Lebensmittelbranche vernachlässigt Chancen in Asien

Die deutsche Ernährungsindustrie nimmt die schnell wachsenden asiatischen Volkswirtschaften kaum als Absatzmärkte wahr. Über 90 Prozent der Unternehmen halten Europa auf absehbare Zeit für die wichtigste Exportregion, während kaum eines der befragten Unternehmen ein Land in Asien zu seinen präferierten Zukunftsmärkten zählt. Dies geht aus der Studie „Deutsche Lebensmittel: Exportschlager mit sicherem Navigationssystem?“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) hervor.

Gerd Bovensiepen, PwC-Partner und Leiter des Competence Centers Retail & Consumer Deutschland, zu den Gründen:“In Boomländern wie China und Indien machen Zölle, Einfuhrbeschränkungen und spezifische Konsumgewohnheiten den Markteintritt für deutsche Lebensmittelproduzenten sehr schwer. Davon dürfen sich die Unternehmen aber nicht abschrecken lassen. Wer in Zukunft in Asien erfolgreich sein will, muss dort schon heute Präsenz zeigen.“

Die staatliche Außenwirtschaftsförderung könnte einen wichtigen Beitrag zur Erschließung der neuen Märkte leisten, die Umfrage zeigt allerdings Defizite der bestehenden Instrumente auf. Das Förderangebot des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) beispielsweise hat bislang nur knapp jedes fünfte Unternehmen genutzt. Die Dienstleistungen des Ministeriums sind nur einem geringen Anteil der Befragten bekannt. Allerdings dürfte dies auch mit Tatsache zusammenhängen, dass das Ministerium erst seit rund einem Jahr in der Exportförderung einen Schwerpunkt setzt. Einen höheren Bekanntheitsgrad zeigen in der Umfrage die Angebote des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) und der nichtstaatlichen Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaftwirtschaft mbH (CMA). Für die Studie wurden Antworten von 93 Unternehmen (Geschäftsführer und Exportleiter) ausgewertet, wobei die Schwerpunkte in den Branchen Fleisch, alkoholische Getränke und Gewürze liegen sowie bei mittelständischen Unternehmen.

Osteuropa wird wichtiger

Der Export ist für die deutsche Ernährungsindustrie von existenzieller Bedeutung. So stieg der Auslandsabsatz von 1998 bis 2006 um sechs Prozent pro Jahr, während der Zuwachs im Inland lediglich 1,2 Prozent erreichte. Diese Entwicklung schlägt sich auch in der Befragung nieder: Knapp 80 Prozent der Unternehmen haben ihren Exportanteil in den vergangenen fünf Jahren gesteigert, und ein ebenso großer Teil rechnet mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung.

Für rund drei Viertel der Befragten (74 Prozent) liegen die derzeit wichtigsten Ausfuhrländer in West- beziehungsweise Mittel- und Südeuropa, weitere 20 Prozent exportieren vor allem nach Osteuropa. Eine weitaus geringere Rolle spielen die Ausfuhrregionen Amerika und Afrika, kein Unternehmen zählt ein asiatisches Land zu seinen wichtigsten Exportmärkten.

Diese Rangfolge wird sich in den kommenden Jahren kaum ändern. In mittelfristiger Perspektive halten 67 Prozent der befragten Unternehmen Westeuropa für ihre wichtigste Exportregion, 24 Prozent nennen ein osteuropäisches Land. Insbesondere Polen und Russland dürften der Umfrage zufolge an Bedeutung gewinnen.

Die große Mehrheit (72 Prozent) der im Ausland aktiven Unternehmen organisiert den Export in Eigenregie. Tochtergesellschaften im Ausland haben nur 12 Prozent der Befragten. „Wegen der mittelständischen Struktur der deutschen Ernährungsindustrie ist davon auszugehen, dass auch künftig die meisten Unternehmen ihre Produkte vom Stammsitz aus ins Ausland verkaufen. Daher muss die Außenwirtschaftsförderung primär mit Angeboten in Deutschland ansetzen“, kommentiert Bovensiepen.

Staatliche Förderung wenig zielgenau

Zwar gibt es in Deutschland zahlreiche staatliche Instrumente zur Exportförderung, jedoch sind nur wenige auf den Bedarf der Lebensmittelindustrie zugeschnitten. Das gilt insbesondere für die Leistungen des BMELV. Lediglich 17 Prozent der Befragten haben das Angebot schon einmal genutzt, die Mehrheit der Befragten (56 Prozent) kennt die Dienstleistungen des Ministeriums zur Exportförderung gar nicht.

Die Dienstleistungen der Auslandshandelskammern kennen über 80 Prozent der Befragten und knapp 60 Prozent haben sie mindestens einmal in Anspruch genommen. Demgegenüber wissen nur 41 Prozent vom Angebot der Bundesagentur für Außenhandelsinformationen (bfai), und das von ihr betreute Internetportal iXPOS kennen sogar nur 13 Prozent. Die Möglichkeit der Unterstützung zur Auslandsmarkterschließung durch die Deutschen Botschaften kennen 55 Prozent, jedoch nur 26 Prozent haben diesen Weg bereits genutzt.

Die mit finanziellen Mitteln der Agrarwirtschaft finanzierte Absatzförderorganisation CMA ist für die exportierenden Unternehmen der Ernährungsindustrie die bedeutendste Anlaufstelle. Gut jeder dritte Befragte hat eines der CMA-Angebote schon einmal genutzt. Die meisten Befragten (87 Prozent) kennen die Exportberatung der CMA im Inland, und über 50 Prozent haben die Dienstleistung mindestens einmal in Anspruch genommen. Die Markt- und Länderinformationen der CMA haben sogar fast 70 Prozent der im Ausland aktiven Unternehmen schon einmal genutzt. Das Angebot ist damit das meistverwendete aller in der Studie untersuchten Förderinstrumente.

Auslandsmessen sind ihr Geld wert

Auslandsmessen sind nach Einschätzung der befragten Unternehmen besonders wichtig für den Exporterfolg und bekommen im Rahmen der Befragung eine hohe Zustimmung. Die hohen Kosten lassen aber viele, vermutlich insbesondere kleine Unternehmen, vor einer Teilnahme zurückschrecken. „Es liegt daher nahe, die Beteiligung an Auslandsmessen durch die Außenwirtschaftsförderung zu unterstützen.

Die Erfolgsbilanz der bestehenden Programme ist allerdings sehr unterschiedlich“, so Dr. Sabine Eichner Lisboa, Geschäftsführerin der BVE. „Zentrales Anliegen der BVE ist die Schaffung eines 'Exportnetzwerkes Lebensmittel', in dem die an der Außenwirtschaftsförderung beteiligten Institutionen ihre Leistungsangebote auf die Anforderung der Branche hin abstimmen und anpassen.“

Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8.390 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,35 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).

Die BVE ist der wirtschaftspolitische Spitzenverband der deutschen Ernährungsindustrie. Sie vertritt die branchenübergreifenden Anliegen von 22 Fachverbänden und 43 Unternehmen der Branche auf den Gebieten Außenwirtschaftspolitik, Umweltpolitik, Energiepolitik, Rohstoffpolitik und Verbraucherpolitik in Berlin und Brüssel.

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