Marketing- und PR-Manager arbeiten selten zusammen

Management-Studie der FH Mainz: Unternehmen könnten ihre Kommunikationserfolge um über 60% steigern

Die Marketingmanager und PR-Verantwortlichen in den Unternehmen könnten ihre Kommunikationserfolge nach eigener Einschätzung um mehr als 60 Prozent steigern. Vor allem, wenn sie besser zusammenarbeiten und die Ergebnisse ihrer Arbeit professioneller kontrollieren würden. Dies ergab eine breit angelegte Studie zur Unternehmenskommunikation in Deutschland, die unter Leitung von Prof. Dr. Lothar Rolke an der Fachhochschule Mainz entstanden ist. Befragt wurden über 300 Marketing- und PR-Leiter der 1500 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland. Es ist die bislang größte Untersuchung dieser Art. Sie zeigt auch, dass die Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden, Mitarbeitern sowie Repräsentanten der Öffentlichkeit immer brüchiger werden. So glauben die Werbeleiter, 46 Prozent ihrer Kunden werden sich künftig weniger loyal gegenüber ihrer Firma verhalten als bisher. Gerade deswegen kommt nach Einschätzung aller befragten Experten schon heute der Kommunikation eine strategische Bedeutung zu. Sie entscheide maßgeblich über Erfolg und Misserfolg von Unternehmen, weil sie Orientierung geben könne und Bindungen festige.

Klassische Werbung funktioniert allein nicht mehr

Allerdings werde sich die Zusammenarbeit der Kommunika-tionsabteilungen und die Art der Zielgruppenansprache deutlich verändern, erklärt Rolke, der an der FH Mainz die Fächer Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Unternehmenskommunikation vertritt: In der Kundenansprache werden „Internet“, „Produkt-PR“ und „Direktmarketing“ in der genannten Reihenfolge an Bedeutung gewinnen. Dagegen werden aus den Bereichen „Klassische Werbung“, aber auch „Sponsoring“ und „Messen“ Budgetmittel abfließen. Dass es immer schwieriger wird, Kunden mit Anzeigen und Werbespots anzusprechen, sagen heute bereits 85 Prozent der Marketingleiter. Der Hauptgrund wird mit deutlichem Abstand vor anderem in der „Reizüberflutung“ gesehen. Deswegen sei es notwendig, neue individuellere Wege wie über das Internet zu gehen. Derzeit spielt diese
neue Technologie eine sehr große Rolle in der Kommunikation mit den Mitarbeitern (Rang 1), gefolgt von der mit Journalisten (Rang 2) und potentiellen Kunden (Rang 3). Doch die Bedeutung werde im Umgang mit allen Zielgruppen stark zunehmen, glauben die befragten Kommunikationsfachleute. Im Gegensatz zu amerikanischen Unternehmen, wo die Orientierung am Shareholder Value (also am Aktienwert) eine große Rolle spielt, konzentrieren die meisten deutschen Unternehmen ihre Kommunikation auf den Kunden: „Bei uns steht der Kunde im Mittelpunkt“, heißt für 47 Prozent die Leitlinie. Ein etwa gleich großes Interesse an Kunden und Aktionären signalisieren die meisten börsennotierten Unternehmen (18 Prozent unter den befragten Firmen). Doch ein knappes Drittel der Unternehmen erklärt schon heute: „Wir kümmern uns um alle Anspruchsgruppen (Kunden, Mitarbeiter, Aktionäre, Öffentlichkeit etc.) ziemlich gleichmäßig.“ Ein wichtiger Grund dafür liegt nach Einschätzung von Rolke in der hohen Bedeutung der „Unternehmensmarke“, die im Gegensatz zu „Produktmarken“ von vielen Seiten beeinflusst wird. 48 Prozent aller Marketingleiter setzten primär auf die Unternehmensmarke, nur 15 Prozent auf die Produktmarke(n) und 36 Prozent halten beide für gleich wichtig. Verantwortlich wiederum für die Pflege der Unternehmensmarke bzw. das Unternehmensimage ist nicht allein das Marketing (relativer Anteil 37,5 Prozent), sondern auch die Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations (mit 27,6 Prozent), die Investor Relations (mit 13,9 Prozent) und das Mitarbeiterverhalten (mit 27,5 Prozent). Im Klartext bedeute dies, so Rolke, dass Unternehmen ihre Kommunikationsaktivitäten sehr viel professioneller verzahnen müssten. Dort, wo Werbung und Öffentlichkeitsarbeit aneinander vorbei arbeiteten, gingen nicht nur Verstärkereffekte verloren. Vor allem das Wissen um die Zielgruppen und die Vertrauensplattform werde immens verkleinert. „Das Unternehmsimage ist heute ein wichtiges Verkaufsargument“, hebt Rolke hervor. „Es bildet sich aber nicht nur in der Beziehung des Unternehmens zu seinen Kunden, sondern die Erfahrungen aller Anspruchsgruppen fließen hier mit ein“. Deshalb sei die 360-Grad-Kommunikation für Unternehmen heute so wichtig. Wer sie professioneller manage als andere, könne sich einen klaren Wettbewerbsvorteil herausarbeiten. Abteilungsegoismen dagegen kosteten die Unternehmen richtig Geld, warnt der BWL-Professor und ergänzt: „Zugleich müssen die Instrumente zum Kommunikations-Controlling endlich professionalisiert werden.“ In den vergangenen Boomjahren hätte sich darum kaum einer richtig gekümmert.


Kunden sind treuer als Mitarbeiter

Die umfangreiche Studie zur Unternehmenskommunikation aus Mainz hat sich die Aktivitäten aller wichtigen Kommunikationsabteilungen angeschaut. Was die Öffentlichkeitsarbeit anbetrifft, so zeigt sich, dass sich die dort Verantwortlichen je zur Hälfte um die Unternehmens-PR und die Produkt-PR kümmern. Im Durchschnitt unterhielten sie zu 15 mal so viel Journalisten regelmäßig Kontakt wie sie Mitarbeiter für die Presse- und Medienarbeit beschäftigten. Die Zuverlässigkeit der Journalisten wird mit der Schulnote 2,3 bewertet. Demgegenüber wird die Loyalität der Mitarbeiter skeptischer eingeschätzt (Schulnote 2,6), während die Kundenloyalität auf die Note 2,1 kommt. Ein wichtiger Grund dafür, dass die befragten Experten eine höhere Kunden- als Mitarbeiterbindung beobachtet haben, liegt in der Qualität der Kommunikation mit diesen beiden Zielgruppen. Während die Qualität der externen Werbekampagnen im Durchschnitt die Note 2,4 erhält, wird die interne Ansprache der eigenen Mannschaft selbstkritisch nur mit der Note 3,0 bewertet. „In zu vielen Unternehmen gilt der Mitarbeiter noch immer nur als Kostenfaktor, statt in ihm den entscheidenden Hebel zur Wertschöpfung zu sehen“, kommentiert Rolke dieses Ergebnis.

Lobbyarbeit betreiben 46 Prozent der befragten Unternehmen, wobei knapp ein Drittel davon mit einem Büro in Berlin und/oder Brüssel vertreten sind. Die Hauptaktivitäten sind „Vier-Augen-Gespräche“ und „Telefonate“ führen sowie „persönliche Briefe“ schreiben, gefolgt von gezielte „PR- und Medienarbeit“ betreiben. Im direkten Vergleich zwischen den 20 führenden Politikern und den Vorstandsvorsitzenden der 20 größten Unternehmen unterliegen in Sachen Medienkompetenz die Vorstände: 61 Prozent der Kommunikationsmanager erklärten, dass die Politiker mit den Medien besser umgehen könnten als umgekehrt. Nur 16 Prozent waren davon überzeugt, dass es die Vorstandsvorsitzenden seien. 23 Prozent der Befragten mochten sich hier nicht entscheiden.

Die Mainzer Studie „Unternehmenskommunikation in Deutschland“, die unter Leitung von Prof. Dr. Lothar Rolke durchgeführt wurde, hat von den 1500 umsatzstärksten Firmen eine repräsentative Auswahl von 283 befragt. Erhebungszeitraum war von Juni bis August 2002. Die Untersuchung wurde als Drittmittelprojekt von der Allianz Versicherung, Aventis, Bertelsmann, IBM, Landesbank Rheinland-Pfalz, RWE und Trimedia finanziert. Alle Entscheidungen zu inhaltlichen und methodischen Fragen wurden ausschließlich vom Leiter der Studie getroffen. Die ersten Ergebnisse werden auf dem Deutschen PR-Tag am 12. September 2002 in Frankfurt vorgestellt.

Für Rückfragen steht Prof. Dr. Rolke gerne zur Verfügung unter :
Tel. 069/ 52 60 66.

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Bettina Augustin M. A. idw

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