Der schnellste „Film“ der Welt

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wenn es um dynamische Prozesse geht, ist es das Medium Film, das zum Erkenntnisgewinn führt. So wurde zum Beispiel im 19. Jahrhundert mit einer Sequenz von Blitzlichtfotos von Edward J. Muybridge geklärt, wie der genaue Bewegungsablauf eines Pferdes beim Galopp ist. Wichtig ist hierbei, dass die Bildfolge des Films in der Lage ist, die Prozessabläufe zeitlich aufzulösen.

Nun ist es Forschern der TU Berlin, des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie und der Universität Münster unter Leitung von TU-Professor Dr. Stefan Eisebitt gelungen, mit Röntgenstrahlung eine ultraschnelle Bildsequenz aufzunehmen. Das Verfahren, das die Wissenschaftler in der Online-Ausgabe der Zeitschrift „Nature Photonics“ (http://dx.doi.org/10.1038/NPHOTON.2010.287) darstellen, erlaubt erstmals, mikro- und nanometerkleine Objekte zu zwei extrem kurz aufeinanderfolgenden Zeiten abzubilden.

Dazu wird ein spezielles holografisches Abbildungsverfahren für Röntgenstrahlen benutzt. „Die kurzwellige Röntgenstrahlung ermöglicht die Abbildung kleinster Strukturen“, erklärt Stefan Eisebitt, der am Institut für Optik und Atomare Physik der TU Berlin die Professur für Röntgenoptik und Nanometer-Optik innehat. „Mit unserem holografischen Verfahren können zwei extrem kurze Röntgenpulse zur Bildgebung benutzt werden.“ Dazu werden Pulse aus dem Röntgenlaser „FLASH“ bei DESY in Hamburg zunächst in zwei separate Lichtblitze „zerschnitten“. Diese treffen dann zeitlich versetzt das abzubildende Objekt – im Falle der Berliner Forscher das Brandenburger Tor im Mikroformat, das als Demonstrationsobjekt diente. Eine spezielle holografische Abbildung erlaubt es nun, die von beiden Pulsen erzeugten Bilder überlagert aufzunehmen und anschließend den verschiedenen Aufnahmezeiten zuzuordnen. Das Verfahren macht ultraschnelle Prozesse sichtbar.

So demonstrierten die Forscher die Methode, zwei eng aufeinanderfolgende „Schnappschüsse“ aufnehmen zu können, durch eine Bildsequenz mit nur 50 Femtosekunden Zeitabstand. Eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde. „Dieses Zeitintervall ist so kurz, dass selbst ein Lichtstrahl in dieser Zeit nur um die Breite eines Haares vorankommt“, erklärt Christian Günther vom Helmholtz-Zentrum Berlin. Diese extrem hohe Zeitauflösung gepaart mit der Möglichkeit, kleinste Objekte zu sehen, war die Motivation für die Entwicklung des Verfahrens.

„Das langfristige Ziel ist es, die Bewegung von Molekülen und Nanostrukturen verfolgen zu können, zum Beispiel während chemischer Reaktionen“, sagt Prof. Dr. Stefan Eisebitt. „Unsere Methode ist ein wichtiger Schritt hin zum ‘molekularen Film‘, der uns hilft, die fundamentalen Vorgänge bei physikalischen und chemischen Prozessen zu sehen und zu verstehen. Beispiele sind Änderungen der Form von Enzymen während der chemischen Reaktion oder ultraschnelle Magnetisierungsänderungen in neuartigen Datenspeichern.“

Das entwickelte Verfahren ist das Ergebnis der engen Zusammenarbeit der TU Berlin mit dem Helmholtz-Zentrum Berlin. Im vergangenen Jahr gründeten sie gemeinsam die Forschergruppe „Funktionale Nanomaterialien“, in deren Rahmen ein Großteil dieser Forschung durchgeführt wurde.

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Stefan Eisebitt, Fachgebiet Röntgenoptik und Nanometer-Optik am Institut für Optik und Atomare Physik der TU Berlin, Hardenbergstr. 36, 10623 Berlin, Tel.: 030/314-25496, E-Mail: eisebitt@physik.tu-berlin.de

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Stefanie Terp idw

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