Neutronenhaut dünner als angenommen – Wissenschaftlerteam berechnet Neutronenverteilung des Atomkerns Kalzium-48

Die Berechnungen des internationalen Wissenschaftlerteams verbinden die Neutronenverteilung des Atomkerns Kalzium-48 (Bildmitte) mit dem Radius eines Neutronensterns, wie er z.B. im Zentrum des Krebsnebels existiert (oben links). Grafik: ORNL

Die elektrische Ladungsverteilung eines Atomkerns ist theoretisch gut verstanden und auch experimentell gut zugänglich. Im Gegensatz dazu ist die Neutronenverteilung aufgrund der Ladungsneutralität der Neutronen schwierig zu messen.

Da der Atomkern Kalzium-48 acht Neutronen mehr als Protonen hat, ragt aber die Neutronenverteilung über die Ladungsverteilung hinaus. Somit sind die neuen Resultate essentiell für die Beantwortung der grundlegenden Frage: Wie groß ist ein Atomkern?

„Wir starteten von Grundprinzipien, als wir den Atomkern Kalzium-48 aus seinen fundamentalen Bestandteilen, Protonen und Neutronen, am Rechner simulierten“, erklärt der theoretische Kernphysiker Gaute Hagen vom Oak Ridge National Laboratory, Erstautor der Studie.

„Dieses stark korrelierte System, bestehend aus 48 Nukleonen, ist als quantenmechanisches Vielteilchenproblem alles andere als einfach zu lösen. Viele Fortschritte waren insgesamt für die Ergebnisse nötig: akkurate Kernkräfte, ausgeklügelte Rechenalgorithmen und moderne Hochleistungsrechner.“ Die Rechnungen wurden auf dem stärksten Supercomputer der USA, Titan am Oak Ridge National Laboratory, und am Jülich Supercomputing Center gemacht.

Neben der Neutronenverteilung erlauben die Hochleistungsrechnungen auch, damit verbundene physikalische Größen vorherzusagen, die in Präzisionsmessungen künftig experimentell untersucht werden. Dazu gehört die Dipolpolarisierbarkeit von Kalzium-48, die ein Team aus Physikern der Darmstadt-Osaka Kollaboration dabei ist zu bestimmen.

Außerdem bereiten Forscher des Jefferson Labs in den USA Messungen des Neutronenradius von Kalzium-48 vor. Die Erkenntnisse dieser Experimente könnten die theoretischen Berechnungen bestätigen und so zukünftige theoretische Modelle näher einschränken.

Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler ihre mikroskopischen Ergebnisse auf makroskopische Neutronensterne anwenden. So verbinden die Berechnungen 18 Größenordnungen vom Atomkern zum Neutronenstern.

Neben den Wissenschaftlern Christian Drischler, Kai Hebeler, Achim Schwenk und Johannes Simonis von der TU Darmstadt waren bei der Berechnung der Neutronenverteilung und der damit verbundenen physikalischen Eigenschaften Wissenschaftler aus den USA (Oak Ridge National Laboratory, University of Tennessee und Michigan State University), Schweden (Chalmers University of Technology), Kanada (TRIUMF), Israel (Hebrew University), Norwegen (University of Oslo) und Italien (University of Trento) beteiligt.

Die Studie ist zugänglich unter:
http://www.nature.com/nphys/journal/vaop/ncurrent/pdf/nphys3529.pdf

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Bettina Bastian idw - Informationsdienst Wissenschaft

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