AML-Studie belegt erstmals Wirksamkeit von Tyrosinkinase hemmendem Medikament

Studien-Koordinator Privatdozent Dr. Christoph Röllig. Foto: Uniklinikum/Franziska Pilz

Die Ergebnisse der auf drei Jahre angelegten Beobachtungszeit sind eindeutig: Die Überlebensrate ohne ein Neuauftreten von AML war bei denjenigen, die den zusätzlichen Wirkstoff Sorafenib einnahmen, um mehr als 18 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe, die im Rahmen der Studie lediglich ein Placebo statt dem Enzym-Hemmer erhielten.

Da während des Vortrags auf der Tagung in San Francisco keine weiteren Veranstaltungen stattfanden, war den Dresdner Wissenschaftlern die Aufmerksamkeit eines Großteils der über 20.000 Kongressbesucher sicher. Die Jahrestagung der American Society of Hematology bildeten alljährlichen Höhepunkt auf dem Forschungsgebiet der Blutkrebserkrankungen.

„Dieser Auftritt unserer Krebsforscher in San Francisco ist ein weiterer Beleg für die wissenschaftliche Exzellenz der Dresdner Hochschulmedizin. Ganz besonders bei der patientennahen Forschung spielen Klinikum und Fakultät auch auf internationaler Ebene eine wichtige Rolle“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums.

Enzym-blockierende Wirkstoffe eröffnen der Krebstherapie völlig neue Perspektiven. Sie nutzen gezielt die Schwachstellen von Tumorzellen aus, die weniger differenziert und damit unreifer als normale Zellen des menschlichen Organismus sind. Gleichzeitig teilen sie sich schneller. Auf der Basis dieser Erkenntnisse haben Wissenschaftler in den vergangenen Jahren Wirkstoffe entwickelt, die bestimmte für die Vermehrung von Krebszellen verantwortliche Enzyme blockieren und damit das Tumorwachstum bremsen oder unterbinden.

Einer dieser Wirkstoffe – Sorafenib – hemmt eine Gruppe von Enzymen, die Tyrosinkinasen heißen. Es ist bereits zur Behandlung bösartiger Tumore in Leber, Niere und Schilddrüse zugelassen. Diese Tyroskinkinase-Hemmer werden in der Regel zusätzlich zur herkömmlichen Chemotherapie eingesetzt, die die Krebszellen an sich vernichten sollen. Da diese sogenannten Zytostatika in der Regel nicht alle Zellen erreichen, wirken die Enzym-blockierende Wirkstoffe als wichtige Ergänzung, um ein erneutes Tumorwachstum zu bremsen oder ganz zu stoppen.

Die Entwicklung dieser gezielt wirksamen Wirkstoffe hat die Lebenserwartung bei einigen Leukämieformen deutlich verbessert. Der Nutzen von TKI ist bei der Chronischen Myeloischen Leukämie sowie der Akuten Lymphatischen Leukämie bereits belegt, die Bedeutung in der Therapie der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) war jedoch bisher ungeklärt. Erkenntnisse über verschiedene, die Krankheit verursachenden Mutationen, haben Forscher dazu bewogen, die Wirksamkeit des TKI Sorafenib für diese Form des Blutkrebses zu untersuchen.

Dieser Wirkstoff blockiert mehrere Enzyme, die das Wachstum von Leukämiezellen stimulieren. Um die Sicherheit und Wirksamkeit von Sorafenib zu untersuchen, initiierte der international renommierte Hämatologe und Direktor der Medizinischen Klinik I des Dresdner Uniklinikums, Prof. Dr. Gerhard Ehninger, eine Studie im Rahmen der von ihm geleiteten „Studienallianz Leukämie“. Daran beteiligten sich Ärzte aus 25 deutschen Kliniken, die dafür 267 AML-Patienten im Alter zwischen 18 und 60 Jahren rekrutierten.

In Ergänzung zur üblichen Standardtherapie erhielten 134 von ihnen Sorafenib und 133 Placebo. Nach einer Beobachtungszeit von drei Jahren hatten die zusätzlich mit Sorafenib behandelten Patienten ein mittleres ereignisfreies Überleben von 20,5 Monaten und ein rückfallfreies Überleben von 56 Prozent. Im Vergleich hierzu wurde bei den Patienten mit Standardtherapie plus Placebo ein mittleres ereignisfreies von 9,2 Monaten und ein rückfallfreies Überleben von 38 Prozent registriert.

„Die Behandlungskombination wurde im Allgemeinen gut vertragen; wenngleich die zusätzlich mit Sorafenib behandelten Patienten eine höhere Rate von Fieber und Hautrötungen aufwiesen“, stellte PD Dr. Christoph Röllig fest, der die Studie koordinierte und die Ergebnisse auswertete.

„Diese Wirksamkeit mit mehr als 18 Prozent – 56 versus 38 Prozent – des besseren rückfallfreiem Überlebens belegt zum ersten Mal in einer randomisierten Studie den Vorteil einer zusätzlichen Behandlung mit einem Tyroskinkinase-Hemmer in dieser Form der Leukämie,“ sagt Prof. Dr. Gerhard Ehninger. „Weitere genetische Analysen sollen nun klären, welche Patienten besonders von der Sorafenib-Behandlung profitiert haben.“

Beteiligte Kliniken
Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, Städtisches Klinikum Nord Nürnberg, St. Marien-Hospital Hamm, Universitätsklinikum Münster, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, Universitätsklinikum Erlangen, Klinikum Bamberg, Klinikum Chemnitz, Universitätsklinikum Heidelberg, Diakonie-Krankenhaus Schwäbisch Hall, Universitätsklinikum Würzburg, Universitätsklinikum Dresden, HSK Wiesbaden, St. Bernward Krankenhaus Hildesheim, Klinikum der Universität Regensburg, Universitätsklinikum Marburg, Diakonie-Krankenhaus Bremen, Klinikum Bayreuth, Charite Campus CBF Berlin, Städtische Kliniken Bielefeld, St. Johannes Hospital Duisburg, Diakoniekrankenhaus Rotenburg (Wümme), Universitätsklinikum Essen, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Universitätsklinikum Rostock

Link zum Vortrag
https://ash.confex.com/ash/2014/webprogram/Paper75091.html

Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Medizinische Klinik I
Direktor: Prof. Dr. Gerhard Ehninger
Tel. 0351/ 458 4190
E-Mail: gerhard.ehninger@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de/mk1  

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