Atome unterm Mikroskop

Erstmals ist es Wissenschaftlern der TU Berlin gelungen, das Wachstum von Halbleiterkristallschichten direkt zu beobachten und zu untersuchen. Das von ihnen in den letzten sieben Jahren entwickelte so genannte Rastertunnelmikroskop erlaubt Einblicke in das Wachstum der Kristallschichten, die in dieser Detailtreue bisher unbekannt waren. Mit Halbleiterkristallschichten baut man zum Beispiel Laserdioden für Laserpointer, CD-Rom-Laufwerke oder Verstärker für Mobilfunkanlagen. Mit dieser Technik wird es zukünftig möglich sein, das Wachstum genau zu kontrollieren.

„Das Kristallwachstum konnte man bislang nur mit optischen Geräten beobachten, die allerdings keine einzelnen Atome detektieren können“, erklärt der Projektleiter Dr. Markus Pristovsek vom Institut für Festkörperphysik der TU Berlin. „Unser Mikroskop ist dagegen erstmals in der Lage, das Kristallwachstum in der Gasphase zu beobachten, wobei die Bauteile, die eigentlich für eine maximale Hitzeeinwirkung von 200?C ausgelegt sind, Temperaturen bis zu 600?C aushalten müssen.“

Die Schwierigkeiten bei der Entwicklung lagen allerdings nicht nur in den hohen Temperaturen. Pumpen verursachen außerdem elektrische Störungen und Schwingungen, die auf ein Zehntel des Atomdurchmessers gedämpft werden mussten. Daher hielt man es zuvor für unmöglich, unter diesen Bedingungen ein Bild der Oberfläche im Nanometermaßstab zu erhalten. Dass es den TU-Wissenschaftlern nun trotzdem gelang, ist einer speziellen Schwingungsdämpfung und einem speziell entwickelten Kühlmechanismus zu verdanken. Erste Bilder wurden erfolgreich aufgenommen, und zeigten Stufen aus einzelnen Atomen bei Temperaturen bis 600°C, den typischen realen Wachstumstemperaturen, die bisher in anderen Aufbauten noch nie erreicht wurden.

„Dabei wird eine Wolframnadel, an deren Spitze sich ein einziges Atom befindet, im Abstand eines Atomdurchmessers, also Bruchteile eines Nanometers, über eine Oberfläche bewegt“, erklärt Markus Pristovsek. „Der je nach Abstand unterschiedliche Stromfluss erlaubt dann, ein Bild der Höhenstruktur und der Position einzelner Atome auf der Oberfläche zu gewinnen.“ Neueste Ergebnisse zeigen, wie sich die Größe von Quantenpunkten unmittelbar nach dem Wachstum verändert. Das ermöglicht die gezielte Einstellung von Größen und Eigenschaften der Quantenpunkte.

Das neuartige Rastertunnelmikroskop basiert auf einem Prinzip, für das der deutsche Physiker Gerd Binnig zusammen mit seinem Schweizer Kollegen Heinrich Rohrer 1986 den Nobelpreis für Physik erhielt, gleichzeitig mit dem Nobelpreis für das Elektronenmikroskop von Ernst Ruska, den die TU Berlin ebenfalls zu ihren berühmten Forschern zählt.

Die siebenjährigen Entwicklungsarbeiten unter der Leitung von Dr. Markus Pristovsek wurden in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Wolfgang Richter begonnen. Fortgeführt wird es nun von dem neu berufenen Prof. Dr. Michael Kneissl. Finanziert wurden die Arbeiten im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs (Sfb 296, Sprecherhochschule TU Berlin: Wachstumskorrelierte Eigenschaften niederdimensionaler Halbleiterstrukturen), dessen Hauptforschungsobjektes Quantenpunkte sind, wie sie zum Beispiel in Halbleiterlasern und anderen optoelektronischen Bauelementen benutzt werden. Die auf lange Sicht angelegte Förderung machte ein solches Projekt erst durchführbar.

Es stehen Videoclips zur Verfügung, auf denen man direkt verfolgen kann, wie Quantenpunkte bei 475°C während der Messung verdampfen sowie eine computeranimierte Aufnahme des Geräts selbst.

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Dr. Markus Pristovsek, Technische Universität Berlin, Institut für Festkörperphysik, Tel.: 030- 314-22077, E-Mail: prissi@physik.tu-berlin.de
Internet:
http://www.physik.tu-berlin.de/institute/IFFP/kneissl/research/spm/reaktorloop.mpg

http://www.physik.tu-berlin.de/institute/IFFP/kneissl/research/spm/3×3-1.mpg

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Ramona Ehret idw

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