stellt sich daher die Frage: schlucken oder geschluckt werden? Die Mercer-Studie zeigt, dass es bei Zukäufen entscheidend ist, neben neuem Marktzugang auch weitere Kompetenzen zu erwerben, die eine neue Positionierung und neuartige Kundenangebote ermöglichen.

Entscheidend: Innovative Geschäftsmodelle

Doch wer sein Unternehmen umbauen oder in neue Maschinen investieren will, muss Kredite aufnehmen oder andere Kapitalgeber finden. In der Folge des Basel II-Abkommens werden sich die mittelständischen Betriebe nur schwerer oder zu erheblich schlechteren Konditionen finanzieren können. Der Grund: die traditionell geringe Eigenkapitalquote, kombiniert mit mageren Gewinnen. Denn trotz guten Wachstums erreichte der deutsche Maschinenbau in den letzten Jahren nur eine Umsatzrendite von 3,4 Prozent vor Steuern.

„Um dem drohenden Credit-Crunch zu entgehen, gibt es nur ein Rezept“, stellt Thomas Kautzsch, Partner bei Mercer und Autor der Studie, fest. „Die Rendite muss erheblich gesteigert werden. Zumindest in guten Jahren sollte eine zweistellige Umsatzrendite erreicht werden – und das ist mit einem guten Geschäftsmodell auch möglich.“ Die Mercer-Studie hat die Strategien erfolgreicher Maschinenbau-Unternehmen ausgewertet und analysiert, wie deren Geschäftsmodelle funktionieren. „Allerdings“, warnt Kautzsch, „unterliegen auch Geschäftsmodelle einem Alterungsprozess. Dauerhaft erfolgreiche Unternehmen müssen sich, je nach Branche, durchschnittlich alle sieben Jahre erneuern.“

Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen erreichen ein Vielfaches der Profitabilität „normaler“ Maschinenbauer. Fundamentale Wertverschiebungen im Markt erfordern zudem die permanente Überprüfung des bestehenden Geschäftsmodells. „Innovation“, „Downstream“, „Lösung“ oder „Komponenten“ heißen zum Beispiel die Geschäftsmodelle der Champions im Maschinenbau. So wandelte sich Kone vom reinen Aufzughersteller zum Aufzug-Komplettdienstleister. Verschiedene Leistungspakete decken den gesamten Lebenszyklus der Aufzüge ab, von der Installation über den Service bis hin zur Modernisierung. Dieser „Downstream-Ansatz“ brachte dem Unternehmen eine Umsatzsteigerung von 12 Prozent und einen Ergebnisanstieg von 25 Prozent jährlich ein. Durch das Geschäftsmodell „Lösung“, bei dem das Unternehmen Hanover Compressor neue Kundenlösungen wie etwa einen Full-Service für Erdgas-Verdichterstationen anbot, konnte das Ergebnis um 40 Prozent und der Umsatz um 64 Prozent jährlich gesteigert werden. Die Kunden von Hanover Compressor profitieren von höherer Verfügbarkeit und binden weniger Kapital. Als Beispiel für ein gelungenes Geschäftsmodell-Redesign führt die Studie das Unternehmen „John Deere Landscapes“ an. Durch die Wandlung vom Weltmarktführer bei Land- und Baumaschinen mit hoher Zyklizität zum Anbieter für Landschafts- und Gartenbau inklusive Verbrauchsmaterial und Finanzierung konnte ein Umsatzwachstum von 400 Millionen US- Dollar und eine überproportionale Aktienkursentwicklung erreicht werden.

Die Studie identifiziert zudem drei wichtige Dimensionen für neue Maschinenbau-Geschäftsmodelle, und damit für neue Profite.

Leistungsumfang: Die Hauptmärkte vieler Maschinenbauer wachsen nur noch schwach. Die Produktivität der Maschinen steigt schneller als die Produktion der Kunden. Potenziale gibt es oft nur noch bei Dienstleistungen: Durch Outsourcing der Kunden können Maschinenbauer maßgeschneiderte Leistungsbündel schnüren – vom Service über die Finanzierung bis zu Gesamtlösungen für spezifische Kundensegmente. So reduzieren sie die Vergleichbarkeit mit dem Angebot der Wettbewerber und ermöglichen Preisprämien.

Kundenportfolio: Bekannte Automobilhersteller als Kunden erhöhen das Prestige und füllen die Kapazität, bringen aber sehr häufig nur geringe Erträge oder sogar Verluste. Viele Maschinenbauer erzielen einen Großteil ihres Ertrags mit nur wenigen Kunden und vernichten mit anderen Kunden das meiste davon. Viele wissen nicht einmal, welche Kundensegmente profitabel sind und welche nicht. Wer seine Kundensegmente analysiert und sich fokussiert und seinen profitablen Kunden maßgeschneiderte Leistungen anbietet, verdient deutlich mehr und reduziert die Komplexität des Unternehmens.

Innovation: Sie bringt dauerhaft hohe Erträge, wenn ein kontinuierlicher Fluss überlegener Produkte sichergestellt ist. Viele Maschinenbauer überschätzen die eigene Innovationskraft: sie verhalten sich wie der Innovator, der sie früher meistens einmal waren, bieten aus Kundensicht jedoch nur geringen Zusatznutzen gegenüber dem Wettbewerb und erzielen demzufolge keine befriedigende Rendite.

Diese für neue Geschäftsmodelle wichtigen Dimensionen ergänzen die Autoren der Studie durch Querschnittsthemen, die für Maschinenbauer zurzeit besondere Relevanz besitzen: So sollte die derzeitige Arbeitsteilung grundsätzlich überdacht werden – welche Arbeitsschritte können andere besser erledigen, welche zieht man besser ins eigene Unternehmen, weil sie profitabel sind und die eigenen Kompetenzen stärken? Moderne elektronische Kommunikationsmöglichkeiten eröffnen neue Wege der Zusammenarbeit mit Zulieferern und Kunden. Sie helfen Zeit sparen, Fehler vermeiden, Effizienz steigern und erlauben eine Arbeitsteilung auch in Bereichen, wo sie bisher nicht praktikabel war – etwa zwischen Konkurrenten, die aber in verschiedenen Regionen präsent sind. Die zunehmende Know-how-Komplexität im Maschinenbau erfordert mehr und mehr ein gezieltes Wissens- und Talent-Management.

Innovative Geschäftsmodelle umzusetzen erfordert jedoch zunächst die Bereitschaft, ausgetretene Pfade zu verlassen. Das fällt in Maschinenbau-Unternehmen oft schwerer als in anderen Branchen. Vielen fehlt es an der Fähigkeit, ein als richtig erkanntes Ziel konsequent zu verfolgen. Ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln und einzuführen ist jedoch eine wesentliche Investition in zukünftige Erfolgspotenziale. Die Umsetzung muss mit Konsequenz betrieben werden – oftmals über mehrere Jahre.

„Dem Standort Deutschland, der Zyklizität der Branche und den harten Forderungen des Kapitalmarkts entkommen die meisten Maschinenbauer nicht“, resümiert Experte Baumgartner. „Daher gibt es nur die Flucht nach vorne, zu mehr Profitabilität. Der Weg dazu führt über ein innovatives Geschäftsmodell, das die Gewinnmarge hebt, und atmende Ressourcen, die die Fixkosten senken.“

Fünf Thesen zur Entwicklung des Maschinenbaus

  • Die überwiegende Mehrheit der Märkte für Maschinenbau- Unternehmen bietet auch weiterhin gute Langfristperspektiven.
  • In reifen Maschinenbaumärkten liegt der Gewinn weniger in der Herstellung von Maschinen, sondern in ganzheitlichen Lösungen, die die Wirtschaftlichkeit der Kunden verbessern.
  • Der Konzentrationsprozess der Branche schreitet fort. Dennoch gibt es auch für kleine Unternehmen nach wie vor gute Nischen.
  • Eine weiterhin bezahlbare Unternehmensfinanzierung braucht eine höhere Rentabilität. Im Schnitt müssen über den Konjunkturzyklus fünf Prozent Umsatzrendite erzielt werden.
  • Entscheidend für den Erfolg eines Maschinenbauers ist es, sein Geschäftsmodell periodisch zu überprüfen und auf die zukünftigen Kundenprioritäten auszurichten.

Es gibt viele Indikatoren dafür, wann ein Geschäftsmodell überarbeitet werden sollte. Aus der Erfahrung des Beratungsgeschäfts hat Mercer Management Consulting typische Indikatoren zusammengestellt. Treffen mehrere der beschriebenen Aussagen auf ein Unternehmen zu, so sollte die Arbeit an einem neuen Geschäftsmodell dringend in Angriff genommen werden.

Geschäftsmodell- Checkliste

  • Die durchschnittliche Umsatzrendite liegt unter vier Prozent.
  • Die Umsatzrendite nimmt seit Jahren ab.
  • Der Wettbewerb hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
  • Das Unternehmen muss mehr Nachlässe gewähren als seine Konkurrenten.
  • Aufträge von Schlüsselkunden gehen verloren.
  • Der Technologievorsprung schrumpft immer weiter.
  • Der Maschinenbauer verliert konstant an Marktanteil.
  • Ein Wettbewerber wächst stark, während es im eigenen Haus bergab geht.
  • Zunehmend verliert das Unternehmen wichtige Leistungsträger.
  • Die Hausbanken werden immer nervöser.

Media Contact

Pierre Deraëd Mercer Management Consulting

Weitere Informationen:

http://www.mercermc.de

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