Bislang leichtestes Kondensat aus materiellen Teilchen realisiert

Bei der Bose-Einstein-Kondensation gehen Gase aus ultrakalten Atomen in einen kollektiven Quantenzustand über, in dem sie alle dieselben Eigenschaften aufweisen. Dieser Zustand und die damit verbundenen Eigenschaften sind zum Beispiel für die Herstellung von neuartigen Schaltkreisen, in denen die kondensierten Teilchen nahezu ungehindert fließen, höchst interessant. Das Problem: Die Kondensation mit Atomen erfolgt nur bei extrem kalten Temperaturen, was eine praktische Nutzung nahezu vollständig verhindert.

1995 wurde experimentell das erste atomare Bose-Einstein-Kondensat demonstriert – bei extrem tiefen Temperaturen von unter einem millionstel Kelvin – also fast am absoluten Nullpunkt. Um die Kondensationstemperatur zu erhöhen verfolgen Physiker weltweit seit einigen Jahren den Weg, möglichst leichte Teilchen zur Kondensation zu bringen, indem sie materiellen Teilchen Licht beimischen. In einem so genannten Mikroresonator entstehen dabei neue Teilchen: die Polaritonen. Für solche Polaritonen konnte 2006 erstmalig die Ausbildung eines Kondensats bei ungefähr -270°C beobachtet werden. Dafür muss man allerdings einen hohen Preis bezahlen: Die zur Kondensation gebrachten Teilchen, die durch einen intensiven Laserstrahl erzeugt werden, leben nur einige billionstel Sekunden.

Die Physiker der TU Dortmund haben nun mit ihren Würzburger Kollegen überprüft, was passiert, wenn sie die Masse der Polaritonen noch weiter reduzieren, indem sie besonders viel Licht zumischen. Die Lebensdauer dieser Teilchen wird dabei noch kürzer. Überraschenderweise zeigen sich auch dann noch klare Hinweise auf eine Kondensation. Damit ist in diesen Experimenten das wohl leichteste bisher bekannte Kondensat mit Polaritonen erzeugt worden. Den Physikern gelang zudem der Nachweis von sogenannten Boguljonen, die sich in diesem makroskopischen Quantenzustand ausbilden. Ihre Existenz demonstriert auch, dass das Kondensat eine Super-Flüssigkeit darstellt, in der Teilchen ohne jegliche Reibung fließen können.

Die Dortmunder und Würzburger Physiker haben einen Beitrag über ihre Arbeiten in der aktuellen Ausgabe der »Proceedings of the National Academy of Sciences« publiziert:

http://www.pnas.org/content/early/2011/01/13/1009847108.full.pdf+html

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Manfred Bayer
Tel: 0231/755-3532
E-Mail: Manfred.Bayer@tu-dortmund.de
Dr. Marc Alexander Aßmann
Tel: 0231/755-5160
E-Mail: Marc.Assmann@e2.physik.uni-dortmund.de

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