Ein internationales Team von Wissenschaftlern entdeckt einen Superhaufen von Galaxien, der sich hinter dem Band der Milchstraße verbirgt

Das Bild zeigt die Himmels- und Rotverschiebungsverteilung der Galaxien in der Vela Superhaufenregion und ihrer Umgebung. Die größere Ellipse markiert den Vela Superhaufen (VSC). Im Zentrum des Bildes sieht man die Region die von der galaktischen Scheibe mit ihren Sternfeldern und Staubregionen (in schwarz-weiß dargestellt) verdeckt wird. Die Farbe der Galaxien gibt die Entfernung an. Die gezeigten Galaxien haben einen Abstand von 500 bis 1000 Millionen Lichtjahren. Die Galaxien um den Vela-Superhaufen erscheinen in Gelb, nähere (entferntere) Galaxien in grün (orange). Der Vela-Superhaufen wurde durch spektroskopische Beobachtungen in dieser Region nahe der galaktischen Scheibe entdeckt. Da der Vela-Superhaufen in der bisherigen Durchmusterung auf beiden Seiten der Milchstraßenscheibe so deutlich in Erscheinung tritt, ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Verbindung durch die von der Scheibe abgeschattete Region besteht. Die gesamte Struktur könnte damit dem Shapley-Superhaufen (SC) sehr ähnlich sein, wohl aber etwas ausgedehnter. Der sogenannte Große Attraktor (GA), welcher uns wesentlich näher steht, ist ein weiteres Beispiel für eine großräumige Struktur, die das Band der Milchstraße am Himmel kreuzt. Er ist jedoch kleiner als der Vela-Superhaufen. Der innere abgeschattete Bereich des Vela Superhaufens ist bisher noch nicht erforscht. Das Bild zeigt auch die beiden Satelliten der Milchstraße, die Große und Kleine Magellansche Wolke (LMC und SMC). Image credit: Thomas Jarrett (UCT)

Superhaufen sind die größten und massereichsten Strukturen in unserem Universum. Sie bestehen aus Galaxienhaufen und ausgedehnten Dichtestrukturen, die sich bis zu 200 Millionen Lichtjahre über den Himmel erstrecken.

Der bekannteste Superhaufen ist der Shapley-Superhaufen in einer Entfernung von etwa 650 Millionen Lichtjahre. Er enthält etwa zwei Duzend röntgenleuchtkräftige Galaxienhaufen und Tausende von Galaxien mit bekannter Entfernung. Er ist vermutlich das größte System dieser Art in unserer kosmischen Umgebung.

Nun hat ein Team von Forschern aus Südafrika, den Niederlanden, Deutschland und Australien, an dem auch zwei Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching beteiligt sind, einen weiteren sehr prominenten Superhaufen entdeckt, der sich in einer Entfernung von etwa 800 Millionen Lichtjahren über eine größere Region des Himmels erstreckt, etwas weiter entfernt als der Shapley-Superhaufen.

Der Vela-Superhaufen war bisher der Aufmerksamkeit der Astronomen entgangen, da er sich hinter der Scheibe der Milchstraße verbirgt, wo Staub und Sterne die Sicht auf die Galaxien im Hintergrund verdecken. Die neuen Beobachtungen des Teams legen nahe, dass der Vela-Superhaufen ebenso massereich sein könnte wie das Shapley-System. Er könnte daher einen wichtigen gravitativen Einfluss auf die Strömungen von Galaxien in unserer Umgebung haben.

Die Entdeckung basiert auf spektroskopischen Beobachtungen von Tausenden von Galaxien, die teilweise vom Band der Milchstraße verdeckt werden. Die 2012 gemachten Beobachtungen mit dem renovierten Spektrographen des South African Large Telescope (SALT) zeigten acht neue Galaxienhaufen in gleicher Entfernung in der Vela-Region. Darauf folgende spektroskopische Beobachtungen mit dem Anglo-Australian Telescope in Australien lieferten weitere Tausende von Galaxienentfernungen und enthüllten die ungewöhnlich große Ausdehnung der neu entdeckten Struktur.

Prof. Reneé Kraan-Korteweg von der Universität von Kapstadt, die diese Untersuchung leitet und die Region bereits seit mehr als einem Jahrzehnt studiert, bemerkte: „Ich hätte nicht geglaubt, dass eine so massereiche Struktur so prominent in Erscheinung treten würde“, als sie zusammen mit ihren Kollegen die Galaxienspektren der neuen Beobachtungen analysierte.

Die Wissenschaftler Prof. Hans Böhringer und Dr. Gayoung Chon vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik durchforschten die Vela-Supercluster-Region im Röntgenlicht nach Galaxienhaufen und fanden zwei massereiche Haufen in dem Gebiet der Galaxiendurchmusterung und weitere massereiche Systeme in unmittelbarer Nachbarschaft. Sie bestätigen: “Unsere Entdeckungen zeigen, dass die Materiedichte im Vela-Superhaufen signifikant höher ist als im kosmischen Durchschnitt, was dieses System zu einer prominenten, massereichen Struktur macht.“

Aber es gibt jedoch noch viel zu tun. Weitere, umfangreiche Beobachtungen sind nötig, um die ganze Vela Region zu erfassen und vor allem, um die bisher verdeckte Region nahe der Milchstraßenebene zu durchmustern, die vom interstellaren Staub der Galaxie und den dichten Sternfeldern verdeckt wird. Geplante Beobachtungen mit dem neuen Radioobservatorium MeerKAT werden helfen, diese Region zu durchmustern, da Radiostrahlen die Staubwolken der Galaxie durchdringen können. Ebenso sind weitere spektroskopische Beobachtungen mit dem neuen australischen Weitfeld-Spektrographen Taipan vorgesehen. 

In der erweiterten Himmelsdurchmusterung nach röntgenhellen Galaxienhaufen des MPE-Teams, Hans Böhringer und Gayoung Chon, erhält die Vela-Region und ihre Umgebung ein besonderes Augenmerk. „Wir haben bereits deutliche Anzeichen dafür, dass der Vela-Superhaufen in eine größere Struktur eingebettet ist, die von den Galaxienhaufen nachgezeichnet wird. Wir hoffen damit den vollen Einfluss des Vela-Superclusters auf unsere nähere Umgebung aufdecken zu können“, bemerkt Gayoung Chon.

Weitere Information:

Die Veröffentlichung mit dem Titel „Discovery of a prospective supercluster in the ZOA in Vela” erscheint in Monthly Notices of the Royal Astronomical Society: Letters  2016, mit den Autoren: Renée C. Kraan-Korteweg, Michelle E. Cluver,  Maciej Bilicki, Thomas H. Jarrett, Matthew Colless, Hans Böhringer and Gayoung Chon.

Kontakt:

Prof. Hans Böhringer
Telefon: +49 (0)89 30000-3347
E-Mail: hxb@mpe.mpg.de
 
Dr. Gayoung Chon
wiss. Mitarbeiter/in
Telefon: +49 (0)89 30000-3894
E-Mail: gchon@mpe.mpg.de
 
Dr. Hannelore Haemmerle
Pressesprecher/in
Telefon: +49 (0)89 30000-3980
E-Mail: pr@mpe.mpg.de

Media Contact

Dr. Hannelore Haemmerle Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching

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