TU-Physiker löst ein Rätsel um neue Supraleiter

Seit ihrer Entdeckung im Jahr 2008 sind eisenbasierte Hochtemperatur-Supraleiter (Eisenpniktid-Verbindungen, die zurzeit wohl am intensivsten untersuchten Festkörper. ForscherInnen sprechen auch von der „Eisenzeit“, die auf die „Kupferzeit“ der Supraleiter mit Kupferverbindungen (Kuprate) folgt. Eisenpniktide lieferten bislang jedoch mehr Rätsel als Erklärungen.

Selbst in der normalleitenden Phase ist derzeit unklar, ob die Wechselwirkung der Elektronen untereinander eine ähnlich große Rolle spielt wie in Kupraten, oder ob die Elektronen sich in diesem Material weitestgehend unabhängig voneinander bewegen. Ein weiteres Rätsel stellten die magnetischen Momente dar, die in theoretischen Vorhersagen als sehr viel größer berechnet wurden als dann im Experiment gemessen wurde.

Quantenfluktuationen als Ursache

Dieses letztere Rätsel bei Eisenpniktiden hat Philipp Hansmann während seiner Doktorarbeit nun gelöst. Gemeinsam mit Kollegen in der Arbeitsgruppe von TU-Professor Karsten Held und Professor Ryotaro Arita, mit dem Hansmann das Projekt während eines Forschungsaufenthalts an der Universität Tokyo gestartet hatte, fand er die Ursache für die sehr viel kleineren gemessenen Momente: Quantenfluktuationen. Hierdurch fluktuiert das magnetische Moment in der Zeit, so dass der Langzeit-Mittelwert sehr viel kleiner als das Kurzzeit-Moment auf der Femtosekunden-Skala ist (siehe Abb. 3). Während bisherige theoretische Rechnungen das Kurzzeit-Moment bestimmt haben, wurde experimentell der Langzeit-Mittelwert u.a. mit Neutronenstreuung und Myonenspin-Spektroskopie (µSR) gemessen. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letter publiziert (http://prl.aps.org/abstract/PRL/v104/i19/e197002).

Ein erstes Experiment an der Technischen Universität Dresden, das mit Hilfe der Röntgenabsorptionsspektroskopie das magnetische Moment auf kurzen Zeitskalen misst, bestätigt die Theorie eines sehr viel größere Kurzzeit-Moments.

Phänomen Supraleitung

Supraleiter sind Materialien die unterhalb weniger Kelvin – der materialabhängigen Sprungtemperatur – elektrische Ströme vollständig verlustfrei transportieren. Während die Supraleitung in einfachen Metallen wie z.B. Quecksilber auf Gitterschwingungen zurückgeführt werden kann, ist die sogenannte Hochtemperaturleitung (Supraleitern mit einer hohen Sprungtemperatur) wie in Kupraten und Eisenpniktiden, noch nicht verstanden. Einige Hochtemperatursupraleiter haben Sprungtemperaturen von mehr als 77K (-196 Grad Celsius), sodass die Supraleitung durch Kühlung mit flüssigem Stickstoff aufrecht erhalten werden kann. Für eine weitergehende technische Anwendung würden aber noch sehr viel höhere Spungtemperaturen benötig. Ohne ein besseres Verständnis des Mechanismus, der der Hochtemperatursupraleitung zugrunde liegt, ist dies sicherlich ein schwieriges Unterfangen.

Rückfragehinweise:
Technische Universität Wien
Institut für Festkörperphysik
Wiedner Hauptstr. 8, 1040 Wien
Univ.Ass. Dipl.-Phys. Dr.rer.nat.
Philipp Hansmann
T: +43 (1) 58801 – 137 62
hansmann@ifp.tuwien.ac.at
Univ.Prof. Dipl.-Phys. Dr.rer.nat.
Karsten Held
T: +43 (1) 58801 – 137 10
held@ifp.tuwien.ac.at
Aussender:
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