Gitter aus Nanofallen und Verringerung der Linienbreite in einem Raman-aktiven Gas

Das Pumplicht wandelt sich auf der makroskopischen Skala in nach vorne gerichtete Stokes-Strahlung um, die teilweise vom Faserende reflektiert wird. Bild: MBI

Die Strahlung, die von Atomen und Molekülen emittiert wird, wird üblicherweise durch die Bewegung der Emitter spektral verbreitert, ein Effekt, der Dopplerverbreitung genannt wird. Die Überwindung dieses Effekts ist eine schwierige Aufgabe, insbesondere für Moleküle. Eine Möglichkeit, die molekulare Bewegung zu reduzieren, besteht darin, tiefe Potentialfallen mit kleinen Dimensionen zu erzeugen. Bisher wurde dies – allerdings mit begrenztem Erfolg – dadurch erreicht, dass z.B. mehrere gegenläufige Strahlen in einem komplizierten Aufbau angeordnet wurden.

Die Forscher der Kooperation zwischen Max-Born-Institut und Xlim-Institut zeigen, dass die Subwellenlängen-Lokalisierung und die Verringerung der Linienbreite in einer sehr einfachen Anordnung durch Selbstorganisation von Raman-aktivem Gas (molekularem Wasserstoff) in einer kristallinen, photonischen Hohlfaser möglich sind. Raman-Streuung wandelt das Pumplicht in sogenannte Stokes-Seitenbänder um.

Durch Reflexionen an den Faserenden laufen diese Seitenbänder in der Faser hin und her und bilden ein stationäres Interferenzmuster: eine stehende Welle mit alternierenden Bereichen von hohem und niedrigem Lichtfeld [Abb. 1]. In den Hochfeldregionen ist der Raman-Übergang gesättigt und nicht aktiv. Die Moleküle haben eine hohe potentielle Energie, da sie teilweise im angeregten Zustand sind. In der Niedrigfeldregion sind die Moleküle Raman-aktiv.

Sie haben eine niedrige Potentialenergie, da sie nahe am Grundzustand sind. Diese Niedrigfeldregionen bilden ein Gitter von etwa 40 000 schmalen, starken Fallen, die lokalisierte Raman-aktive Moleküle enthalten. Die Größe dieser Fallen beträgt etwa 100 nm (1 nm = 10⁻⁹ m), was viel kleiner ist als die Lichtwellenlänge von 1130 nm. Daher haben die emittierten Stokes-Seitenbänder eine sehr schmale Spektralbreite von nur 15 kHz – 10 000 mal schmaler als die doppelverbreiterten Seitenbänder unter den gleichen Bedingungen!

Die Selbstorganisation des Gases manifestiert sich auch auf der makroskopischen Skala. Zunächst zeigen die Berechnungen, dass der Raman-Prozess hauptsächlich genau in dem Faserabschnitt stattfindet, in dem die stehende Welle gebildet wird, wie im oberen Teil von Abb. 1 gezeigt ist. Weiterhin führt der makroskopische Gradient des Potentials zur Strömung des Gases zu den Faserenden, was mit bloßem Auge im Experiment beobachtet werden kann.

Diese starke Lokalisierung und die Verengung der Linienbreite können zu verschiedenen Anwendungen z.B. in der Spektroskopie führen. Es kann aber auch als ein Verfahren zur periodischen Modulation der Gasdichte verwendet werden, was für die Entwicklung von quasi-phasenangepassten Anordnungen für weitere nichtlineare Prozesse geeignet ist wie z.B. zur effektiven Erzeugung von hohen Harmonischen.

Abb. 1: Das Pumplicht wandelt sich auf der makroskopischen Skala in nach vorne gerichtete Stokes-Strahlung (FS) um, die teilweise vom Faserende reflektiert wird und zu rückwärts gerichteter Stokes-Strahlung (BS) wird. Letztere wird ebenfalls durch das Pumplicht verstärkt. In dem Gebiet, in dem sowohl FS als auch BS stark sind, bilden sie ein Interferenzmuster der stehenden Welle, das auf der mikroskopischen Skala dargestellt ist. In den Niedrigfeldbereichen (durch rotgefärbte Moleküle gekennzeichnet) befinden sich die Moleküle im Grundzustand und sind stark lokalisiert, wie das Potential im unteren Teil zeigt. Genau diese „gefangenen“ Moleküle sind Raman-aktiv, was zur Verringerung der Linienbreite führt.

Originalpublikation: Nature Communications 7, 12779 (2016) doi:10.1038/ncomms12779
„Raman gas self-organizing into deep nano-trap lattice“
M. Alharbi, A. Husakou, M. Chafer, B. Debord, F. Gérôme und F. Benabid

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