Rechtsmedizin: Workshop "Todesursachenforschung mit den Mitteln der Chemie"

Unfall, Selbstmord oder Mord? Um die Hintergründe eines Todesfalls aufklären zu können, reichen die äußere Leichenschau und auch die Obduktion der Leiche oft nicht aus. Insbesondere, wenn die letzte Diagnose „unklare Todesursache“ lautet, sind die chemisch-analytischen Fähigkeiten forensischer Toxikologen gefragt.

Am 7. und 8. Oktober werden sich rund 100 Experten in der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in mehreren Teams an die Untersuchung eines fiktiven, überaus brisanten Leichenfundes machen:

An einem Eisenbahngleis wird die Leiche eines Mannes gefunden, nachdem ein Zugführer Meldung über einen möglichen Zusammenstoß gemacht hatte. Der Zug hat das Opfer in Höhe der Oberschenkel überrollt; beide Beine sind völlig zerstört. Die Polizei geht aufgrund der Fundsituation zunächst von einem Suizid oder Unglücksfall aus. Ungewöhnlich ist jedoch, dass der Oberkörper des Leichnams keinerlei Zeichen grober Gewalteinwirkung aufweist.

Die Identität des Mannes – es handelt sich um einen Politiker aus Mexiko – steht rasch fest und damit die mögliche Brisanz des Falles. Die Behörden drängen auf eine schnellstmögliche Durchführung der Obduktion und insbesondere auch der notwendigen toxikologischen Untersuchungen, um die genaue Todesursache festzustellen und um Erkenntnisse über die Todesumstände zu erhalten. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses an diesem Fall stehen die toxikologischen Untersuchungen unter enormen Zeitdruck. Mehrere Expertenteams müssen parallel arbeiten.

Dieses Szenario ist zugegebenermaßen fiktiv, nicht aber die Arbeit, die auf die mehr als 100 Wissenschaftler wartet. Sie alle haben der Einladung von Prof. Dr. Thomas Daldrup zu einer naturwissenschaftlich geprägten Detektivarbeit eine Zusage erteilt.

Prof. Daldrup ist Leiter der forensischen-toxikologischen Abteilung am Institut für Rechtsmedizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und als solches dieses Jahr Ausrichter des turnusmäßigen Workshops der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh). Ziel der diesjährigen Veranstaltung „Post Mortem Toxikologie“ ist es, den nach Düsseldorf gereisten GTFCh-Mitgliedern anhand eines zwar theoretischen, jedoch überaus realistisch präsentierten Todesfalls die Strategie der labortechnischen Aufklärungsarbeit didaktisch klug aufzuzeigen und gleichzeitig das formaljuristische Rüstzeug für die Gestaltung gerichtsfester Gutachten mitzugeben.

Die Vorbereitung für die Laborarbeit ist der Realität entlehnt: Der Polizeibericht des Vorfalls liegt vor, ebenso der Sektionsbefund der Rechtsmediziner. Aufgabe der Toxikologen ist es nun, mit Hilfe unterschiedlicher Analysetechniken und -verfahren herauszufinden, ob das Opfer gegebenenfalls unter Drogen stand oder vielleicht vergiftet wurde, also ob es sich um einen Unfall, Suizid oder gar Mord handelt, der durch die gewaltsame Zerstörung des Körpers durch den Zug zu vertuschen versucht wurde. Am Ende des Workshops sollen alle Arbeitsgruppen ihr Gutachten vorlegen und ein möglichst detailgetreues Bild der Todesursache abliefern.

Keine leichte Aufgabe, schließlich liegt den Toxikologen kein Blut oder Urin vor; die Körperflüssigkeiten dienen in der Regel als ideale Matrix, um Drogen-, Arzneimittel- oder Giftrückstände im menschlichen Organismus – auch dem toten – nachzuweisen. Im vorliegenden Fall können die Experten ausschließlich auf Gewebe – namentlich Gehirn – des Verstorbenen zurückgreifen. Das bedeutet eine Herausforderung; kaum eine andere Matrix könnte schwieriger zu handhaben sein. Darin besagte Rückstände nachzuweisen und die Todesumstände zu rekonstruieren oder gar aufzuklären, braucht labortechnisches Knowhow und eine ausgefeilte Analysentechnik. Dank der Unterstützung durch namhafte Hersteller und Anbieter von Analysengeräten- und -systemen, dürfte es nicht allzu schwer sein, den Fall in der gebotenen Zeit zu klären.

Ob es wirklich so einfach ist, wenn man nur über das richtige Gerät verfügt, bleibt jedoch abzuwarten: „Die Wahrheit klärt letzten Endes nicht derjenige, der die besten Analysenergebnisse präsentieren kann“, weiß Professor Daldrup aus eigener Erfahrung zu berichten, „ sondern jener, der über genügend Menschenverstand verfügt und in der Lage ist, eins und eins zusammenzuzählen.“

Weitere Informationen
Vertreter der Presse sind nach vorheriger Absprache herzlich eingeladen, einen kurzen Blick auf den GTFCh-Workshop zu werfen. Informationen erteilt: Prof. Dr. Thomas Daldrup, Forensisch-Toxikologische Abteilung, Institut für Rechtsmedizin, Heinrich-Heine-Universität, 40225 Düsseldorf. Tel.: 0211-81-19382/75 E-Mail: fortoxi@uni-duesseldorf.de
GTFCh-Workshop:
„Post Mortem Toxikologie“
Ort: Universität, Chemie Geb. 26.41
Zeit: 07.10.2010, 12 Uhr bis 08.10.2010, 13:30 Uhr

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Rolf Willhardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-duesseldorf.de

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