95 neue Genorte für den Fettstoffwechsel bieten Therapieansätze gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Langfristig eröffnen die Ergebnisse neue Perspektiven für die Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es handelt sich um die erste genomweite Assoziationsstudie dieser Art, die von dem renommierten Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht wird.

Gemeinsam mit ihren Kollegen vom Global Lipids Genetics Consortium- haben Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München 95 Genorte im menschlichen Genom ausfindig gemacht, die jeweils mit mindestens einer der vier wichtigsten Größen des Fettstoffwechsels in Zusammenhang stehen, Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyceriden.

In der Studie waren neben anderen Aspekten vor allem zwei Fragen im Vordergrund gestanden: Finden sich an den Genorten wirklich Gene mit direkter Bedeutung für den Fettstoffwechsel und zweitens haben sie überhaupt Bedeutung für mögliche therapeutische Ansätze? Diese Fragen konnten die Wissenschaftler am Ende eindeutig mit ja beantworten: „Mit dieser Analyse ist es uns sogar gelungen, Genvarianten zu finden, die nicht nur mit erhöhten Fettwerten sondern zugleich mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert sind“, erklärt Dr. Christian Gieger vom Institut für Epidemiologie des Helmholtz Zentrum München.

„Häufig wird argumentiert, dass große Metaanalysen mit mehr als 100.000 Probanden für die Biologie komplexer Erkrankungen wenig Aussagekraft besitzen. Unsere Studie widerlegt diese These eindrucksvoll“, sagt Prof. H.-Erich Wichmann, Direktor des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München. „Einige der neu entdeckten Genorte besitzen vielmehr klare biologische und klinische Relevanz.“

Prof. Thomas Meitinger, Direktor des an der Studie ebenfalls beteiligten Instituts für Humangenetik am Helmholtz Zentrum München ergänzt „Bei genauerer Untersuchung der Genorte haben wir sogar Genvarianten gefunden, von denen wir wissen, dass sie einen molekularen Ansatzpunkt für cholesterinsenkende Medikamente bieten. Das heißt, diese Genvarianten erhöhen das Potiential für neue Zielstrukturen und damit therapeutische Ansätze“.

Daten aus 46 genomweiten Assoziationsstudien mit insgesamt über 100.000 Probanden waren in diese Metaanalyse eingeflossen. Eine wichtige Datenquelle war dabei die Bevölkerungsstudie KORA (KORA = Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) des Helmholtz Zentrums München. Die Wissenschaftler wandten eine Vielfalt von methodischen Ansätzen an: Unter anderem verglichen sie mehr als zweieinhalb Millionen DNA-Bausteine aus Bevölkerungsgruppen europäischer und nicht-europäischer Herkunft, analysierten Genvarianten von Patienten mit besonders hohen Blutfettwerten und bestätigten einige ihrer Ergebnisse aus den Genomanalysen im Mausmodell.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland immer noch Todesursache Nummer Eins. Fast jeder zweite Todesfall in Deutschland geht auf eine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems zurück. Erhöhte Blutfettwerte zählen zu den wichtigsten Risikofaktoren für Herzerkrankungen. Die vorliegenden Ergebnisse belegen den Zusammenhang von Genvariationen für Blutfettwerte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Weitere Informationen

Originalveröffentlichung:
Tesloich, T. et al.: Biological, clinical, and population relevance of 95 loci mapped for serum lipid concentrations. – 05.08.2010 Nature online (DOI: 10.1038/nature09270)

Das Helmholtz Zentrum München ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen: z. B. Diabetes, Erkrankungen der Lunge und des Nervensystems. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit insgesamt 26500 Beschäftigten zusammengeschlossen haben.

KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg, Leitung: Prof. Dr. Dr. H.-Erich Wichmann) ist eine Untersuchungs-Plattform für bevölkerungsbasierte Gesundheitsforschung in Epidemiologie, Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung. KORA ist ein Netzwerk von bevölkerungsrepräsentativen Surveys und darauf aufbauenden Follow-up-Studien. Die Besonderheit dieser Plattform ist die breite Beteiligung externer Partner an der Planung, Durchführung und Finanzierung der einzelnen Vorhaben. Weitere Informationen: http://www.helmholtz-muenchen.de/kora

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