Teamwork für Turbulenz: Netzwerk "European High-Performance Infrastructures in Turbulence (EuHIT)"

In Göttingen findet sich seit 2009 ein 18 Meter langer und sechs Meter hoher Turbulenz-Windkanal, genannt „Göttingen Turbulence Facility 1“. Unter kontrollierten Laborbedingungen lässt sich dort Turbulenz erzeugen, die mit der heftigsten vergleichbar ist, die auf der Erde vorkommt. Foto: MPIDS<br>

Die europäischen Turbulenzforscher bündeln ihre Kräfte: Das von der Europäischen Kommission geförderte Netzwerk „European High-Performance Infrastructures in Turbulence“ (EuHIT) soll in den nächsten Jahren das Forschungsfeld entscheidend voranbringen.

23 Forschungseinrichtungen und zwei Industriepartner aus insgesamt zehn Ländern haben jetzt den Rahmen geschaffen, um europäischen Wissenschaftlern ihre Messanlagen zur eigenen Forschung zur Verfügung zu stellen. Herzstück des Netzwerkes sind die 13 experimentellen Anlagen, von denen jede weltweit einzigartig ist. Noch bis zum 15. September dieses Jahres haben Wissenschaftler aus der Europäischen Union (EU) und assoziierten Ländern die Gelegenheit, in der ersten Bewerbungsrunde beim EuHIT-Konsortium Messzeit an einer dieser Anlagen zu beantragen. Weitere Bewerbungsrunden werden in regelmäßigen Abständen folgen.

„Die europäische Turbulenzforschung hat weltweit schon immer eine führende Stellung eingenommen“, sagt EuHIT-Koordinator Prof. Dr. Eberhard Bodenschatz, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Das belegten nicht nur die wissenschaftlichen Veröffentlichungen auf diesem Gebiet, sondern vor allem auch die einzigartigen experimentellen Anlagen. In Göttingen etwa findet sich seit 2009 ein 18 Meter langer und sechs Meter hoher Turbulenz-Windkanal, genannt „Göttingen Turbulence Facility 1“. Unter kontrollierten Laborbedingungen lässt sich dort Turbulenz erzeugen, die mit der heftigsten vergleichbar ist, die auf der Erde (etwa im Innern von Wolken oder bei Vulkanausbrüchen) vorkommt. Im französischen Grenoble bietet die CORIOLIS Rotating Platform, ein gewaltiger, rotierender Tank mit einem Durchmesser von 13 Metern, die Möglichkeit, den Einfluss von Rotation auf turbulente Strömungen zu untersuchen, und in Prag können Forscher an der „Czech Cryogenic Turbulence Facility“ Turbulenz anhand der Bewegung winziger, gefrorener Wasserstoff-Flocken in der Strömung studieren. Weitere Anlagen finden sich in Cottbus, Erlangen, Ilmenau, Genf, Bologna, Triest, Predappio, Villeneuve d'Ascq und Twente.

„Jede dieser Anlagen ist weltweit einzigartig“, erklärt Bodenschatz. „Insgesamt hat Europa ein enormes Potential, die fundamentalen Eigenschaften der Turbulenz zu ergründen und damit technologische Vorsprünge zu erzielen“, fügt er hinzu. Was bisher noch gefehlt habe, sei eine gut strukturierte Vernetzung und die Öffnung der nationalen Versuchsanlagen für Forscher aus Wissenschaft und Industrie in der EU. Diese Lücke schließt nun EuHIT in den nächsten Jahren. Das Konsortium aus 23 Forschungseinrichtungen und zwei Industriepartnern aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Israel, Italien, den Niederlanden, Polen, Rumänien, der Schweiz und der Tschechischen Republik versteht sich in erster Linie als Austauschplattform. So können sich etwa Forscher aus der EU und assoziierten Ländern um Messzeit an einer der Anlagen bewerben. Zudem bieten die Partnereinrichtungen einander und anderen Hilfe bei der Auswertung von Daten, in Fragen der Messtechnik und machen ihre Messdaten anderen Forschern zugänglich.

„Auf diese Weise machen wir Infrastruktur und Know-How für einen deutlich größeren Kreis von Forschern nutzbar“, so Bodenschatz. Ein solcher Austausch komme allen zu Gute. Zudem organisiert EuHIT gemeinsame Forschungsaktivitäten zur Verbesserung der nationalen Infrastrukturen, die sich nur durch europaweite Zusammenarbeit angehen lassen.

Auf diese Weise hoffen die Forscher nicht nur, die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Turbulenz aufzudecken, sondern auch zur Lösung wichtiger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fragen beizutragen. Denn Turbulenz ist sowohl in der Natur, als auch in technischen Anwendungen nahezu allgegenwärtig. Die grundlegenden Prozesse zu verstehen, kann deshalb unter anderem helfen, Windenergieausbeute zu erhöhen, die Ausbreitung von Luft- und Wasserverschmutzung vorherzusagen, den Einfluss der Wolkenbildung auf Klimaprognosen besser zu verstehen und Transportprozesse in der chemischen Industrie zu optimieren.

Die Europäische Kommission fördert EuHIT in den nächsten vier Jahren mit sieben Millionen Euro.

Noch bis zum 15. September können sich Forscher aus der EU und assoziierten Ländern im Rahmen der ersten Bewerbungsrunde um Messzeit bewerben. Notwendig ist ein Antrag, der unter anderem das geplante Forschungsprojekt beschreibt. Nähere Informationen zur Bewerbung finden sich unter: www.euhit.org. Weitere Bewerbungsrunden werden in regelmäßigen Abständen folgen.

Media Contact

Dr. Birgit Krummheuer Max-Planck-Institut

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