Chaos im Mikrolaser

Ein Quantenpunkt-Mikrolaser schickt Licht aus, das über einen Spiegel gezielt in den Laser zurückgeworfen wird. Das stört den Laserbetrieb derart, dass es zu einem chaotischen Emissionsverhalten kommt. Rechts das Ergebnis einer Messung zur Photonenstatistik, aus der Physiker eine chaotische Pulsfolge erkennen – denn ohne Chaos würden überhaupt keine Pulse auftreten. Bild: Ferdinand Albert<br>

Im Mikrokosmos chaotisches Verhalten auslösen: Das haben Stephan Reitzenstein und sein Team vom Physikalischen Institut der Universität Würzburg in Kooperation mit dem israelischen Kollegen Ido Kanter geschafft, wie die Zeitschrift „Nature Communications“ aktuell berichtet. Die Forscher schickten dafür bei einem winzig kleinen Laser beständig einen Teil des ausgestrahlten Lichts in den Laser zurück – und brachten so den Prozess der Lichtemission „aus dem Takt“. Der Mikrolaser gab fortan Lichtteilchen (Photonen) in einer chaotischen Pulsfolge ab.

„Dieses Chaos ist aus grundlagenphysikalischer Sicht äußerst interessant“, erklärt Reitzenstein. Aber die gezielte Rückkopplung biete auch Anwendungsmöglichkeiten. „Sie könnte in Zukunft für optische Verstärker und Schalter eingesetzt werden. Außerdem verspricht die Gegenkopplung zweier Mikrolaser über eine weite Strecke eine Synchronisation der chaotischen Pulsfolge, und damit könnte man eine neuartige, abhörsichere Art der Datenübertragung realisieren.“

Mikrolaser made in Würzburg

Die Mikrolaser werden mit einem ausgeklügelten Verfahren im Mikrostrukturlabor des Lehrstuhls für Technische Physik hergestellt. Sie sehen aus wie winzige Türme mit einem Durchmesser von weniger als einem Zehntel eines menschlichen Haares, und sie bestehen aus einer speziellen Abfolge von extrem dünnen Halbleiterschichten. Durch einen aufwändig hergestellten Ringkontakt lassen sie sich elektrisch betreiben.

Im Zentrum der Mikrolaser werden bei der Herstellung spezielle Nano-Strukturen angebracht, die Licht abgeben können, so genannte Quantenpunkte. Ihre Eigenheit: „Die Mikrolaser sind so konstruiert, dass die Photonen, die von den Quantenpunkten emittiert werden, sich mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit in die Lasermode einkoppeln und so für einen sehr effizienten Laserbetrieb nutzbar sind“, wie Reitzenstein sagt.

Nah dran am ultimativen Modell

Wegen ihrer speziellen Konstruktion lassen sich die Würzburger Mikrolaser mit wenigen Mikroampere und nur etwa zehn Quantenpunkten betreiben. In gewöhnlichen Halbleiterlasern seien dagegen Pumpströme im Milliampere-Bereich sowie einige 1.000 bis 10.000 Quantenpunkte nötig.

„Weltweit wird intensiv geforscht, um einen ‚ultimativen‘ Mikro- oder Nanolaser zu realisieren, der lediglich einen einzigen Quantenpunkt als aktives Medium enthält“, erklärt Reitzenstein. Diesem Ziel seien die Würzburger Physiker mit ihrem Modell nun schon sehr nahe gekommen.

Chaotische Pulsfolge erzeugt

Derart „hochgezüchtete“ Quantenpunkt-Mikrolaser reagieren sehr empfindlich auf Fluktuationen bei der Menge der Lichtteilchen im Laser-Resonator. So kann selbst die Emission eines einzelnen Photons den Laserbetrieb durcheinanderwirbeln. Nun haben die Wissenschaftler den Spieß umgedreht und das ausgestrahlte Licht mit einem Spiegel beständig, präzise und kontrolliert auf den Mikrolaser zurückgeworfen, um dessen Betrieb zu stören.

Dabei zeigte sich: Wenn die Laser wenige zehn Nanowatt Lichtleistung ausstrahlen, ist der Einfluss der Rückkopplung nicht direkt messbar. „Vielmehr sind aufwändige Messungen zur Photonenstatistik notwendig, um das erwartete chaotische Verhalten nachzuweisen“, so Reitzenstein. Doch damit hatten die Physiker Erfolg: Sie konnten nachweisen, dass eine Störung des Lasers zu einer chaotischen Pulsfolge führt, bei der jeder Lichtpuls nur etwa 100 Photonen enthält.

Die nächsten Forschungsschritte

„Aktuell bereiten wir Experimente zur Synchronisation zweier Laser bis hin zum Quantenlimit von lediglich einem hin- und herlaufenden Photon vor“, sagt Reitzenstein. „Gelingt uns das, ist ein weiterer Schritt hin zu einem fundamentalen Verständnis der Synchronisation und zu einer abhörsicheren Datenübertragung getan.“

Und noch eine weitere Hürde gilt es zu nehmen: Derzeit funktionieren die Mikrolaser nur in großer Kälte, bei weniger als minus 150 Grad Celsius. Ein Betrieb bei Raumtemperatur sollte aber möglich sein, wenn man die Quantenpunkte für diesen Zweck optimiert. Dieses Ziel verfolgen die Physiker aktuell in einem eigenen Projekt.

„Observing chaos for quantum-dot microlasers with external feedback”, Ferdinand Albert, Caspar Hopfmann, Stephan Reitzenstein, Christian Schneider, Sven Höfling, Lukas Worschech, Martin Kamp, Wolfgang Kinzel, Alfred Forchel & Ido Kanter, Nature Communications, doi 10.1038/ncomms1370

Kontakt

Dr. Stephan Reitzenstein, Physikalisches Institut der Universität Würzburg,
T (0931) 31-85116, stephan.reitzenstein@physik.uni-wuerzburg.de

Media Contact

Robert Emmerich Uni Würzburg

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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