Dünger im Ozean – Fluch oder Segen? – Neue "Science" Studie zur Stickstoffaufnahme im Meer

Wie auch beim Kohlendioxid wird ein Teil dieser Stickstoffverbindungen vom Ozean aufgenommen und umgesetzt. Eine neue internationale Studie unter Beteiligung Kieler Meeresforscher, die am 16. Mai in der amerikanischen Fachzeitschrift „Science“ erscheint, zeigt, dass dieser zusätzliche Stickstoff aus der Atmosphäre im Ozean als Dünger fungiert. Er verstärkt dort die biologische Produktion, führt aber auch zu weiteren Rückkopplungen in Ozean und Atmosphäre.

Durch neue Datenanalysen hat eine Forschergruppe mit 30 Wissenschaftlern aus 11 Ländern den aktuellen Kenntnisstand über den atmosphärischen Stickstoffeintrag in den Ozean zusammengetragen. Die Kernaussagen der Veröffentlichung sind:

o Der atmosphärische Stickstoffeintrag aus Verbrennungsprozessen und Düngemittelanwendung verursacht etwa 3% zusätzliche biologische Produktivität im Ozean, welche die Aufnahme von Kohlendioxid im Meerwasser begünstigt.

o Der zusätzliche Düngungseffekt durch den anthropogenen Stickstoffeintrag ist in nährstoffarmen (oligotrophen) Regionen des Ozeans am Größten.

o Nach Aussagen der Studie könnten etwa 10% der Kohlendioxidaufnahme des Ozeans auf den zusätzlichen Düngeeffekt zurück geführt werden. Andererseits gibt es auch eine mögliche Rückkopplung in die Atmosphäre bedingt durch stärkere N2O Emissionen, die wiederum den Treibhauseffekt verstärken können.

„Wir haben Daten und Erkenntnisse aus vielen verschiedenen Bereichen zusammengetragen, neu analysiert und diskutiert“, so Prof. Dr. Julie LaRoche Co-Autorin der Studie vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel. „Bis heute haben die anthropogenen Einträge an Stickstoff in die Atmosphäre den größten Einfluss auf den Nordatlantik. Vorhersagen über zukünftige Emissionen prognostizieren einen zunehmenden globalen Einfluss vor allem im Bereich des Indischen Ozeans“, führt Prof. LaRoche weiter aus. Eine weitere Unsicherheit stellt die teilweise noch dünne Datenlage dar. „Neuartige Modelle, die biogeochemische Prozesse mit berücksichtigen, sind hier eine große Hilfe, um aus einzelnen, räumlich und zeitlich isolierten Messungen zu einem konsistenten globalen Bild zu gelangen“, so Prof. Andreas Oschlies vom IFM-GEOMAR. Auf diesem Gebiet gilt es noch viele Mosaiksteinchen zusammen zu tragen, um die jetzt vorliegenden ersten Abschätzungen noch weiter zu konsolidieren. Besondere Bedeutung hat dabei die Erforschung der Reaktion des marinen Ökosystems auf den Eintrag von Staub und anderen atmosphärischen Partikeln. Ebenso sind die Faktoren von Bedeutung, die die Produktion von Treibhausgasen wie N2O im Ozean begünstigen.

Diese Themen sind auch ein Schwerpunkt des BMBF-Verbundprojektes SOPRAN (Surface Ocean Processes in the Anthropocene; www.sopran.pangaea.de). „Das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch, Atmosphäre und marinem Ökosystem erfordert eine neue Art der Zusammenarbeit zwischen atmosphärischen Wissenschaftlern, Ozeanographen and Modellieren. Diese Zusammenarbeit wird in SOPRAN zum ersten Mal besonders gefördert“, sagt Prof. Douglas Wallace von IFM-GEOMAR, der das Verbundprojekt koordiniert.

Weitere Informationen:
Originalarbeit:
Duce, R.A., J. LaRoche, K. Altieri, K.R. Arrigo, A.R. Baker, D.G. Capone, S. Cornell, F. Dentener, J. Galloway, R.S. Ganeshram, R.J. Geider, T. Jickells, M.M. Kuypers, R. Langlois, P. S. Liss, S. M. Liu, J.J. Middelburg, C.M. Moore, S. Nickovic, A. Oschlies, T. Pedersen, J. Prospero, R. Schlitzer, S. Seitzinger, L.L. Sorensen, M. Uematsu, O. Ulloa, M. Voss, B. Ward, and L. Zamora, 2008: Impacts of Atmospheric Anthropogenic Nitrogen on the Open Ocean, Science, 320, 893-897.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Julie LaRoche, Tel. 0431 – 600 4212, jlaroche@ifm-geomar.de
Dr. Andreas Villwock (Öffentlichkeitsarbeit), Tel. 0431 – 600 2802, avillwock@ifm-geomar.de

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