Nur das extrem massereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße schien den Fachleuten als Energielieferant in Frage zu kommen. Schwarze Löcher können nämlich nicht nur Materie unwiderruflich an sich binden, sondern auch stark von sich weg schleudern.
Nun hat eine Gruppe von Astronomen unter Leitung von Prof. Dr. Ulrich Heber, Dr. Norbert Przybilla (beide Universität Erlangen-Nürnberg, Astronomisches Institut) und Dr. Fernanda Nieva (Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching) am Rand der Milchstraße ein Objekt entdeckt, für das diese Annahme nicht zutrifft. Der Stern, der unaufhaltsam auf den intergalaktischen Raum zusteuert, ist stattdessen der verbliebene Partner eines Doppelsternsystems, das durch eine Explosion zerrissen wurde.
Der Stern war dem Forscherteam bei der Analyse von Daten des 2.2m Teleskops der Europäischen Südsternwarte (ESO) aufgefallen. HD 271791 ist elfmal so schwer wie die Sonne und rast mit 2,2 Millionen Kilometer pro Stunde durchs All. Das reiht ihn unter die Hyperschnellläufer ein. Aber dieser Stern ist anders als seine superschnellen Kameraden. Die Berechnung seiner Flugbahn zeigte, dass das vier Millionen Sonnenmassen schwere Schwarze Loch im Zentrum der Milchstrasse nicht sein Ausgangsort gewesen sein kann. "Ganz im Gegenteil", erläutert Prof. Heber, "der Stern muss aus den äußeren Regionen der galaktischen Scheibe stammen, wo es überhaupt keine massereichen Schwarzen Löcher gibt."
Genauere Hinweise auf den Ursprung ergaben sich durch Einsatz einer neuen Analysetechnik, welche die chemischen Elemente auf der Oberfläche des Sterns präzise bestimmt. Die Zusammensetzung weicht von der normaler Sterne ab. Im Übermaß kommen Elemente vor, die in Supernovae erzeugt werden, wie etwa Silizium. Die Oberfläche des Sterns wurde also durch Material verunreinigt, das eine Supernova-Explosion in seiner Nähe ausgeschleudert hat. Das Wissenschaftlerteam folgert, dass HD 271791 ursprünglich einen noch massereicheren Begleiter hatte, der schon nach wenigen Millionen Jahren seines Lebens explodierte. Sein Partner wurde dabei ins Weltall hinaus katapultiert und flog mit Umlaufgeschwindigkeit geradeaus weiter. Ein derartiger Vorgang wäre ähnlich leistungsfähig wie eine Schwarze-Loch-Schleuder.
Bisher haben Experten ein solches Szenario für die Entstehung von Hyperschnellläufern jedoch ausgeschlossen. Die Umlaufbahn muss nämlich für eine so extrem hohe Geschwindigkeit sehr eng sein. Der ursprüngliche Begleiter durfte also nur wenige Sonnenradien groß sein, bevor er explodierte. Da besonders massereiche Sterne sich vor der Explosion in eine kompaktere Variante verwandeln können, hat die Forschergruppe ein Modell vorgeschlagen, in dem HD 271791 urspünglich um einen Stern von mindestens 55-facher Sonnenmasse kreiste. Unmittelbar vor dem Kollaps dieses Sterns betrug die Umlaufperiode nur noch einen Tag. Die Explosion - ein außergewöhnlich spektakulärer Ausbruch von Energie, wie Prof. Heber anmerkt - ließ den schwereren Partner des Doppelsternsystems zu einem Schwarzen Loch schrumpfen und setzte den anderen frei, dessen vorige Umlaufgeschwindigkeit nun genügte, um die Galaxis zu verlassen.
Im Herbst 2005 hatten Prof. Heber und seine Mitarbeiter bereits die Entdeckung eines anderen superschnellen Sterns bekanntgegeben. Damals blieb unklar, ob das Himmelsobjekt aus dem Zentrum der Milchstraße oder - was ebenfalls überraschend gewesen wäre - aus der Grossen Magellanschen Wolke, unserer Nachbargalaxie, stammte.
Norbert Przybilla, Maria Fernanda Nieva, Ulrich Heber und Keith Butler, "HD 271791: An Extreme Supernova Runaway B Star Escaping from the Galaxy", 2008, Astrophysical Journal Letters, 684, L103
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Prof. Dr. Ulrich Heber
Ute Missel | idw
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