Besuch einer Kinderkrippe führt zu größeren Bildungschancen und erhöht das Lebenseinkommen
Der gezielte Ausbau frühkindlicher Bildungs- und Betreuungsangebote erhöht nicht nur die Wahrscheinlichkeit der Kinder in Deutschland erheblich, später ein Gymnasium zu besuchen. Durch das zu erwartende höhere Lebenseinkommen führt er auch zu einem deutlich größeren volkswirtschaftlichen Nutzen. Dies gilt vor allem für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen. Dazu gehören Kinder mit Migrationshintergrund oder geringer Bildung der Eltern.
Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, die den Einfluss des Besuchs von Kinderkrippen (0 bis 3 Jahre) auf die Bildungsbiographie und die zu erwartenden volkswirtschaftlichen Effekte untersucht. Im Auftrag der Stiftung hatte das „Schweizer Büro für Arbeits- und sozialpolitische Studien“ (BASS) die Geburtsjahrgänge von 1990 bis 1995 der in Deutschland geborenen Kinder unter die Lupe genommen. Von den Kindern in den betrachteten Jahrgängen haben lediglich 16 Prozent eine Krippe besucht.
Der Studie zufolge hat die frühkindliche Bildung einen hohen Einfluss auf den späteren Bildungsweg. Für den Durchschnitt der Kinder aus den untersuchten Jahrgängen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, von 36 Prozent auf rund 50 Prozent, wenn sie vorher eine Krippe besucht haben. Für benachteiligte Kinder liegt die Verbesserung der Bildungschancen durch einen Krippenbesuch noch höher. Von diesen Kindern gehen rund zwei Drittel mehr aufs Gymnasium.
„Vor diesem Hintergrund begrüßt die Bertelsmann Stiftung den Beschluss der Bundesregierung für den weiteren Ausbau der Krippenplätze“, sagte Vorstandsmitglied Dr. Johannes Meier bei der Vorstellung der Studie. „Noch immer hat die Bildung der Eltern den größten Einfluss darauf, ob Kinder das Abitur erreichen. Bildung wird in Deutschland bis heute in hohem Grad 'vererbt'. Der gezielte Ausbau frühkindlicher Bildung erhöht die Chancengleichheit und ermöglicht mehr Teilhabe bildungsferner Schichten“, betonte Meier.
Auch der langfristige volkswirtschaftliche Nutzen durch den verstärkten Ausbau von Krippenplätzen ist erheblich. Ein Gymnasialabschluss erhöht die Wahrscheinlichkeit, ein höheres Lebenseinkommen zu erzielen. Die durchschnittliche Differenz zwischen den erwarteten diskontierten Lebenseinkommen von Personen mit und ohne Abitur beträgt rund 230.000 Euro. Hiervon sind durchschnittlich fast 22.000 Euro an Brutto-Mehreinkommen (inkl. Arbeitgeberbeiträge) auf Effekte des Krippenbesuchs zurück zu führen. Die Berechnungen basieren auf Querschnittdaten für die Jahre 1996 bis 2005 des Sozioökonomischen Panels (SOEP), zu Preisen von 2005. Damit werden durch den Krippenbesuch eines Kindes volkswirtschaftliche Nutzeneffekte ausgelöst, die nahezu dreimal höher sind als die entstandenen Kosten für den Krippenbesuch von rund 8.000 Euro für eine durchschnittliche Verweildauer von 1,36 Jahren.
Die Bertelsmann Stiftung ließ am Beispiel der Geburtsjahrgänge 1990 bis 1995 auch analysieren, wie hoch der volkswirtschaftliche Nutzen einer Erhöhung der Krippenbetreuungsquote gewesen wäre. Hätten 35 Prozent der Kinder eines Jahrgangs eine Krippe besucht, wäre insgesamt ein Nutzen von durchschnittlich 2,1 Milliarden Euro pro Geburtsjahrgang entstanden. Nach dem berechneten Szenario entgeht der deutschen Volkswirtschaft ab 2009 für die sechs untersuchten Jahrgänge damit insgesamt ein Nettonutzen von 12,6 Milliarden Euro.
Die Ergebnisse der Studie werden am 13. März 2008 im Rahmen des Kongresses „Kinder früher fördern: Wirksamere Bildungsinvestitionen“ auf der Leipziger Buchmesse mit politischen Entscheidern und Experten diskutiert. Auf Einladung der Bertelsmann Stiftung und der Leipziger Messe erläutern Professor James Heckmann, Nobelpreisträger für Ökonomie, sowie weitere internationale und nationale Experten, wie Investitionen in ganzheitliche Bildung wirksamer getätigt werden können.
Über die Bertelsmann Stiftung:
Die Bertelsmann Stiftung setzt sich für das Gemeinwohl ein. Sie engagiert sich in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung und fördert das friedliche Miteinander der Kulturen. Durch ihr gesellschaftliches Engagement will sie alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich ebenfalls für das Gemeinwohl einzusetzen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. Die Bertelsmann Stiftung arbeitet operativ und ist unabhängig vom Unternehmen sowie parteipolitisch neutral.
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