Forscher wollen Kometenstaub einfangen

Die Raumsonde „Rosetta“ sorgte vor wenigen Wochen für große Aufmerksamkeit. Die in vielen Millionen Kilometern von der Erde entfernt bereits seit zehn Jahren im All fliegende Sonde wachte aus einer Art „Winterschlaf“ auf, der die letzten 2 ½ Jahre dauerte und bei dem praktisch alle Subsysteme ausgeschaltet waren.

Jetzt hat sich die Bordelektronik selbst aktiviert, um die eigentliche tollkühne Mission dieses langen Fluges zu erfüllen: Das Zusammentreffen mit dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, der einen ungefähren Durchmesser von vier Kilometer hat und mit einer Geschwindigkeit von rund 100.000 Kilometer pro Stunde durch den Weltraum rast. Die Wissenschaftler versprechen sich aus den Untersuchungen wichtige Erkenntnisse über die Entstehung des Sonnensystems.

Rosetta hat elf wissenschaftliche Experimente an Bord und wird sich zwei Jahre lang in der Nähe des Kometen (in ca. 10 bis 100 km Abstand) aufhalten. Eine kleine Sonde “Philae“ mit weiteren acht Experimenten an Bord wird im November dieses Jahres von Rosetta freigegeben und auf seiner Oberfläche landen.

Rosetta ist ein großes europäisches Gemeinschaftsprojekt unter der Federführung der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) mit der Beteiligung zahlreicher nationaler Agenturen, wie dem DLR (Deutsches Zentrum für Luft – und Raumfahrt). In Deutschland sind an den Experimenten Wissenschaftler vor allem vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen sowie zahlreiche Universitäten, wie etwa die Universität der Bundeswehr München, beteiligt.

Radio Science Experiment ermittelt Masse des Kometen
Das Institut für Raumfahrtechnik und Weltraumnutzung untersucht mit dem Radio Science Investigation (RSI) Experiment die Massenverteilung des Kometen. Prof. Bernd Häusler und Dr. Thomas Andert sind Mitglieder eines internationalen Forscher-Teams und nutzen den sogenannten „Doppler-Effekt“, der aus dem Alltag bekannt ist:

Fährt ein Polizeiwagen mit Sirene an einem Beobachter vorbei, so ändert sich für diesen die Tonlage der Sirene, d.h. damit die Frequenz. Dies wird durch die Änderung der Geschwindigkeit des Polizeiwagens verursacht. Analog dazu wird die Geschwindigkeit der Raumsonde Rosetta bei ihrer Annäherung an den Kometen durch seine Anziehungskraft auf Grund seiner Masse verändert. Diese Geschwindigkeitsänderung können die Wissenschaftler anhand der Frequenzänderung eines Mikrowellen-Radiosignals messen, welche von der Raumsonde zur Bodenstation geschickt wird. Die gemessene Frequenzänderung, die mit mHz Genauigkeit gemessen werden kann, ermöglicht dann Aussagen über die Masse, bzw. die Massenverteilung im Kometen. Mit Hilfe der Anbord-Kamera wird ebenfalls eine Dichtebestimmung durchgeführt. Massenverteilung und Dichte erlauben dann Rückschlüsse auf die Entstehungsgeschichte des Kometen im Sonnensystem.

COSIMA Experiment fängt Staub vom Kometenschweif ein
Das Institut für Strömungsmechanik ist am sogenannten COSIMA Experiment beteiligt. Es beschäftigt sich mit dem Staubschweif des Kometen, der auch von der Erde aus bei vielen Kometen mit bloßem Auge zu erkennen ist. Prof. Klaus Hornung ist Mitglied eines internationalen Teams, das sich mit der chemischen Zusammensetzung dieses Staubes beschäftigt. Aufgeheizt durch die Sonnenstrahlung sondert der Komet diese Staubteilchen ab, die sich dann relativ langsam (ca. 100 m/s) vom Kometen weg bewegen. An der Universität der Bundeswehr München wurden spezielle nanostrukturierte chemisch hochreine Metall-Oberflächen aus Gold, Silber und Platin entwickelt, mit Hilfe derer der Einfang dieser Staubteilchen und deren massenspektroskopische Untersuchung realisiert werden kann. Die Auflösung des Instrumentes erlaubt dabei eine Trennung von anorganischen und organischen Komponenten, was für die Kenntnis der Kometenchemie von entscheidender Bedeutung ist.

Da angenommen wird, dass in der Frühphase ihrer Entstehung die Erde intensiv von Kometen bombardiert wurde, kann möglicherweise die Frage beantwortet werden, ob organische Moleküle aus Kometen tatsächlich für die Entstehung des irdischen Lebens verantwortlich gewesen sein könnten.

Beschreibung der Methode und Link zu Beschreibung von Rosetta:
http://www.unibw.de/lrt9/forschung/radiosondierung
Rosetta Homepage der ESA:
http://sci.esa.int/rosetta/
Rosetta Homepage des DLR:
http://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10394/

Media Contact

Michael Brauns idw

Weitere Informationen:

http://www.unibw.de

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