3… 2… 1…: Teure Auktionen, billige Galerien?

Bildende Kunst ist nicht nur bei Liebhabern und Sammlern gefragt, sie gilt auch als gute Geldanlage. Doch wo lohnt sich der Erwerb von Kunstwerken am ehesten, damit die Investition überschaubar bleibt und das Geld auch gut angelegt ist? Von Auktionen werden besonders bei zeitgenössischer Kunst immer wieder Rekordpreise gemeldet. Deshalb suchen viele Käufer ihr Glück in Galerien. Dort gibt es allerdings nur selten „Schnäppchen“.

Im Gegenteil: Die Preise in Galerien sind im Durchschnitt doppelt so hoch wie bei Auktionen. Zu diesem überraschenden Schluss kommt eine Forschergruppe der Universität Witten/Herdecke in einer groß anlegten kunstökonomischen Studie. Publiziert ist sie im Journal of Cultural Economics.

Rund zwei Jahre dauerte das Forschungsprojekt der Wittener Ökonomen Prof.
Dr. Michael Hutter, Dr. Gunnar Pietzner, Christian Knebel und Maren Schäfer. Sie haben untersucht, welche Preise die Werke von 100 führenden Künstlern im Zeitraum von 1970 bis 2004 erzielten. Konkret ging es um den Vergleich des Preisniveaus zwischen Auktionen und Galerien für Arbeiten derselben Künstler. Ende der 80er Jahre zu Zeiten des Kunstmarktbooms bezahlte man für Bilder oder Skulpturen ein und desselben Künstlers in Galerien rund 25 Prozent mehr als bei Auktionen. Wenige Jahre später nach dem Platzen der Spekulationsblase waren die erzielten Preise in den Galerien kurzfristig sogar viermal höher. Im Durchschnitt des Untersuchungszeitraums pendelte sich der Unterschied zwischen den beiden Kunstmärkten auf den Faktor zwei ein: Galerien sind doppelt so teuer wie Auktionen.

Wie lässt sich nun dieser signifikante Unterschied erklären? Einen Aspekt sehen die Wittener Wirtschaftswissenschaftler darin, dass der Erwerb von Kunst über Galerien mehr Sicherheit in Form von Wertbeständigkeit verspricht. So sichern Galeristen ihren Kunden oftmals zu, das Werk zu einem bestimmten Preis zurückzukaufen, wenn der Kunde seine Kaufentscheidung später bereuen sollte. Über die Höhe solcher vereinbarten Rückkaufsummen lassen sich wegen der Vertraulichkeit dieser Vereinbarungen allerdings kaum Angaben machen. Galeristen kümmern sich auch aktiv um die Weiterentwicklung der Künstler und damit um eine Steigerung des Marktwerts. Ein weiterer Grund, warum Kunden bereit sind, den relativ hohen Galeriepreis zu bezahlen, liegt in einer, so die Autoren der Studie, sozialen Komponente: Der Preisaufschlag kann als eine Art „Mitgliedschaftsgebühr“ für den exklusiven Zirkel der Kunstliebhaber gewertet werden. Als aktiver Kunde einer Galerie erhält man Einladungen zu Vernissagen, Ausstellungen und anderen exklusiven Veranstaltungen, von denen man ohne den Kunstkauf ausgeschlossen wäre.

Wenn sich die Galeriepreise ändern, dann fast ausschließlich nach oben.
Die Wittener Kunstmarktstudie spricht von einem „Preisskript“, nach dem die Galeristen handeln. Demnach ist es verpönt, die Preise zu senken, weil dies einer Brandmarkung des Künstlers als unverkäuflich gleichkäme.

Steigende Preise dagegen signalisieren eine steigende Nachfrage. Die Galeristen schaffen somit selbst den Eindruck von Nachfrage, was wiederum tatsächlich zu einer steigenden Nachfrage führen kann – eine Art „self-fulfilling-prophecy“. Bei Auktionen wiederum lassen sich solche Phänomene nicht beobachten, da es sich um Märkte mit schwer kalkulierbarer Preisbildung handelt. Hier regieren die freien Kräfte des Marktes, mit der Folge großer Preisschwankungen, an deren einem Ende dann die schlagzeilenträchtigen Rekorderlöse stehen.

Das Wittener Forscherteam untersuchte in seiner Studie auch, welchen Einfluss das Lebensalter eines Künstlers auf die Preise seiner Werke hat.
Grundsätzlich gilt für das Alters/Preis-Profil – in Galerien und bei
Auktionen: Je älter ein Künstler ist, desto teurer sind seine Werke. Die kontinuierliche Steigerung pro Lebensjahr schwächt sich bei hochbetagten Künstlern allerdings etwas ab. In Galerien klettern die Preise eines Künstlers pro Jahr zunächst um fast ein Prozent. Auf dem Auktionsmarkt ist es nicht so viel, was wiederum zu der Erklärung für die Tatsache beiträgt, dass die Arbeiten von bekannten und schon lange tätigen Künstlern in Galerien durchschnittlich bis zu viermal so teuer sind wie bei Auktionen.

Arbeiten aufstrebender Künstler, die als Geheimtipp gelten, lassen sich also bei Auktionen noch einmal günstiger erstehen als in Galerien.

Referenz: Hutter, M., Knebel, C., Pietzner, G. & Schäfer, M. (2007): Two games in town: a comparison of dealer and auction prices in contemporary visual arts markets, Journal of Cultural Economics, Springer, Vol. 31(4), S. 247 – 261

Kontakt und Infos: Christian Knebel, 0177-2563235, cknebel@web.de http://www.arteconomics.com (Website von Christian Knebel zu kunstökonomischen Themen) http://wga.dmz.uni-wh.de/wiwi/html/default/hutter_profil (Informationen zum Lehrstuhl von Prof. Dr. Michael Hutter)

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Bernd Frye Uni Witten/Herdecke

Weitere Informationen:

http://www.uni-wh.de

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