Magnetische Bose-Einstein-Kondensation bei Raumtemperatur

Die Bose-Einstein-Kondensation beschreibt einen neuartigen Zustand von Materie, bei dem alle Atome ihre Eigenständigkeit verlieren und unisono – wie ein einzelnes Quantenobjekt – im Gleichtakt schwingen. Dieses „Superatom“ ist eines der faszinierendsten Phänomene der Physik, da die Quantennatur der Materie hier deutlich hervortritt. Es ist benannt nach Satyendra Nath Bose und Albert Einstein, die die Bose-Einstein-Kondensation bereits 1924 vorhergesagt hatten.

Die Bose-Einstein-Kondensation findet jedoch nur unter ganz bestimmten Bedingungen statt: die Dichte der Teilchen muss einen kritischen Wert überschreiten. Obwohl Albert Einstein überzeugt war, dass dies auch bei typischen Umgebungstemperaturen gelingen müsste, ist die Bose-Einstein Kondensation bisher nur bei sehr kleinen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt gelungen. Durch die Schwierigkeit, ultratiefer Temperaturen zu erzeugen, gehörte die Erzeugung eines Bose-Superatoms zu den herausfordernsten Aufgaben der modernen experimentellen Physik des letzten Jahrhunderts. Erst im Jahr 2001 wurde die experimentelle Beobachtung einer Bose-Einstein-Kondensation in extrem ultra-kalten, verdünnten Alkali-Gasen mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Es schien seitdem völlig unmöglich, Bose-Einstein-Kondensation von Atomen bei Raumtemperatur zu beobachten, da die erforderlichen Atomdichten bei Raumtemperatur sofort zur Bildung von Flüssigkeiten oder Festkörper führen.

Allerdings können nicht nur Atome diese Kondensation zeigen. Gase magnetischer Quanten in Festkörpern, sogenannte Magnonengase, sind Atomgasen sehr ähnlich und existieren bereits bei Raumtemperatur. Allerdings können auch sie nicht einfach in den Zustand der Bose-Einstein-Kondensation versetzt werden, da die erforderliche Magnonendichte genau wie beim Atomgas nicht erreicht werden kann. Einer Gruppe von Physikern um Prof. Dr. Burkard Hillebrands am Fachbereich Physik der Technischen Universität Kaiserslautern und um Prof. Dr. Sergej Demokritov von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, ein früherer Mitarbeiter von Prof. Hillebrands, in Zusammenarbeit mit Kollegen aus den USA und der Ukraine ist es jedoch jetzt gelungen, dieses Hindernis auf dem Weg zu einem Bose-Einstein-Kondensat bei Raumtemperatur zu überwinden. Mit Hilfe von Mikrowellen erzeugen sie zusätzliche Magnonen und mischen sie den vorhandenen Magnonen bei. Obwohl die zusätzlichen Magnonen nur eine Millionstel Sekunde existieren, reicht diese Zeit den Wissenschaftlern, um das Verhalten des magnetischen Supergases mit einem Laserstrahl als Messfühler zu untersuchen.

So konnten die Wissenschaftler erfolgreich zeigen, dass der kollektive Quantenzustand bei Raumtemperatur erreicht wird, wie es Albert Einstein vorhergesagt hatte: ein magnetisches Bose-Einstein-Kondensat ohne jede Kühlung.

Ein Bericht über diese Arbeit wurde am 29. September 2006 in der international renommierten Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Media Contact

Thomas Jung idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-kl.de

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