Wieviel Zähne braucht der Mensch?

Zahnersatz-Experten: „Zur Not reichen 20“

Abgesehen von seinen Weisheitszähnen hat der Mensch 28 Zähne im Mund – aber braucht er jeden einzelnen, muss daher jeder von ihnen ersetzt werden, wenn er eines Tages verloren geht? Diese Frage stellen sich nicht nur manche Patienten – auch die Wissenschaftler wollten das genauer wissen, die im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde (DGZPW) ihre Ergebnisse in der Studie „Bedarfsermittlung für prothetische Leistungen in der Zahnheilkunde bis zum Jahr 2020“ veröffentlichten. Bis zu welcher Anzahl fehlender Zähne (vom Weisheitszahn aus gesehen) können Menschen ohne einschneidende Funktionsbeeinträchtigung leben?

„Top 20“ Mehrere Untersuchungen lassen den Schluss zu: Es geht zur Not auch ohne hintere Backenzähne. Die wichtigsten Aufgaben erfüllen die „Top 20“, die zentralen zehn Zähne (Frontzähne sowie erster und zweiter kleiner Backenzahn (Prämolaren)) im Ober- und Unterkiefer – allerdings nur, wenn sie gesund bzw. funktionstüchtig restauriert sind. Mit dieser Konstellation waren die meisten Aufgaben der Zähne gut abzudecken. Die Frontzähne stellen vor allem Abbeißen, Sprechen und Ästhetik sicher, die Okklusion (Zusammenbeissen gegenüberliegender Zähne) bleibt stabil, die Funktion des Kiefergelenks wird nicht beeinträchtigt. Um auch noch das Kauen zu ermöglichen, reichten den meisten Untersuchten ihre Prämolaren. „Wir bezeichnen dies als sogenannte ‚verkürzte Zahnreihe’“, sagt dazu Prof. Dr. Thomas Kerschbaum, Präsident der DGZPW. „Es war wichtig, diese Frage zu klären, um im Falle enger finanzieller Grenzen des Patienten bei Zahnersatzbehandlung die richtigen Prioritäten setzen zu können.“ Man dürfe allerdings nicht denken, generell seien mehr als 20 Zähne und entsprechender Zahnersatz schlicht überflüssig oder Luxus: „Die verkürzte Zahnreihe ist das existenziell Notwendige wie ein Dach über dem Kopf, Brot und Wasser. Damit kann man überleben – aber Leben ist nun einmal mehr. Jeder weitere Zahn ist ein Stückchen Lebensqualität-plus, das ist auch jedem bewusst, der schon einmal mit einer größeren Zahnlücke leben und essen musste.“

„Wait and see“

Man habe früher immer gesagt, dass nach Zahnverlust die vollständige Rekonstruktion einer Zahnreihe notwendig sei, um die Stabilität des Gebisses zu sichern – dies sei Studien zufolge heute nicht mehr generell gültig. „Unsere Untersuchungen geben Patienten, aber auch Zahnärzten, eine wichtige Entscheidungshilfe“, sagt Prof. Kerschbaum, „denn die gesundheitspolitischen Anmerkungen der letzten Wochen und Monate machen deutlich, dass es bei der Behandlung nicht mehr lange ‚100-Prozent-Versorgung’ für alle geben wird.“ Wenn an allen Ecken gespart werden müsse und eine wachsende Anzahl von Patienten ihren Zahnersatz nicht mehr ohne Mühe werde bezahlen können, sei es notwendig, wissenschaftlich fundierte Prioritäten setzen zu können. „In Zeiten finanzieller Not sind zuerst die ‚Top 20’ zu versorgen und in bestem Funktionszustand zu erhalten. Man kann ohne Schaden zu befürchten mit der Versorgung der Molaren so lange warten, bis erkennbar ist, dass sie wirklich notwendig ist.“

Sollten wieder bessere Zeiten kommen, könne z. B. mit Hilfe der Implantologie auch ein zahnlos gewordener hinterer Kieferbereich wieder naturnah versorgt werden. Prof. Kerschbaum: „Die Angebote der modernen Zahnheilkunde von Prävention bis Zahnersatz sind so vielfältig, dass für alle Lebenssituationen angepasste Lösungen möglich sind – eben auch dann, wenn es einem wirtschaftlich einmal nicht so gut geht.“

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Birgit Dohlus pte.online

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