Uralte Signale aus dem frühen Universum

Gemäss den Berechnungen von Prof. Stefan Antusch und seinem Team erzeugen die «Oscillons» einen charakteristischen Peak im ansonsten breiten Spektrum der Gravitationswellen. Universität Basel, Departement Physik

Gravitationswellen hat bereits Albert Einstein vorhergesagt, tatsächlich nachweisen, konnte man sie aber erst im Herbst 2015. Hochsensible Detektoren empfingen damals die Wellen, die bei der Verschmelzung zweier schwarzer Löcher entstanden sind.

Gravitationswellen sind anders als alle anderen bekannten Wellen. Während sie sich durch das Universum fortpflanzen, stauchen und strecken sie die Raumzeit, oder anders: sie verzerren die Geometrie des Raumes selbst. Obwohl jede sich beschleunigende Masse Gravitationswellen aussendet, lassen sie sich nur bei extrem grossen Massen wie Schwarzen Löchern oder Sternenexplosionen messen.

Gravitationswellen transportieren Informationen vom Urknall

Gravitationswellen liefern aber nicht nur Erkenntnisse zu solchen astrophysikalischen Grossereignissen, sondern bieten auch Einblick in die Entstehung des Universums selbst. Um mehr über diese Phase des Alls zu erfahren, erforschen Prof. Stefan Antusch und sein Team vom Departement Physik der Universität Basel den sogenannten stochastischen Gravitationswellenhintergrund.

Dieser Hintergrund besteht aus Gravitationswellen von sehr vielen Quellen, die sich überlagern und zusammen ein breites Spektrum an Frequenzen ergeben. Die Basler Physiker berechnen Vorhersagen zu den Frequenzbereichen und zur Stärke der Wellen, die dann in Experimenten getestet werden können.

Stark komprimiertes All

Kurz nach dem Urknall war das heute sichtbare Universum noch sehr klein, dicht und heiss. «Man kann sich da etwas in der Grösse eines Fussballs vorstellen», erklärt Antusch. Das gesamte Weltall war auf diesen sehr engen Raum komprimiert und äusserst turbulent. Die Kosmologie geht heute davon aus, dass das Universum damals von dem Inflaton-Teilchen und seinem dazugehörigen Feld dominiert wurde.

Oscillons erzeugen starkes Signal

Das Inflaton fluktuierte stark und diese Fluktuationen hatten besondere Eigenschaften. Sie bildeten beispielsweise Klumpen, schwankten also in lokalisierten Bereichen. Diese Bereiche nennt man Oscillons. Man kann sie sich als stehende Wellen vorstellen. «Obwohl die Oscillons schon lange nicht mehr existieren, sind die Gravitationswellen, die sie ausgesandt haben, allgegenwärtig – durch sie können wir weiter zurückschauen als jemals zuvor», sagt Antusch.

Der theoretische Physiker und sein Team konnten in numerischen Simulationen berechnen, wie das Signal der Oscillons, welches nur Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall ausgesendet wurde, aussieht. Es erscheint als starker Peak in dem ansonsten breiten Frequenzspektrum der Gravitationswellen.

«Wir hätten vor unseren Berechnungen nicht gedacht, dass Oscillons ein solch starkes Signal bei einer bestimmten Frequenz erzeugen können», erläutert Antusch. In einem zweiten Schritt müssen nun experimentelle Physiker das Signal mit Detektoren tatsächlich nachweisen.

Originalartikel

Stefan Antusch, Francesco Cefalà, and Stefano Orani
Gravitational Waves from Oscillons after Inflation
Physical Review Letters (2017), doi: 10.1103/PhysRevLett.118.011303

Weitere Auskünfte

Prof. Dr. Stefan Antusch, Universität Basel, Departement Physik, Tel. +41 61 207 39 18, E-Mail: stefan.antusch@unibas.ch

Media Contact

Reto Caluori Universität Basel

Weitere Informationen:

http://www.unibas.ch

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