Kontrolliertes Wachstum von Nanodrähten

A) Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme eines Nanodraht-Feldes: Aufgrund der Vorstrukturierung des Substrates sind die Nanodrähte regelmäßig angeordnet. Die Pfeile links unten geben die Richtungen des vordefinierten quadratischen Feldes wieder. B) Nahaufnahme einiger Nanodrähte. Die Galliumtröpfchen, die als Katalysator des Nanodraht-Wachstums dienen, sind als Halbkugeln an den Spitzen der Nanodrähte erkennbar.<br>Foto: Universität Regensburg<br>

Nanodrähte sind sehr dünne, langgestreckte Objekte aus Metall, Halbmetall oder Verbindungshalbleiter. Aufgrund ihres geringen Durchmessers von ca. 100 Nanometern (nm) bzw. 0,1 Mikrometern (µm) und der verhältnismäßig großen Länge von bis zu 10 Mikrometer werden sie als „eindimensionale Strukturen“ bezeichnet. In den Bereichen der Elektronik und der Optik eröffnen sie ungeahnte Möglichkeiten.

Ob in Flachbildschirmen, in neuartigen Solarzellen oder als Bauelemente für elektronische Schaltkreise – Nanodrähte werden für eine ganze Reihe von Anwendungen erprobt. Sie erlauben es, elektronische Schaltungen kompakter zu bauen, als dies über traditionelle Verfahren möglich ist. Gerade Nanodrähte aus Verbindungshalbleitern besitzen dabei hervorragende Transporteigenschaften.

Bei entsprechenden Bedingungen wachsen Nanodrähte zudem ganz von selbst – bei einigen Stoffen begünstigt die Kristallstruktur das Wachstum. Bei anderen Substanzen muss man nachhelfen. So benutzt man zum Beispiel Einschnitte oder Löcher in Kristalloberflächen oder Nanoporen in Aluminiumoxid als „Gussformen“ für Metall-Nanodrähte. Halbleiter-Nanodrähte werden meist mithilfe eines Katalysators erzeugt. Der Katalysator begünstigt den Einbau der Atome in den Nanodraht und bestimmt unter anderem den Durchmesser des Nanodrahts. In allen Fällen sind Anwendungen aber dadurch eingeschränkt, dass Nanodrähte noch immer schwer zu handhaben sind. Dies bezieht sich zum Beispiel auf die exakte Position der Nanodrähte auf dem Substrat. Für den Einsatz in der Industrie besteht die Kunst darin, möglichst fehlerfreie Drähte von einheitlicher Dicke und Zusammensetzung zu produzieren.

Einem Forscherteam um Dr. Elisabeth Reiger in Kooperation mit Prof. Dr. Josef Zweck vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg gelang es nun, eine Methode zur Kontrolle von Nanodrahtwachstum zu entwickeln. Zur Herstellung von Nanodrähten aus Galliumarsenid, einem Verbindungshalbleiter, wurden flüssige Gallium-Tröpfchen als Katalysator für das Nanodrahtwachstum verwendet. Dieses Verfahren ist seit 2008 bekannt und besitzt wesentliche Vorteile gegenüber Standardtechniken, bei denen Metalle und insbesondere Gold als Katalysatormaterial verwendet werden: So weisen die Galliumarsenid-Nanodrähte eine höhere Reinheit sowie eine – im Vergleich – einheitlichere Kristallstruktur auf. Durch eine Vorbehandlung des verwendeten Substrates konnten – im Gegensatz zu dem ursprünglichen Verfahren – gezielt dort Nanodrähte hergestellt werden, wo dies erwünscht war.

Von den Forschern wurden Siliciumdioxid-Schichten durch Elektronenstrahllithographie und nasschemischem Ätzen vorstrukturiert. Die so erzeugten Löcher mit einem Durchmesser von ca. 85 nm waren quadratisch angeordnet, wobei für einzelne Abschnitte der Lochabstand von 200 nm bis 2 µm variiert wurde. Bevorzugt an den geätzten Löchern bildeten sich Gallium-Tröpfchen; an diesen Stellen fand also Nanodrahtwachstum statt. Allerdings entwickelte sich nicht an jeder vordefinierten Stelle ein Nanodraht. Die durchschnittliche Erfolgsquote betrug etwa 20%. Die Forscher führten dies auf uneinheitliche Ätzprozesse zurück, durch die das Siliciumdioxid nicht immer vollständig aus den Löchern entfernt wurde.

Abhängig vom Lochabstand stellten die Wissenschaftler – bei identischen Wachstumsbedingungen – eine unterschiedliche Nanodrahtwachstumsrate fest. In Abschnitten mit einem Lochabstand von 200 nm bis 250 nm entstanden die längsten Nanodrähte mit einer Länge von 5 µm und einem typischen Durchmesser von 80 nm bis 100 nm. Bei größeren Lochabständen verringerte sich die durchschnittliche Länge der Nanodrähte. Diese Beobachtungen der Regensburger Wissenschaftler sind vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Nanotechnology“ erschienen (DOI: 10.1088/0957-4484/21/43/435601).

In den nächsten Monaten wird es darum gehen, das Verfahren zu verfeinern. So soll der Ätzprozess verbessert werden, um die Erfolgsquote des Nanodrahtwachstums deutlich zu erhöhen. Angestrebtes Ziel ist, an jedem vordefinierten Ort einen Nanodraht zu erzeugen. Die Beobachtungen zu den unterschiedlichen Wachstumsraten – abhängig vom Lochabstand – sollen zudem dabei helfen, den Wachstumsprozess der Nanodrähte besser zu verstehen. Durch eine Anpassung der Wachstumsbedingungen sollten beliebige Abstände zwischen den Nanodrähten realisierbar sein. Die so erzielte Kontrolle über den „Wachstumsort“ von Nanodrähten ist eine entscheidende Voraussetzung für die Herstellung von Nanodraht-basierten Bauelemente.

Die Ergebnisse sind wichtige Vorarbeiten für ein weiteres Nanodrahtprojekt an der Universität Regensburg, bei dem im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB 689) „Spinphänomene in reduzierten Dimensionen“ das Wachstum magnetischer Nanodraht-Strukturen erforscht wird. Es soll untersucht werden, welche Auswirkungen die spezielle Geometrie der Nanodrähte auf ihre magnetischen Eigenschaften hat.

Ansprechpartnerin für Medienvertreter:
Dr. Elisabeth Reiger
Universität Regensburg
Institut für Experimentelle und Angewandte Physik
Tel.: 0941 943-4233/2071
Elisabeth.Reiger@physik.uni-regensburg.de

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Alexander Schlaak idw

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