Entdeckung von Atomkernen – GSI-Wissenschaftler halten Weltrekord

Nuklidkarte<br>Bild: GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung<br>

Auf Platz zwei steht Geissel, Professor an der Universität Gießen, mit 210 Atomkernen. Dies hat Forscher Michael Thoennessen von der Michigan State University in den USA zusammengezählt. Er beschäftigt sich mit der Entdeckungsgeschichte von Atomkernen und veröffentlichte die Zahlen in der Fachzeitschrift Nature.

Unsere Materie auf der Erde ist aus Atomen aufgebaut. Alle Atome, die dieselbe elektrische Ladung im Atomkern besitzen, werden als ein chemisches Element klassifiziert. Bislang sind 114 chemische Elemente bekannt. Von jedem Element gibt es unterschiedliche Sorten, die so genannten Isotope, deren Atomkerne zwar dieselbe elektrische Ladung besitzen, die sich durch ihre Masse unterscheiden. Die Entdeckung eines neuen Atomkerns entspricht somit der Entdeckung eines neuen Isotops. Insgesamt haben die Forscher ca. 3.100 Isotope beobachtet, weitere tausend unbekannte sind vorausgesagt.

Besonders spannend für die Wissenschaftler sind sehr schwere oder sehr leichte Isotope eines Elements. Sie spielen zum Verständnis der Elementerzeugung in Sternen und Sternexplosionen eine große Rolle. Aufgrund ihrer Kurzlebigkeit kommen sie jedoch auf der Erde natürlich nicht vor. Wissenschaftler wie Münzenberg und Geissel versuchen deshalb, sie im Labor künstlich zu erzeugen und zu analysieren. Dazu beschleunigen sie Atomkerne und schießen sie auf Materialproben. Beim Aufprall entstehen die neuen Isotope als Fragmente. Mithilfe von Separatoren an der GSI-Beschleunigeranlage können sie aussortiert und untersucht werden.

„Angefangen mit der Erzeugung von Isotopen haben wir 1977. Als wir die ersten neuen Kerne an ihrem Zerfall erkannten, waren wir unglaublich aufgeregt“, berichtet Münzenberg, der mittlerweile im Ruhestand ist. „ Wir wollen wissen, wo die Grenzen der Nuklidlandschaft sind. Wo kann Materie noch existieren? Und was für eine Form haben die Kerne? Wir wollen viele dieser exotischen Kerne finden, um die Landschaft zu entdecken, und dann die interessanten untersuchen.“ Von seinem Weltrekord war Münzenberg angenehm überrascht. Zwar habe er gewusst, dass er einen großen Beitrag geleistet hätte, er hätte aber nicht sagen können wie viele es waren.

Auf dem dritten Platz liegt der Wegbereiter der Kernmassenmessung, Francis William Aston aus Cambridge, der für seine Isotopen-Entdeckungen bereits 1922 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Er identifizierte Anfang des 20. Jahrhunderts viele der natürlich vorkommenden Isotope, insgesamt 207. Weitere GSI-Wissenschaftler sind ihm dicht auf den Fersen, beispielsweise Peter Armbruster auf dem vierten Platz. Aus der Liste der Top 25 haben 22 Isotopen-Entdecker auch bei GSI geforscht.

Thoennessen hat gemeinsam mit seinen Studenten von allen Isotopen die Entdecker nach Person und nach Labor anhand von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zusammengetragen. Als anerkannt galt das Isotop für ihn, wenn seine Masse und seine Ladung gemessen und publiziert wurden. Das Lawrence Berkeley National Laboratory in Berkeley, USA, führt mit 635 entdeckten Isotopen als Labor die Statistik an. Doch auch hier ist GSI bereits auf Platz zwei mit 372 Isotopen.

Der Weltrekord von Münzenberg wird mit großer Wahrscheinlichkeit überboten werden , wenn in den nächsten Jahren das Beschleunigerzentrum Fair (Facility for Antiproton and Ion Research) bei GSI den Betrieb aufnimmt. An der Fair-Anlage können innerhalb kürzester Zeit viele neue Isotope erzeugt werden.

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