Quantentrick macht Messung rückgängig

Blick in eine Ionenfalle<br>Foto: C. Lackner/IQOQI<br>

Im Prototypen eines Quantencomputers konnte ein Team um Philipp Schindler, Thomas Monz und Rainer Blatt eine Quantenmessung vollständig rückgängig machen. Der Trick gelang ihnen mit Hilfe eines Rechenschemas für die Fehlerkorrektur in Quantencomputern.

Schon Generationen von Physikern beschäftigten sich mit Messungen in quantenmechanischen Systemen. Grund dafür sind deren nur schwer begreifliche Eigenschaften. „So ist eine Messung in der Quantenwelt nicht deterministisch“, sagt Philipp Schindler vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. „Auch wenn man den Zustand eines Quantenobjekts sehr genau kennt, lässt sich das Ergebnis einer Messung nicht vorhersagen.“

Wird ein Quantensystem aber gemessen, so ändert sich dadurch auch der Zustand des Systems. So liefert eine wiederholte Messung mit Sicherheit immer das gleiche Ergebnis. „Eine Messung verändert also das System unwiderruflich“, ergänzt Thomas Monz. In einem Prototypen eines Quantencomputers haben Physiker der Universität Innsbruck um Rainer Blatt nun mit Hilfe eines Fehlerkorrektur-Algorithmus eine Messung wieder rückgängig gemacht.

Auf den ersten Blick widerspricht dies den Grundlagen der Quantenmechanik, die genau das explizit verbietet. Bei genauerer Betrachtung löst sich der Widerspruch aber auf: Quanteninformation kann zum Beispiel in einem Teilchen als Überlagerung von zwei Zuständen („null“ und „eins“) gespeichert werden. Durch eine Messung wird dieses Quantenbit entweder auf „null“ oder „eins“ gesetzt und die Information aus der Überlagerung geht verloren.

Durch quantenmechanische Verschränkung mehrerer Teilchen, lässt sich aber die Quanteninformation eines Teilchens auch auf mehrere Teilchen verteilen. Genau dies machen die Physiker im Labor der Universität Innsbruck. „Wir verteilen mit dem Fehlerkorrektur-Algorithmus die Quanteninformation eines einzelnen Teilchens auf drei Teilchen in einem Quantenregister. Die Messung erfolgt nur auf einem der drei Teilchen“, sagen Schindler und Monz.

„Der Korrektur-Algorithmus ist dann in der Lage, die Information des gemessenen Teilchen mithilfe der zwei verbleibenden Teilchen zu rekonstruieren.“ Damit machen die Tiroler Physiker ihre Messung an dem einen Teilchen wieder rückgängig und umgehen so ein ehernes Gesetz der Quantenphysik.

Die Arbeit wird in dieser Woche im Fachjournal Physical Review Letters veröffentlicht und wurde unter anderem durch den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, die EU und die Tiroler Industrie unterstützt.

Publikation: Undoing a quantum measurement. Philipp Schindler, Thomas Monz, Daniel Nigg, Julio T. Barreiro, Esteban A. Martinez, Matthias F. Brandl, Michael Chwalla, Markus Hennrich, Rainer Blatt. Physical Review Letters 110, 070403 (2013). DOI: 10.1103/PhysRevLett.110.070403

Rückfragehinweis:
Philipp Schindler
Institut für Experimentalphysik
Universität Innsbruck
Telefon: +43 512 507-52453
E-Mail: philipp.schindler@uibk.ac.at
Christian Flatz
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Universität Innsbruck
Telefon: +43 512 507-32022
Mobil: +43 676 872532022
E-Mail: christian.flatz@uibk.ac.at

Media Contact

Dr. Christian Flatz Universität Innsbruck

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer