Turbulenz – normaler als gedacht?

Fluidteilchen in turbulenten Strömungen bewegen sich auf äußerst verschlungenen Bahnen, wenn sie auf kleinskalige Verwirbelungen (hier in blau dargestellt) treffen. © Michael Wilczek, MPIDS

Der Flug durch unsere Atmosphäre kann für ein Insekt ganz schön turbulent sein: Neben langwährenden ruhigen Flugphasen kommt es hin und wieder zu extremen Beschleunigungen, besonders wenn das Insekt auf kleinskalige Turbulenz in Form von Verwirbelungen stößt.

Solche Verwirbelungen spielen beispielsweise auch für die Entstehung von Regen eine große Rolle, da sie maßgeblich die Kollision kleinster Tröpfchen in der Wolke beeinflussen, aus denen schließlich herabfallende Regentropfen entstehen.

Die Häufigkeit dieser Ereignisse zu beschreiben und vorherzusagen ist somit ein wichtiges Ziel der Turbulenzforschung. In einer jetzt in Nature Communications veröffentlichten Studie ist es dem Team um Dr. Michael Wilczek vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation nun gelungen, die komplexe Statistik von Fluidteilchen zu entwirren.

Die Geschwindigkeitsänderungen von Teilchen in turbulenten Strömungen hängen stark von der betrachteten Zeitskala ab. Statistisch gesehen treten dabei extreme Änderungen besonders häufig auf kleinen Skalen auf.

Charakterisieren lässt sich dieses Phänomen als Abweichung von der Gaußschen Normalverteilung, die viele von uns noch vom Zehnmarkschein kennen. Weil solche Normalverteilungen als besonders einfach gelten, gingen die Forscher nun der Frage nach, ob Turbulenz vielleicht doch „normaler“ ist als bisher gedacht.

„Wenn wir die Turbulenz nach den Beschleunigungsereignissen kategorisieren, wie sie in Verwirbelungen auftreten, ergibt sich auf einmal ein ganz einfaches Bild. Die Verteilung der turbulenten Schwankungen entlang Teilchenbahnen folgt dann einer Gaußschen Normalverteilung.”, so Lukas Bentkamp, Masterstudent an der Universität Göttingen und Hauptautor der Studie.

Um das herauszufinden, mussten Millionen von Teilchenbahnen analysiert und systematisch in verschiedene Kategorien sortiert werden. Koautor Dr. Cristian Lalescu fügt hinzu: „Erst hochaufgelöste Computersimulationen haben diese Einsicht in die faszinierende Feinstruktur der Turbulenz möglich gemacht.”

Wie die Studie demonstriert, eröffnet diese Beobachtung vielfältige neue Modellierungsansätze zur statistischen Beschreibung der Turbulenz. Diese könnten in Zukunft beispielsweise dazu dienen, bessere Vorhersagen für das Auftreten extremer Schwankungen in der Atmosphäre zu machen oder eben besser zu verstehen, wie Regen entsteht.

https://www.nature.com/articles/s41467-019-11060-9

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Carolin Hoffrogge Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation

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