Die ungewöhnlichen Eigenschaften von Wasser in Nanoröhren

Dabei fanden die Wissenschafter heraus, dass die Wassermoleküle sehr lange ununterbrochene Ketten bilden, die vollständig geordnet sind. So fungieren sie als gute Leiter für Protonen. Die Ergebnisse wurden jüngst im Fachmagazin PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlicht.

In flüssigem Wasser herrschen chaotische Zustände: Wassermoleküle wirbeln einzeln umher, stoßen aneinander und bilden mit anderen Wassermolekülen kurz instabile Brücken. Gänzlich anders verhalten sich die Wassermoleküle in Nanoröhren. Hier bilden sie sehr lange, durchgängige und geordnete Ketten, das heißt jedes Molekül zeigt in dieselbe Richtung. Das fand ein Forschungsteam um Christoph Dellago an der Fakultät für Physik heraus.

Lange Wasserkette

In dem kürzlich abgeschlossenen FWF-Projekt entwickelte Dellago gemeinsam mit seinem Doktoranden Dipl.-Ing. Jürgen Köfinger sowie Dr. Gerhard Hummer von den National Institutes of Health (USA) ein Computermodell, mit dem sie die Wasserkettenbildung in Nanoröhren durchrechneten und unter anderem der Frage nachgingen, bei welcher Kettenlänge die Ordnung zusammenbricht. „Das Ergebnis war überraschend für uns, da sich für molekulare Verhältnisse extrem lange Ketten von 0,1 Millimetern bildeten“, so Dellago: „Wenn man bedenkt, dass ein Wassermolekül zirka 0,3 Nanometer groß ist, hängen in diesen Wasserketten bis zu einer Million Wassermoleküle aneinander, und sind dabei geordnet ausgerichtet. Das ist erstaunlich.“

Diese Wasserkettenbildung ist für biologische Systeme, wo die Ketten in Membranporen vorkommen, sehr wichtig, da diese unter anderem den Wasserhaushalt regeln oder auch als Protonenleiter fungieren. „Mit unseren Computersimulationen möchten wir bessere Einblicke in diese Vorgänge bekommen“, so Christoph Dellago.

Obwohl die Wassermoleküle überraschend lange geordnete Ketten bilden, steht es fest, dass diese nie unendlich lang sein können. „Irgendwann gewinnt das Chaos“, sagt Dellago: „Wenn die Kette etwa nur zehn Moleküle lang ist, gibt es auch nur zehn Stellen an denen ein Defekt auftreten kann. Besteht sie aber aus mehreren Millionen Molekülen, existieren dementsprechend viele Möglichkeiten für Defektbildung.“ Auch hier gibt das Modell nähere Aufschlüsse, da es nicht nur die Defekte in der Kette aufzeigt, sondern auch die Häufigkeit und Lebensdauer dieser Defekte liefert.

Rechencluster

Wäre das Computermodell nur an einem einzigen PC simuliert worden, hätte dieser mehrere Jahre zur Berechnung gebraucht. Das Physikerteam hatte aber doch mehrere Rechner zur Verfügung; rund 190 zu einem Cluster verbundene Geräte an der Fakultät, weitere Berechnungen wurden am Cluster in den USA durchgeführt.

Zukunftsaussichten

In einem nächsten Projekt werden die Physiker den Einfluss von elektrischen Feldern auf die Wasserketten in Nanoröhren untersuchen. „Weiters möchten wir auch größere Systeme betrachten: Was passiert, wenn man mehrere Nanoröhren nebeneinander legt? Da die einzelnen Wasserketten miteinander in Wechselwirkung stehen, erwarten wir, dass dadurch Ordnung entsteht“, erläutert Dellago: „Das könnte sowohl wichtige Erkenntnisse für das Verständnis von biologischen Systemen bringen, als auch für technische Anwendungen nützlich sein.“

Publikation:
Jürgen Köfinger, Gerhard Hummer und Christoph Dellago: „Macroscopically ordered water in nanopores“: http://www.pnas.org/content/early/2008/09/02/0801448105.abstract, veröffentlicht in: PNAS am 3. September 2008
Kontakt:
Univ.-Prof. Mag. Dr. Christoph Dellago
Fakultät für Physik
Universität Wien
1090 Wien, Boltzmanngasse 5
T +43-1-4277-512 60
M +43-664-602 77-51260
christoph.dellago@univie.ac.at
http://comp-phys.univie.ac.at/dellago/
Rückfragehinweis:
Mag. Alexandra Frey
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 31
alexandra.frey@univie.ac.at
http://www.univie.ac.at/175
Weitere Informationen:
http://www.univie.ac.at Medienservice der Universität Wien
http://comp-phys.univie.ac.at/dellago/ Website Christoph Dellago
http://www.pnas.org/content/early/2008/09/02/0801448105.abstract Abstract in „PNAS“ vom 3. September 2008

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