In Nano-Pyramiden eingesperrte Elektronen

Ein Justierlaser fokussiert die Messspitze des Mikroskops. In der Verlängerung des Laserstrahls kommt von oben die Spitze, darunter befindet sich die Einheit zur Bewegung der Probe. HZDR<br>

Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften sehen Forscher in Quantenpunkten ein hohes Potenzial für technologische Anwendungen. Hierfür muss man jedoch das Verhalten der darin „gefangenen“ Elektronen viel besser verstehen. Dresdner Physiker konnten erstmals beobachten, wie Elektronen in einzelnen Quantenpunkten Energie aufnehmen und als Licht wieder abgeben. Die Ergebnisse wurden vor kurzem in der Fachzeitschrift „Nano Letters“ veröffentlicht.

Quantenpunkte sehen aus wie winzige Pyramiden. In solch einer einzelnen Nano-Pyramide befinden sich immer nur ein oder zwei Elektronen, die quasi die engen Wände um sich herum „spüren“ und deshalb in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt sind. Wissenschaftler aus dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), der TU Dresden und dem Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) Dresden haben nun die besonderen Energiezustände der gefangenen Elektronen in einzelnen Quantenpunkten untersucht.
Scharfe Energieniveaus

Das Verhalten von Elektronen in einem Material bestimmt prinzipiell dessen Eigenschaften. Wegen der räumlichen Begrenzung in allen drei Raumrichtungen können Elektronen in einer Nano-Pyramide nur ganz bestimmte Energieniveaus besetzen – deshalb werden Quantenpunkte auch „künstliche Atome“ genannt. Von der chemischen Zusammensetzung des Halbleiter-Materials, aber auch von der Größe der Nano-Pyramiden hängt die genaue Lage dieser Energieniveaus ab. „Die scharf begrenzten Energieniveaus werden beispielsweise in sehr energieeffizienten Lasern auf der Basis von Quantenpunkten genutzt. Das Licht wird dadurch erzeugt, dass ein Elektron von einem energetisch höheren Niveau auf ein tieferes zurückfällt. Der Energieunterschied zwischen den beiden Niveaus bestimmt dabei die Farbe des Lichts.“, erklärt Dr. Stephan Winnerl vom HZDR.

Elektronen in einzelnen Quantenpunkten sichtbar gemacht

Den Dresdner Forschern um Dr. Winnerl ist es erstmals gelungen, Übergänge zwischen Energieniveaus in einzelnen Quantenpunkten mit Hilfe von Infrarotlicht abzufragen. Dabei galt es, eine besondere Schwierigkeit zu überwinden: Die Pyramiden aus Indiumarsenid oder Indium-Galliumarsenid entstehen zwar „von selbst“ durch eine bestimmte Art des Kristallwachstums, aber ihre Größe schwankt in einem gewissen Bereich. Untersucht man sie mit infrarotem Licht, so sieht man verwaschene Signale, weil die Elektronen in unterschiedlich großen Pyramiden auf verschiedene Infrarot-Energien ansprechen. Somit ist es wichtig, sich die gefangenen Elektronen in einem einzelnen Quantenpunkt anzusehen.

Die Wissenschaftler nutzen hierfür eine besondere Methode: die Nahfeld-Mikroskopie. Laserlicht wird auf eine metallische, weniger als 100 Nanometer dicke Spitze eingestrahlt, die das Licht stark bündelt – und zwar hundertfach kleiner als die Lichtwellenlänge, welche sonst die Grenze in der „normalen“ Optik mit Linsen und Spiegeln darstellt. Wird das gebündelte Licht auf genau eine Pyramide gelenkt, gibt es Energie an die Elektronen ab und hebt sie so auf ein höheres Energieniveau an. Beobachtet man bei diesem Vorgang das von der Spitze gestreute Infrarotlicht, so wird dieser Energieübertrag messbar. Mit der Nahfeld-Mikroskopie gehen zwar hohe Signalverluste einher, doch ist der Lichtstrahl immer noch stark genug, um die Elektronen in einer Nano-Pyramide anzuregen. Die Methode ist gleichzeitig so empfindlich, dass man damit ein Bild im Nanometerbereich erzeugen kann, auf dem sich die ein oder zwei Elektronen in einem Quantenpunkt als deutlicher Kontrast abzeichnen. So konnte Dr. Winnerl mit seinen Kollegen vom HZDR sowie mit Physikern von TU und IFW Dresden das Verhalten der Elektronen in einem Quantenpunkt sehr genau studieren und zu dessen Verständnis beitragen.

Infrarot-Licht vom Freie-Elektronen-Laser

Für die Experimente kam das infrarote Licht vom Freie-Elektronen-Laser im HZDR zum Einsatz. Dieser spezielle Laser ist für die Untersuchungen eine ideale Strahlungsquelle im infraroten Bereich, weil die Energie seines Lichts so eingestellt werden kann, dass sie genau zu den Energieniveaus in den Quantenpunkten passt. Auch liefert der Laser derart intensive Strahlung, dass die methodisch zwangsläufigen Verluste leicht wettgemacht werden können.
„Als nächstes wollen wir das Verhalten von Elektronen in Quantenpunkten bei tieferen Temperaturen durchleuchten.“, sagt Dr. Winnerl. „Von diesen Messungen erhoffen wir uns noch genauere Einblicke in das gefangene Leben der Elektronen. Wir wollen insbesondere die Wechselwirkung der Elektronen untereinander, aber auch mit den Schwingungen des Kristallgitters noch viel besser verstehen.“ Der Freie-Elektronen-Laser bietet jedenfalls dank der intensiven Laserblitze in einem großen, frei wählbaren Spektralbereich beste Voraussetzungen für die Methode der Nahfeld-Mikroskopie am Standort Dresden, die besonders von der engen Zusammenarbeit mit Prof. Lukas Eng von der TU Dresden im Rahmen von DRESDEN-concept profitiert.

Publikation: R. Jacob, S. Winnerl u.a.: „Intersublevel spectroscopy on single InAs-quantum dots by terahertz near-field microscopy“, in Nano Letters, Band 12 (2012), S. 4336 (DOI: 10.1021/nl302078w)

Weitere Informationen:
Prof. Manfred Helm | Dr. Stephan Winnerl
Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung im HZDR
Tel. 0351 260-2260 | -3522
m.helm@hzdr.de | s.winnerl@hzdr.de

Pressekontakt:
Dr. Christine Bohnet
Pressesprecherin
Tel. 0351 260-2450 oder 0160 969 288 56
c.bohnet@hzdr.de
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• Wie nutzt man Ressourcen und Energie effizient und sicher?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen werden fünf Großgeräte mit teils einmaligen Experimentiermöglichkeiten eingesetzt, die auch externen Nutzern zur Verfügung stehen.

Das HZDR ist seit 1.1.2011 Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Es hat vier Standorte in Dresden, Leipzig, Freiberg und Grenoble und beschäftigt rund 900 Mitarbeiter – davon ca. 400 Wissenschaftler inklusive 140 Doktoranden.

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