Exotische Sterne und der Versuch einer Erklärung

Fast alle Sterne haben an ihrer Oberfläche eine chemische Zusammensetzung, die sehr gut verstanden ist. Wasserstoff und Helium, die beiden leichtesten chemischen Elemente, machen zu 73% bzw. 25% die Materie aus. Die restlichen 2% sind „schwere Elemente“, vorwiegend Kohlenstoff und Sauerstoff.

Es gibt allerdings auch einige wenige Sterne, bei denen das üblicherweise häufigste Element, der Wasserstoff, vollständig fehlt. Diese Exoten, die Hydrogen-Deficient Stars, sind für die Astrophysiker besonders interessant, weil ihre Existenz mit den üblichen Theorien zur Entwicklung der Sterne nicht erklärt werden kann.

Alle Sterne verdanken ihr Leuchten den Kernfusionsprozessen, die in ihrem tiefen und heißen Innern ablaufen. Dabei werden Wasserstoff und Helium zu schwereren Elementen verschmolzen. Die „Brennasche“ dieser Kernfusion, vorwiegend Kohlenstoff und Sauerstoff, bleibt im Sterninnern eingelagert. Am Ende seines Lebens wird ein Stern wie die Sonne fast ausschließlich aus diesen beiden Elementen bestehen, allerdings bleiben sie verborgen unter einer chemisch unveränderten, also vorwiegend aus Wasserstoff und Helium bestehenden, Hülle. Für uns als Beobachter scheint sich der Stern also chemisch in seinem Aussehen gar nicht zu verändern. In diesem Sinne sind diejenigen wenigen Sterne, die gar keinen Wasserstoff mehr zeigen, sondern im Wesentlichen nur die Elemente, die ansonsten im Inneren verborgen bleiben, exotisch. Was ist mit ihnen passiert, dass sie ihren Wasserstoff komplett verloren haben?

Eine mögliche Erklärung wird schon lange diskutiert, ja sie ist sogar eine unerwartete theoretische Vorhersage aus Sternentwicklungssimulationen. Sterne wie unsere Sonne werden ihr Leben als so genannte weiße Zwerge beenden, das sind erkaltende „Sternleichen“, sobald sie ihren „Brennstoff“, also Wasserstoff und Helium, fast vollständig aufgebraucht haben.

Überraschenderweise kann es allerdings unter bestimmten Umständen zu einem Wiedereinsetzen der Fusion des restlichen verbliebenen Heliums kommen. Dieses Ereignis setzt im Sterninneren in kürzester Zeit sehr viel Energie frei. Man spricht von einem „Helium-Blitz“, der als eine gewaltige thermonukleare Explosion angesehen werden kann. Der ehemals „tote“ weiße Zwerg ist nun wieder ein hell leuchtender Stern geworden. Aus diesem Grund bezeichnen die Astrophysiker solche Sterne als „wiedergeboren“.

In Folge dieses Helium-Blitzes kommt es zu großräumigen Materiebewegungen im Stern („Konvektion“). Der an der Sternoberfläche verbliebene Wasserstoff wird in das Sterninnere gezogen, während gleichzeitig die „Asche“ der Heliumfusion, also Kohlenstoff und Sauerstoff, an die Sternoberfläche gerät und damit von uns gesehen werden kann. Damit ergibt sich die faszinierende Möglichkeit, sämtliche im Sterninneren erzeugten Elemente direkt zu sehen. Wir können Aussagen darüber machen, wie effektiv welche chemischen Elemente in Sternen erzeugt werden und damit die chemische Entwicklung des Universums angetrieben wird.

Dieses theoretische Szenario zur Bildung von „Sternen ohne Wasserstoff“ enthält eine Reihe von anderen beobachtbaren Vorhersagen, anhand derer man es überprüfen kann. Diese Vorhersagen stimmen aber nur zum Teil mit Beobachtungen überein. Das könnte daran liegen, dass Details dieses Szenarios unverstanden sind. Es wird aber auch diskutiert, dass diese exotischen Sterne auch ganz anders gebildet wurden. Es ist denkbar, dass das Verschwinden des Wasserstoffs durch großräumige Materiebewegungen nicht durch einen Helium-Blitz verursacht wird, sondern durch die Verschmelzung des Sterns mit einem engen Begleitstern oder einem seiner Planeten.

Der Klärung dieser und damit zusammenhängender Fragen versucht das Forschungssymposium näher zu kommen. Es werden etwa 80 Wissenschaftler aus 20 Ländern daran teilnehmen.

Kontaktpersonen:

Prof. Klaus Werner und Dr. Thomas Rauch
Institut für Astronomie und Astrophysik
Universität Tübingen
Tel: 07071/29-78601
E-Mail: hydef07@astro.uni-tuebingen.de

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