Stuttgarter Physiker entwickeln neues hochpräzises Interferometer:500fache Genauigkeit möglich

Prof. Tilman Pfau und Dr. Yuri Ovchinnikov vom 5. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart haben die Fachwelt mit einer Arbeit in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters überrascht. Die in ihrem Beitrag beschriebene Technologie eines Multimoden Wellenleiter-Interferometers (multimode waveguide interferometer, MWI) wird die Messung kleinster Größen um den Faktor 500 verbessern. Mit der nun erreichten Messgenauigkeit können kleinste Entfernungsunterschiede aufgespürt werden, die um ein Vielfaches geringer sind als die zur Messung eingesetzte Wellenlänge des Lichtes. Darüber hinaus ist das neuartige Interferometer auch als optischer Schalter für moderne Kommunikationseinrichtungen einsetzbar.

Interferometer nutzen die Welleneigenschaften des Lichtes, um auch äußerst geringfügige Längenunterschiede messbar zu machen. Mit einem Interferometer wurden in den Anfängen der Physik die genaue Länge des Normalmeters und die Lichtgeschwindigkeit gemessen. Überall dort, wo es um die genaue Messung auch der kleinsten Unterschiede, etwa im Nano- und Halbleiterbereich, aber auch bei den Entfernungs- und Größenmessungen im astronomischen Bereich geht, sind Interferometer bis auf den heutigen Tag die unverzichtbaren Instrumente der modernen Physik.
Die bisherigen Interferometer arbeiten alle nach einem Grundprinzip: ein Lichtstrahl wird aufgespalten und die beiden Strahlen verfolgen unterschiedliche Bahnen, bevor sie auf einem Schirm wieder zusammenkommen. Ist der zurückgelegte Weg gleich, fügen sie sich wieder zu einem kohärenten Lichtstrahl zusammen. Gibt es aber unterschiedlich lange Wege, so zeigen sich diese in den Interferenzen im Spektrum des zusammengeführten Lichtes, also in einer Reihe von dunklen Strichen mit signifikanten Abständen, aus denen die Entfernungen oder Dicken des gemessenen Objektes abgelesen werden können. Der maximale Abstand zwischen den Strichen kann dabei nicht kleiner sein als eine halbe Wellenlänge des eingesetzten Lichtes.
Das Stuttgarter Interferometer MWI funktioniert anders. Pfau und Ovchinnikov benutzen den Strahl eines Helium-Neon Lasers, der zwischen zwei parallele Spiegel eingespeist wird. Das Licht kann nun je nach dem Winkel, mit dem es eingespeist wird, mehrere Wege gehen, die sich überlappen und komplexe Interferenzmuster bilden. Dabei konnten bereits Muster von einem Neuntel der eingesetzten Wellenlänge ermittelt werden. Jetzt, da die prinzipielle Grenze bisheriger Interferometer unterschritten ist, arbeiten die Stuttgarter Physiker daran, den Aufbau zu modifizieren, um die Messgenauigkeit noch weiter zu steigern.
Prof. Pfau und sein Kollege Dr. Ovchinnikov arbeiten bereits seit Anfang des vergangenen Jahres an dem Experiment, das zum Gebiet der klassischen Optik zählt. „Erst allmählich ist uns klar geworden“, sagt Prof. Pfau, „dass wir ein neues Interferometer entwickelt haben.“ „Aber das MWI ist nicht nur als Messinstrument einsetzbar,“ ergänzt der Stuttgarter Photonik-Experte, der das MWI bereits patentieren ließ. „Auch als optischer Schalter in modernen Kommunikationstechnologien könnte unsere Entwicklung in Zukunft Verwendung finden.“

Kontakt:
Prof. Dr. Tilman Pfau, Pfaffenwaldring 57, 70569 Stuttgart,
Tel./Fax: 0711/685-8025
E-Mail: t.pfau@physik.uni-stuttgart.de

Media Contact

Dr. Ulrich Engler idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer