Mit Diamant und Laser kleinste Magnetfelder im Gehirn messen // Quantensensorik am Fraunhofer IAF

Schema der Laserschwellen-Magnetometrie. Kleines Bild: Darstellung eines NV-Zentrums im Diamant © Fraunhofer IAF

Die Messung von Magnetfeldern gehört inzwischen zum Standard in der medizinischen Diagnostik. In unseren Nervenzellen des Gehirns oder Herzens fließen kleinste elektrische Ströme, die schwache Magnetfelder erzeugen.

Präzise Magnetfeldsensoren können so die Aktivitäten von Gehirn (MEG) oder Herz (MKG) messen und ermöglichen bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT), um Krankheiten zu detektieren. Die notwendige Präzision der Messungen erreichen jedoch nur wenige hochsensitive Magnetfeldsensoren, üblicherweise bei extremer Tieftemperaturkühlung.

Höchst präzise Magnetfeldmessung bei Raumtemperatur

»Die meisten Magnetometer haben keine ausreichende Präzision, um die schwachen Signale des Gehirns zu messen. Die üblichen hochsensitiven Magnetfeldsensoren, wie etwa die SQUID-Sensoren, funktionieren nur bei extremer Kühlung, was ihren Betrieb sehr kostenintensiv und technologisch aufwändig macht.

Neue Sensortechnologien wie Stickstoff-Vakanz-Zentren (NV-Zentren) oder Dampfzellen-Magnetometer können hier eine wichtige Alternative sein«, erklärt Dr. Jan Jeske, Projektleiter von »DiLaMag«.

Durch die Erforschung neuer quantenphysikalischer Systeme und Materialverbesserungen ergeben sich innovative Möglichkeiten für hochempfindliche Sensortechnologien. Im Forschungsprojekt »DiLaMag« soll mithilfe von atomaren Stickstoff-Vakanz-Zentren in Diamant eine ultra-sensitive Laserschwellen-Magnetometrie realisiert werden.

Hierfür arbeiten die Forscher am Fraunhofer IAF an der Entwicklung der weltweit ersten hoch NV-dotierten Diamant-Laserkristalle. Mit hochsensitiven Magnetfeldsensoren, die für eine biologische Anwendung geeignet sind, wäre es beispielsweise möglich, Hirn- und Herzaktivitäten von Ungeborenen zu bestimmen und damit Krankheiten frühzeitig zu behandeln.

Das BMBF fördert das auf fünf Jahre angelegte Projekt im Rahmen des Nachwuchswettbewerbs »NanoMatFutur« – einer Maßnahme zur Förderung hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Materialforschung (FKZ: 13XP5063).

Diamant als Lasermedium

Die Laserschwellen-Magnetometrie (LSM) ist ein weltweit neuer Forschungsansatz. Das Neue daran: Für die Entwicklung von hochpräzisen Laserschwellen-Magnetfeldsensoren soll NV-dotierter Diamant als Lasermedium eingesetzt werden. Jeske hat das Konzept während seiner Postdoktorandenstelle an der RMIT University in Melbourne mitentwickelt.

»Die grundlegende Idee der LSM basiert darauf, ein Material als Lasermedium einzusetzen, das über eine optisch detektierbare magnetische Resonanz verfügt. Aufgrund seiner Materialeigenschaften ist Diamant mit einer hohen Dichte an NV-Zentren für den Einsatz als Lasermedium besonders geeignet«, erläutert Jeske.

Die Forscher gehen davon aus, dass mit NV-dotiertem Diamant als Lasermedium stärkere Signale und ein höherer Kontrast erzielt werden kann, was zu wesentlich präziseren Messergebnissen führt. »Ein entscheidender Vorteil ist, dass NV-Zentren in Diamant bei Raumtemperatur nutzbar sind und ihre Quanteneigenschaften beibehalten – im Gegensatz zu beispielsweise SQUID-Sensoren«, begründet der Physiker.

Stickstoff-Vakanz-Zentren in Diamant

Stickstoff-Vakanz-Zentren (NV-Zentren) sind atomare Systeme aus einem Stickstoff-Atom und einer Kohlenstoff-Fehlstelle in Diamant. Sie absorbieren grünes Licht und emittieren rotes Licht. Da die Leuchtkraft dieser NV-Zentren von der Stärke eines äußeren Magnetfeldes abhängt und die Zentren atomar klein sind, können sie genutzt werden, um Magnetfelder mit hoher lokaler Auflösung aber auch guter Empfindlichkeit zu messen.

»Das Messprinzip basiert auf einer Konkurrenz zwischen stimulierter und spontaner Emission, die durch kleinste magnetische Felder beeinflusst werden kann.«, erläutert Jeske. Dass das Konzept der LSM nicht nur theoretisch funktioniert, haben erste Versuche bereits bewiesen: »Die Experimente haben eindeutig gezeigt, dass NV-Diamant stimulierte Emission zeigt und damit als Lasermaterial prinzipiell geeignet ist. Jetzt geht es darum, die optischen Eigenschaften des Diamanten zu verbessern und Messsysteme zu realisieren«, so Jeske, der nach seinem siebenjährigen Aufenthalt in Australien in die deutsche Forschungslandschaft zurückgekehrt ist.

Aufbau eines NV-Diamant-Laser-Labors

Durch die Synergie der drei Kernkompetenzen des Fraunhofer IAF, bestehend aus Diamantwachstum, Optoelektronik bzw. Laser-Technologie und Hochfrequenzelektronik, soll die Quantenmagnetometrie sehr schnell aus der Grundlage in angewandte Systeme überführt werden. Das »DiLaMag«-Forscherteam steht noch am Anfang seiner Arbeit: Im ersten Schritt geht es darum, Diamant durch ein Plasma-gestütztes CVD-Verfahren so zu wachsen und nachzubehandeln, dass Verluste durch Absorption, Streuung sowie Doppelbrechung minimiert werden. Die Herausforderung dabei besteht darin, Diamant mit möglichst vielen NV-Zentren anzureichern, ohne die Qualität zu mindern. Anschließend plant das Projektteam, Diamantschichten mit der optimalen NV-Dichte in den Plasma-CVD-Reaktoren des Fraunhofer IAF herzustellen und relevante physikalische und optische Parameter des Materials zu charakterisieren. Hierzu wird mit dem Aufbau eines NV-Diamant-Laser-Labors die benötigte Infrastruktur am Fraunhofer IAF aufgebaut.

Projektziele und Kooperationen

Das Ziel der ersten Projektphase besteht darin, die Materialeigenschaften von hoch NV-dotiertem Diamant besser zu analysieren und zu verbessern, um optimierte Laserkristalle erzeugen und erste Demonstratoren der LSM entwickeln zu können. Die zweite Projektphase fokussiert sich auf die weitere Verbesserung der Sensitivität und die Messung von Magnetfeldsignalen aus biologischen Quellen. Diese Arbeiten sollen durch eine Industriekooperation mit der SIGMA Medizin-Technik GmbH, die die technische Ausstattung für erste biologische Vergleichsmessungen zur Verfügung stellt, vorangebracht werden. Unterstützung erhält das Projekt auch von medizinischer Seite: Biomagnetismus-Experten von den Universitätskliniken Freiburg und Heidelberg werden die ersten Messungen begleiten.

Über das Fraunhofer IAF

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF zählt zu den führenden Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der III/V Verbindungshalbleiter und des synthetischen Diamanten. Das Freiburger Fraunhofer-Institut entwickelt elektronische und optoelektronische Bauelemente, integrierte Schaltungen und Systeme sowie Bauelemente auf Basis von ein-, poly- und nanokristallinem Diamant.

In einem 1000 m² großen Reinraum und weiteren 3000 m² Laborfläche stehen Epitaxie- und Technologieanlagen sowie Messtechniken bereit, um Hochfrequenz-Schaltungen für die Kommunikationstechnik, Spannungswandler-Module für die Energietechnik, Infrarot- und UV-Detektoren für die Sicherheitstechnik, Infrarot-Lasersysteme für die Medizintechnik sowie Diamantbauelemente für neuartige Anwendungen im Bereich der Quantensensorik zu realisieren. Im Bereich der Diamantsynthese stehen neun Mikrowellen-Plasma-Reaktoren zu Verfügung, die es ermöglichen, ultra-reinen Diamanten herzustellen, mit Isotopen angereicherte Diamantschichten zu wachsen, Delta-Dotierungen (N, B, P) durchzuführen und 3D-Diamant-Wachstum zu nutzen.

https://www.iaf.fraunhofer.de/de/medien/pressemitteilungen/DiLaMag.html

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Anne-Julie Maurer Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF

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