Drei Planeten in der habitablen Zone eines nahen Sterns

Künstlerische Darstellung des Gliese 667C-Systems<br>Illustration: ESO/M. Kornmesser<br>

Eine Rekordanzahl von drei Planeten dieses Systems sind Supererden und liegen zusätzlich in dem Abstandsbereich um den Stern, in dem flüssiges Wasser möglich sein könnte. Dies macht sie zu möglichen Kandidaten für die Existenz von Leben. Es ist zudem das erste Planetensystem mit einer voll besetzten habitablen Zone, das bisher entdeckt wurde.

Gliese 667C ist ein sehr gut untersuchter Stern. Mit einer Masse von etwas über einem Drittel der Sonnenmasse ist er Teil eines Dreifachsternsystems mit dem Namen Gliese 667 (abgekürzt auch GJ 667), das sich etwa 22 Lichtjahre entfernt im Sternbild Scorpius (der Skorpion) befindet. Für einen Stern ist dies sehr nahe – sozusagen in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft – und deutlich näher als die Sternsysteme, die mit Teleskopen wie dem Weltraumteleskop Kepler untersucht werden, das speziell für die Suche nach Exoplaneten entwickelt wurde.

Frühere Untersuchungen von Gliese 667C hatten bereits ergeben, dass das Sternsystem drei Planeten beherbergt von denen sich einer in der habitablen Zone befindet. Nun hat ein Team von Astronomen unter der Leitung von Guillem Anglada-Escudé von der Universität Göttingen und Mikko Tuomi von der Universität Hertfordshire in Großbritannien das System neu untersucht. Dazu haben die Wissenschaftler neue Beobachtungen mit dem HARPS-Instrument mit den Daten vom W.M. Keck-Observarotium, den Magellan-Teleskopen und dem Very Large Telescope der ESO zu den bereits vorhandenen Daten hinzugefügt [1]. Die Gruppe hat dabei Anzeichen von bis zu sieben Planeten um den Stern gefunden [2].

All diese Planeten umkreisen den leuchtschwächsten Stern in einem Dreifachsystem. Von diesen neu entdeckten Planeten aus gesehen würden die beiden anderen Sterne wie ein Paar zusätzlicher Sonnen tagsüber am Himmel aussehen. Nachts würden sie so viel Helligkeit bieten wie der Vollmond. Die neuen Planeten füllen die habitable Zone von Gliese 667C komplett aus, da es keine weiteren stabilen Umlaufbahnen in dem passenden Entfernungsbereich mehr gibt, auf denen noch ein Planeten existieren könnte.

„Wir wussten aus früheren Untersuchungen, dass der Stern drei Planeten hat. Also wollten wir überprüfen, ob es noch mehr gibt”, erläutert Tuomi. „Wir haben neue Beobachtungen hinzugenommen und sind die vorhandenen Daten nochmals durchgegangen. So waren wir nicht nur in der Lage, die Existenz dieser drei Planeten zu bestätigen, sondern haben mit Gewissheit zusätzliche Planeten nachgewiesen. Drei massenarme Planeten in der habitablen Zone des Sterns zu finden, ist sehr aufregend!”

Drei der Planeten sind bestätigte Supererden – also massenreicher als die Erde, aber gleichzeitig massearm im Vergleich zu mittelgroßen Gasplaneten wie Uranus oder Neptun – die sich in der habitablen Zone des Sterns befinden: einer dünnen Schale um den Stern, in der Wasser unter geeigneten Bedingungen in flüssiger Form vorkommen könnte. Es ist das erste Mal, dass drei solcher Planeten mit Umlaufbahnen in dieser Zone im selben System gesichtet wurden.

„Die Zahl potentiell bewohnbarer Planeten in unserer Galaxis ist unermesslich groß, wenn wir davon ausgehen können, mehrere von ihnen um jeden massearmen Stern zu finden – anstatt uns zehn Sterne anzuschauen um einen potenziell bewohnbaren Planeten zu finden, wissen wir nun, dass es ausreichen kann, wenn wir nur einen Stern untersuchen, um mehrere solcher Planeten zu finden”, fügt Koautor Rory Barnes von der University of Washington in den USA hinzu.

Kompakte Planetensysteme um sonnenähnliche Sterne sind in der Milchstraße reichlich vorhanden. Planeten, die nahe um solche Sterne kreisen, sind sehr heiß und es ist unwahrscheinlich, dass sie bewohnbar sind. Für kühlere und lichtschwächere Sterne wie Gliese 667C ist das jedoch nicht der Fall. Hier befindet sich die habitable Zone vollständig innerhalb der Merkurbahn, also viel näher am Stern als es für unsere Sonne der Fall ist. Das System von Gliese 667C ist das erste Beispiel für ein System, in dem ein solcher massearmer Stern mehrere Planeten in der habitablen Zone beherbergt, die möglicherweise Gesteinsplaneten sind.
Gaspare Lo Curto, bei der ESO der verantwortliche Wissenschaftler für HARPS, merkt an: „Dieses aufregende Ergebnis wurde zum größten Teil durch die Leistungsstärke von HARPS und der damit verbundenen Software möglich gemacht und verdeutlicht auch den Wert des ESO-Archivs. Es ist auch gut zu sehen, wie zwei unabhängige Gruppen von diesem einzigartigen Instrument Gebrauch machen und die ultimative Genauigkeit erreichen.”

„Unsere neuen Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es sein kann Daten nochmals zu analysieren und Ergebnisse von verschiedenen Gruppen an verschiedenen Teleskopen zu kombinieren”, sagt auch Anglada-Escudé.
Endnoten

[1] Die Wissenschaftler verwendeten Daten vom UVES-Spektrografen am Very Large Telescope der ESO in Chile um die Eigenschaften des Sterns genau zu bestimmen, vom Carnegie Planet Finder Spectrograph (PFS) am 6,5-Meter Magellan II Telescope am Las-Campanas-Observatorium in Chile, vom HIRES-Spektrografen am 10-Meter-Keck-Teleskop auf dem Mauna Kea auf Hawaii, sowie einen umfassenden älteren Datensatz von HARPS (dem High Accuracy Radial velocity Planet Searcher) am 3,6-Meter-Teleskop der ESO in Chile, die von 2003–2010 im Rahmen des M-Zwerge-Programms von X. Bonfils und M. Mayor aufgenommen wurden, das hier beschrieben wird.

[2] Die Astronomen haben Radialgeschwindigkeitsmessungen von Gliese 667C erstellt, eine Methode, die oft für die Suche nach Exoplaneten verwendet wird. Sie führten eine robuste Analyse basierend auf Bayesscher Statistik durch, um die Signale der Planeten zu detektieren. Die ersten fünf Signale sind sehr deutlich, während das sechste Signal schwach und das siebte noch schwächer ist. Das System besteht aus drei Supererden in der habitablen Zone, zwei heißen Planeten weiter innen und zwei kühleren Planeten weiter außen. Man kann davon ausgehen, dass die Planeten nahe am Stern und auch die in der habitablen Zone dem Stern immer die selbe Seite zuwenden, so dass ihr Tag und ihr Jahr die selbe Dauer haben, wobei auf einer Seite dauernder Sonnenschein und auf der anderen dauernde Nacht herrscht.

[3] Im Sonnensystem kreist die Venus nahe am Innenrand der habitablen Zone und der Mars nahe am Außenrand. Die genaue Ausdehnung der habitablen Zone hängt von vielen Faktoren ab.

Zusatzinformationen

Die hier vorgestellten Forschungsergebnisse erscheinen demnächst unter dem Titel „A dynamically-packed planetary system around GJ 667C with three super-Earths in its habitable zone” in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics.

Die beteiligten Wissenschaftler sind G. Anglada-Escudé (Universität Göttingen), M. Tuomi (University of Hertfordshire, Großbritannien), E. Gerlach (Technische Universität Dresden), R. Barnes (University of Washington, USA), R. Heller (Leibniz-Institut für Astrophysik, Potsdam), J. S. Jenkins (Universidad de Chile, Chile), S. Wende (Universität Göttingen), S. S. Vogt (University of California, Santa Cruz, USA), R. P. Butler (Carnegie Institution of Washington, USA), A. Reiners (Universität Göttingen), and H. R. A. Jones (University of Hertfordshire, Großbritannien).

Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner bei den neuartigen Verbundteleskop ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop mit 39 Metern Durchmesser für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird: das European Extremely Large Telescope (E-ELT).

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