Kein Zusammenhang zwischen Dunkler Materie und massereichen Schwarzen Löchern in Galaxienkernen

Dies führte zu der Vermutung, dass es eine direkte Verbindung zwischen Dunkler Materie und schwarzen Löchern geben und dass somit die Physik exotischer Materie das Wachstum eines schwarzen Lochs bestimmen könnte.

Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, der Universitätssternwarte München und der Texas-Universität in Austin haben nun eine umfangreiche Studie an Galaxien durchgeführt um den Beweis zu erbringen, dass die Masse eines schwarzen Lochs nicht direkt mit der Masse des Halos aus Dunkler Materie zusammenhängt. Die Masse des schwarzen Lochs wird vielmehr durch die Entstehung des galaktischen Bulges bestimmt. Diese Ergebnisse werden am 20. Januar in der renommierten Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Galaxien wie unsere Milchstraße bestehen aus Milliarden Sternen sowie gewaltigen Mengen an Gas und Staub. Diese Komponenten können bei unterschiedlichen Wellenlängen beobachtet werden, vom Radio- und Infrarotbereich für kühlere Gebiete bis hin zu optischen und Röntgenwellenlängen für Teile, die auf hohe Temperaturen aufgeheizt wurden. Es gibt noch zwei weitere wichtige Komponenten, die keinerlei Licht aussenden und sich nur durch ihre gravitative Wirkung bemerkbar machen.

Alle Galaxien sind einen Halo aus „Dunkler Materie“ eingebettet, der weit über die sichtbaren Ränder der Galaxie hinausreicht und den größten Teil ihrer Masse beiträgt. Auch wenn dieser Halo nicht direkt beobachtet werden kann, so kann er doch aufgrund seiner Wirkung auf die Bewegung der Sterne, Gas und Staub vermessen werden. Die Beschaffenheit der Dunklen Materie ist bislang unbekannt, allerdings denken die Wissenschaftler, dass sie aus exotischen Teilchen bestehen, die sich grundlegend von der normalen (baryonischen) Materie unterscheiden, aus der wir, die Erde, die Sonne und Sterne gemacht sind.

Der zweite unsichtbare Bestandteil einer Galaxie ist das extrem massereiche schwarze Loch in ihrem Innern. Im Zentrum unserer Milchstraße befindet sich ein schwarzes Loch, das etwa vier Millionen mal schwerer ist als die Sonne. Derartige Schwerkraftmonster, oder noch massereichere, konnten in allen leuchtkräftigen Galaxien mit zentralen Bulges nachgewiesen werden, bei denen eine direkte Suche möglich war; die Astronomen nehmen an, dass die meisten oder sogar alle Galaxien mit einem Bulge ein schwarzes Loch in ihrem Zentrum beherbergen. Auch diese Komponente der Galaxie kann aber nicht direkt beobachtet werden; die Masse des schwarzen Lochs ergibt sich aus der Bewegung der Sterne in seiner Umgebung.

Seit 2002 gibt es Spekulationen, dass eine enge Korrelation bestehen könnte zwischen der Masse des schwarzen Lochs und der äußeren Rotationsgeschwindigkeit in galaktischen Scheiben, die vom Dunklen Materiehalo bestimmt wird. Dies würde bedeuten, dass die unbekannte Physik der exotischen Dunklen Materie auf irgendeine Weise das Wachstum des schwarzen Lochs bestimmen würde. Andererseits wurde schon einige Jahre zuvor gezeigt, dass die Masse des schwarzen Lochs gut mit der Masse des Bulges oder der Leuchtkraft korreliert. Da größere Galaxien im allgemeinen auch größere Bulges besitzen, war nicht klar, welche dieser Korrelationen nun tatsächlich das Wachstum der schwarzen Löcher bestimmt.

Um diese Frage zu beantworten, untersuchten John Kormendy und Ralf Bender Galaxien, die in massereichen Halos aus Dunkler Materie eingebettet sind und damit hohe Rotationsgeschwindigkeiten aufweisen, die aber nur kleine oder gar keine Bulges haben. Dabei fanden sie heraus, dass Galaxien ohne Bulge – selbst wenn sie von massereichen Dunklen Materiehalos umgeben waren – im besten Fall schwarze Löcher sehr kleiner Masse enthielten. Die Forscher konnten damit zeigten, dass das Wachstum der schwarzen Löcher hauptsächlich mit der Entstehung eines Bulges und nicht mit der Dunklen Materie zusammenhängen.

„Man kann sich nur schwer vorstellen, wie eine über große Entfernungen dünn verteilte Dunkle Materie das Wachstum eines schwarzen Lochs in einem winzigen Raum tief im Innern einer Galaxie beeinflussen könnte“, sagt Ralf Bender vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und der Universitätssternwarte München. John Kormendy von der Texas-Universität fügt hinzu: „Es ist weitaus plausibler, dass die schwarzen Löcher durch Gas aus ihrer Umgebung wachsen, insbesondere während der Entstehungsphase der Galaxien.“ Im allgemein anerkannten Bild der Strukturbildung im Universum werden die Scheiben von Galaxien durch häufige Verschmelzungen mit anderen Galaxien durcheinandergewirbelt, wodurch Gas ins Zentrum fallen kann. Dies löst zum einen eine erhöhte Sternentstehungsaktivität aus und führt dem schwarzen Loch zum anderen Material zu. Kormendys und Benders Beobachtungen deuten darauf hin, dass dies in der Tat der dominierende Prozess ist, der zur Entstehung und zum Wachstum schwarzer Löcher führt.

Originalveröffentlichung

John Kormendy & Ralf Bender, “Supermassive black holes do not correlate with dark matter halos of galaxies”, Nature, Nature, Vol. xxx, p. xxx, 20 January 2011

Kontakt
Dr. Ralf Bender
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
Tel: +49 89 30000-3702
Email: bender@mpe.mpg.de
Dr. Hannelore Hämmerle
Pressesprecherin
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
Tel: +49 89 30000-3980
Email: hanneh@mpe.mpg.de

Media Contact

Dr. Hannelore Hämmerle Max-Planck-Institut

Weitere Informationen:

http://www.mpe.mpg.de

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