Deutsche Kommunen im Wandel: traditionelle Aufgaben durch leere Kassen auf dem Prüfstand

Kommunalstudie 2002 von PwC: Strukturen der Verwaltung müssen flexibler gestaltet werden / Einsparungen durch Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen / Klassische Daseinsvorsorge auf dem Prüfstand / E-Government: Sparzwang und fehlende IT-Strategie behindern Weg zum modernen Dienstleister

In Zeiten finanzieller Engpässe sehen die deutschen Kommunen zentralen Handlungsbedarf für die Sicherung ihrer Haushalte. Ein entsprechendes Sicherungskonzept oder die Planung eines solchen liegt bislang nur rund jeder zweiten Stadt vor. Im Zuge der Verwaltungsreform haben viele Kommunen mit einer Verbesserung ihrer Organisationsstrukturen und -prozesse begonnen. Der Wandel zum modernen Dienstleister ist jedoch gerade angesichts der leeren Kassen häufig noch nicht optimal vollzogen. Dies geht aus der aktuellen Studie Deutsche Städte auf dem Weg zum modernen Dienstleister. Kommunalstudie 2002 hervor, die anlässlich der Sitzung des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages am 6. November in Berlin vorgestellt wird.

An der Erhebung von PwC beteiligten sich 97 Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohnern – darunter 10 der 15 größten Städte. Die Ergebnisse zeigen zahlreiche Anhaltspunkte für eine weitere Verbesserung von Konzernkommunikation Verwaltungsstrukturen und der wirtschaftlichen Betätigung der Städte in Deutschland.

Über die Hälfte der Kommunen besitzt noch kein Steuerkonzept

Angesichts der meist dramatischen finanziellen Lage der Kommunen haben die Sicherung des Haushaltes und damit verbundenen Reformen Priorität. Die Städte räumen der Verschlankung von Strukturen wie z.B. der Zusammenlegung von Ämtern und der Bündelung oder Ausgliederung von Aufgaben sowie erforderlichen Optimierungen von Prozessen einen hohen Stellenwert ein. Steuerliche Fragestellungen sind insbesondere vor dem Hintergrund der drastischen Einbrüche beim Gewerbesteueraufkommen derzeit von größtem Interesse für die Kommunen. Die Erhebung von PwC ergab hierbei, dass über die Hälfte der befragten Kommunen weder ein steuerliches Gesamtkonzept besitzt noch eine Einführung plant.

Mehrzahl der Städte würde klassische kommunale Aufgaben auslagern

Vor dem Hintergrund der angespannten wirtschaftlichen Situation sind sich die Städte bislang keineswegs einig darüber, welche Aufgaben sie weiterhin selbst erfüllen werden und wie dies geschehen soll. Die PwC-Studie zeigt, dass rund die Hälfte der Städte sich bei klassischen Aufgaben der öffentlichen Hand wie z.B. der Energie- und Wasserversorgung zurückhalten möchte, sofern private Unternehmen diese Aufgabe ebenso gut und wirtschaftlich erfüllen können. Knapp 40 Prozent der Städte wollen jedoch Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft und der Daseinsvorsorge nicht auf private Anbieter übertragen.

Einsparungen durch Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen

Die Städte erwarten, vor allem durch Kooperationen mit anderen Kommunen oder Privatunternehmen Synergieeffekte in der Daseinsvorsorge zu erzielen. Wie die Studie ergab, überwiegen in den Bereichen Energieversorgung (62 Prozent) und Nahverkehr (53 Prozent) Kooperationen mit privaten Unternehmen. Bei der Abwasserbeseitigung spielt die Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen eher eine untergeordnete Rolle (16 Prozent). Als wichtigste Handlungsmotivation geben die Befragten an, mit den Kooperationen wirtschaftliche Einsparpotenziale zu realisieren sowie die Kapazitätsauslastung zu verbessern.

Reformbedarf bei den Beteiligungen der Kommunen

Die deutschen Städte verfügen über ein weit gefächertes Netz von Beteiligungen, die sich keineswegs nur auf die klassische Daseinsvorsorge beschränken. Aus der Untersuchung von PwC geht hervor, dass Beteiligungsmanagement und -controlling in zahlreichen Kommunen noch verbesserungsfähig sind. „Dies gilt vor allem für die steuerliche Optimierung der Beteiligungsportfolios, die Erweiterung der unternehmerischen Handlungsspielräume durch Umstrukturierungen und die Anwendung von Benchmarks“, erklärt Hans-Jürgen Winkler, Partner der Corporate Finance-Beratung von PwC und Verfasser der Studie.

Soziale Leistungen müssen auf Wirksamkeit hin überprüft werden

„Im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge erbringen die Städte Leistungen für die Bürger und fördern zahlreiche soziale und kulturelle Einrichtungen. Diese Leistungen sind angesichts der dramatischen Haushaltslage verstärkt in ein Spannungsfeld zwischen Daseinsvorsorge, Bürgerorientierung und Haushaltskonsolidierung geraten. Die Kommunen müssen sich neben der Frage nach der Finanzierbarkeit verstärkt überlegen, ob ihre Leistungen dem tatsächlichen Bedarf entsprechen und die gewünschte Wirkung zeigen. Der Aufbau eines wirksamen Controllings sowie eine regelmäßige Überprüfung der Effizienz sind deshalb unerlässlich“, meint Hans-Jürgen Winkler, Partner der Corporate Finance-Beratung im Bereich Projektfinanzierung und Privatisierung.

Flexiblere Strukturen durch Verwaltungsreform

Die Verwaltungsreform der letzten 10 Jahre hat bei über 90 Prozent der Kommunen bereits zu flexibleren Strukturen geführt. Neue Steuerungsmodelle wie z.B. Budgetierung und dezentrale Ressourcenverteilung sind heute weit verbreitet. Einer Ausgliederung der Verwaltung stehen die Befragten jedoch noch immer skeptisch gegenüber. Die Zusammenlegung von Ämtern und die Ausgliederung von Aufgabenbereichen führte im Rahmen der Verwaltungsreform bereits zu Veränderungen. Auswirkungen auf die Anzahl der Mitarbeiter hatte dies allerdings kaum, der Bestand wurde im wesentlichen umgeschichtet.

Lockerung des geltenden Beamten- und Tarifrechts gefordert

Als hinderlich beurteilten die befragten Kommunen die derzeitigen dienstrechtlichen Vorschriften für Beamte und Arbeitnehmer. Bisherige Veränderungen, wie beispielsweise die Gewährung von Leistungszulagen, reichen ihrer Ansicht nach noch nicht aus. Als wichtige Voraussetzung für weitere Fortschritte sehen die Städte deshalb eine Lockerung der haushalts-, beamten- und tarifrechtlichen Bestimmungen. „Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung engen einige traditionelle Formen des Verwaltungshandelns die kommunalen Gestaltungsspielräume ein“, erklärt Hans-Jürgen Winkler.

E-Government: leere Kassen und fehlende IT-Strategie

Die meisten der befragten Kommunen bewerten ihre Bürger- und Dienstleistungsorientierung als gut (46 Prozent) oder befriedigend (49 Prozent). Bei der Möglichkeit, diese umzusetzen, sehen die Städte jedoch noch wesentliche Defizite. Nach Ansicht der Befragten stellen vor allem die verständliche Darstellung von Entscheidungen, die Außenwahrnehmung und das Image sowie schwer nachvollziehbare Strukturen die größten Probleme dar. Auch die Einführung von E-Government beurteilen die Befragten als problematisch. Hier stehen nahezu leere Kassen einem hohen Investitionsbedarf in die vielerorts veraltete IT-Infrastruktur gegenüber. Es fehlen zudem ganzheitliche IT-Systemkonzepte, die die zentrale Voraussetzung für eine verbesserte Dienstleistungs-Qualität sind.

Personalentwicklung für Dienstleistungsorientierung am Wichtigsten

Wichtigstes Instrument zur Verbesserung der Bürger- und Dienstleistungsorientierung sind für die befragten Kommunen Personalentwicklungsmaßnahmen, für die es jedoch häufig an Konzepten und Budgets mangelt. Die Fortbildungsetats der Städte betragen oftmals nur rund 0,5 Prozent des Personaletats, so die Studie von PwC. Die Verbesserung von Geschäftsprozessen und die Einrichtung eines Qualitätsmanagements sowie von Bürgerinformationssystemen im Internet, Bürgerbüros, Call Center und ein aktives Beschwerdemanagement gewichten die Kommunen bei den beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung der Dienstleistungen in etwa gleich.

Durch die Einrichtung von Bürgerbüros oder erweiterte Öffnungszeiten sowie Instrumente wie das Beschwerdemanagement wird der Wandel der Verwaltungen von der Behörde zum Dienstleister bereits deutlich. Auch bei den Beschäftigten hat die Verwaltungsreform zu einem veränderten Selbstverständnis geführt.

Media Contact

Nicole Susann Roschker PwC

Weitere Informationen:

http://www.pwcglobal.com

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