Multigraphen ist besser geeignet für künftige Anwendungen als Graphen

Dies haben die Forscher soeben in der amerikanischen Fachzeitschrift „Physical Review B“ veröffentlicht.

Mit dem 2010 verliehenen Nobelpreis an zwei Wissenschaftler der Universität Manchester wurde das „Graphen“ (sprich: Graphén) weltweit bekannt. Die Forscher hatten aus einem Stück Graphit – so wie man es in Bleistiften vorfindet – die zweidimensionale Ebene aus Kohlenstoffatomen isoliert: das Graphen. Damit wurde die bislang dünnste und stärkste Kohlenstoffverbindung – ja eigentlich wieder entdeckt, denn die Existenz von Graphen ist seit den 60er Jahren bereits bekannt. Die Eigenschaften dieser kristallinen Ebenen sind hervorragend: Sie leiten elektrischen Strom und Wärme besser als alle bislang bekannten Materialien. Sie sind annähernd transparent, aber undurchlässig für Gase. Als Werkstoff wird deshalb dem Graphen eine glänzende Zukunft vorhergesagt. Es könnte zum Beispiel das Silizium in Mobiltelefonen und Flachbildschirmen ersetzen.

Man kann sich das Graphen als eine Matte aus Kohlenstoff vorstellen, die nur ein Atom dick ist. Ihre Struktur ähnelt den Waben im Bienenstock, allerdings in nur zweidimensionaler Anordnung. In einem Millimeter Graphit sind drei Millionen solcher Schichten Graphen übereinander gestapelt. Die elektrische Bindung zwischen diesen einzelnen Graphen-Matten ist sehr schwach. Legt man nun mehrere von diesen „Matten“, also Graphenschichten übereinander, hat man ein Multigraphen. Um die guten Eigenschaften von Graphen auszunutzen – und ein Multigraphen zu erhalten- sind zwischen 30-120 dieser Schichten ausreichend.

Schon 2003 und vor der ersten Veröffentlichung der Manchester Wissenschaftler über Graphen, zeigten die Leipziger zusammen mit brasilianischen Wissenschaftlern, dass die elektrischen Eigenschaften von Graphit stark zweidimensional sind. Ein Ergebnis, das auf eine sehr schwache elektrische Bindung zwischen den einzelnen Graphenschichten in Graphit hindeutet. Dass die elektrischen Eigenschaften eines Multigraphen noch besser sind als die eines Graphen, wurde jetzt durch eine Kooperation von Leipziger und Madrider Wissenschaftlern nachgewiesen. Die Ergebnisse von S. Dusari, J. Barzola-Quiquia, und P. Esquinazi aus der Abteilung Supraleitung und Magnetismus des Instituts für Experimentelle Physik II der Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig und N. Garcia vom Laboratorio de Fisica de Sistemas Pequenos y Nanotechnologia in Madrid wurden in der amerikanischen Fachzeitschrift „Physical Review B“ (83, 125402 (2011)) veröffentlicht.

Diese neuesten Forschungsergebnisse zeigen, dass ein Elektron im Multigraphen mobiler ist als in einer einzelnen Graphen-Schicht. Denn Graphen muss auf ein Substrat aufgetragen werden, das durch starke Wechselwirkung die elektrischen Eigenschaften des Graphens abschwächt. Weil sich die Elektronen im Multigraphen ohne Streuung bewegen können, hatten sie – das zeigten die Untersuchungen – bei Zimmertemperatur eine mittlere freie Weglänge von mindesten zwei Mikrometer zurückgelegt. Das ist eine mehr als zehn mal längere Wegstrecke als im Graphen.

Aufgrund dieser wesentlichen besseren Eigenschaften scheinen den Leipziger Forschern Multigraphene, also mehrere Schichten von Graphen, unter normalen Bedingungen am besten geeignet für künftige Anwendungen.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Pablo D. Esquinazi
Abteilung für Supraleitung und Magnetismus, Institut für Experimentelle
Physik II
Telefon: +49 341 97-32750
E-Mail: esquin@physik.uni-leipzig.de

Media Contact

Dr. Manuela Rutsatz Universität Leipzig

Weitere Informationen:

http://www.uni-leipzig.de/~sum/

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