Germanium wird lasertauglich

Forscher von der ETH Zürich, dem Paul Scherrer Institut PSI und dem Politecnico di Milano haben gemeinsam eine Fabrikationstechnik entwickelt, mit der sie den Halbleiter Germanium durch starke Zugspannung lasertauglich machen können. In ihrer kürzlich in «Nature Photonics» erschienenen Publikation zeigen sie, wie sie die dazu benötigte Zugspannung auf effiziente Weise erzeugen können.

Die Wissenschaftler weisen nach, dass sie mit ihrer Methode die optischen Eigenschaften des an sich für Laser ungeeigneten Germaniums wirksam verändern können: «Bei einer Dehnung von drei Prozent gibt das Material rund 25 Mal mehr Photonen ab als im entspannten Zustand», erklärt Martin Süess, Doktorand am Laboratorium für Nanometallurgie von Professor Ralph Spolenak und dem EMEZ an der ETH Zürich.

«Das reicht aus, um damit Laser zu bauen», sagt sein Mitstreiter Richard Geiger, Doktorand am Labor für Mikro- und Nanotechnologie am PSI und dem Institut für Quantenelektronik der ETH Zürich unter Professor Jérôme Faist.

Starker Zug durch Mikro-Brücken
Um das Germanium mit der neuen Methode in seine laserfähige gestreckte Form zu bringen, nutzen die Forscher die leichte Spannung, die im Germanium entsteht, wenn es auf Silizium aufgedampft wird. Diese Vorspannung verstärken die Wissenschaftler durch sogenannte Mikro-Brücken: Sie kerben freigelegte Germaniumstreifen, die an beiden Enden auf der Siliziumschicht fixiert bleiben, in der Mitte von beiden Seiten tief ein. Die beiden Hälften des Streifens bleiben dadurch lediglich über einen äusserst schmalen Steg verbunden. Genau dort verstärkt sich die Dehnung des Germaniums aus physikalischen Gründen so sehr, dass es an dieser Stelle lasertauglich wird.

«Die Zugspannung, die auf das Germanium wirkt, ist vergleichbar mit der Kraft, die auf einen Bleistift wirkt, an dem zwei Lastwagen in entgegengesetzte Richtungen ziehen», überträgt Hans Sigg, Projektleiter vom PSI, den Kraftakt im Mikrometerbereich auf Alltags-Grössenverhältnisse. Die Materialeigenschaften verändern sich, weil die einzelnen Atome durch die Dehnung des Materials ein wenig auseinanderrücken. Dadurch wird es für die Elektronen möglich, auf Energieniveaus zu gelangen, die für die Entstehung von Lichtteilchen, sogenannten Photonen, günstig sind.

Germanium-Laser für die Rechner der Zukunft
Die Methode des interdisziplinären Forscherteams könnte die Leistung kommender Computergenerationen bedeutend steigern. Denn um die Rechnerleistung zu verbessern, wurden vor allem Computerchips stetig verkleinert und immer dichter gepackt. Doch dieser Ansatz wird in absehbarer Zeit an seine Grenzen stossen. «Um Leistung und Geschwindigkeit weiter zu steigern, müssen die einzelnen Komponenten in Zukunft vor allem stärker verknüpft werden und effizienter miteinander kommunizieren», erklärt Süess. Dafür sind allerdings neue und schnellere Übertragungswege nötig als heute, wo die Signale noch via Strom und Kupferkabel übermittelt werden.
«Der Ansatz der Zukunft heisst Licht», sagt Geiger. Doch um dieses für die Übermittlung von Daten nutzen zu können, braucht es zuerst Lichtquellen, die so klein sind, dass sie auf einen Chip passen und sich mit Silizium, dem Grundmaterial aller Computerchips vertragen. Silizium selbst taugt nicht für die Erzeugung von Laserlicht. Das ist denn auch der Grund, wieso den Forschern viel daran liegt, Germanium laserfähig zu machen: «Germanium ist mit Silizium bestens kompatibel und wird bereits heute in der Computerindustrie bei der Herstellung von Siliziumchips verwendet», erklärt Geiger. Sollte es gelingen, mit der neuen Methode aus Germanium winzige Laser zu bauen, rückt ein Systemwechsel in greifbare Nähe. «Wir sind auf gutem Weg», sagt Süess. Das internationale Forscherteam ist momentan dabei, mit der neuen Methode tatsächlich einen Germanium-Laser zu bauen.

Original: Süess MJ, Geiger R, Minamisawa RA, Schiefler G, Frigerio J, Chrastina D, Isella G, Spolenak R, Faist J & Sigg H: Analysis of enhanced light emission from highly strained germanium microbridges. Nature Photonics. 2013. Published online: 14 April 2013 doi:10.1038/nphoton.2013.67.

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Franziska Schmid idw

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