400 Jahre Sonnenflecken

Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) und der Universität Oulu in Finnland arbeiten heute an der Rekonstruktion zehntausender Sonnenflecken und der Sonnenaktivität über vier Jahrhunderte. Mit dem Blick in die Vergangenheit wollen sie auch die Zukunft der Sonnenaktivität verstehen.

Je mehr sich von der Vergangenheit der veränderlichen Fleckenhäufigkeit rekonstruieren lässt, desto verlässlicher werden Aussagen über die Zukunft der Sonnenaktivität.

Übermorgen feiert die Erforschung der Sonnenaktivität 400-jähriges Jubiläum. Am 23.06.1611 wurde die erste Publikation über Sonnenflecken durch Johannes Fabricius veröffentlicht. Seither haben sich viele Beobachter den Sonnenflecken gewidmet. Die Royal Astronomical Society in London beispielsweise beherbergt die umfangreichen Beobachtungen von Samuel Heinrich Schwabe aus dem 19. Jahrhundert. Zehntausende neue Sonnenfleckenpositionen werden zurzeit durch die Potsdamer und die finnischen Wissenschaftler aus diesen historischen Beobachtungsbüchern gewonnen und ausgewertet.

Sonnenflecken sind Ausdruck der magnetischen Aktivität der Sonne. Seit erstmals Teleskope Anfang des 17. Jahrhunderts für die Beobachtung des Himmels eingesetzt wurden, konnte man auch den Stand der Sonnenflecken beobachten. Johannes Fabricius war 1611 der Erste, der dazu eine Veröffentlichung drucken ließ, die er am 23.06. dem ostfriesischen Grafen Enno III. widmete. Viele weitere Beobachter folgten. Einer von ihnen war Samuel Heinrich Schwabe, dessen über 12.000 Sonnenbeobachtungen umfassende Tagebücher jetzt wissenschaftlich ausgewertet werden. Schwabe war seinerseits der Erste, der 1844 die Tatsache veröffentlichte, dass die Sonnenaktivität einer periodischen Veränderung unterliegt, von der wir heute wissen, dass ein Zyklus rund 11 Jahre dauert. Das Verhalten von vier historischen Sonnenfleckenzyklen wird mit Schwabes Zeichnungen der Sonnenscheibe aufgeklärt werden. Schwabes Beobachtungen stammen von 1825-1867 und sind damit bei weitem nicht so alt wie die des Fabricius, jedoch erweitern sie die über hundert Jahre währende Zeitreihe, die später am Observatorium Greenwich in England gewonnen wurde, fast nahtlos in die Vergangenheit.

„Die Sonnenzeichnungen sind sehr genau und werden durch verbale Beschreibungen des Geschehens auf der Sonne ergänzt“, erläutert Dr. Rainer Arlt vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, der die Auswertungen leitet. „Schon lange beschäftigen wir uns mit der Rekonstruktion der Sonnenaktivität mithilfe verschiedenster Methoden und sind nun auf einen wahren Schatz gestoßen“, freut sich Prof. Kalevi Mursula von der Universität Oulu.

Die Mechanismen zur Erzeugung von Magnetfeldern in Sternen sind zwar weitgehend bekannt, es ist jedoch noch nicht möglich, in einer nur auf grundlegenden physikalischen Gesetzen beruhenden Simulation die Sonnenaktivität nachzustellen oder gar vorherzusagen. Dies könnte sich ändern, wenn schließlich detaillierte Daten über den gesamten Zeitraum teleskopischer Sonnefleckenbeobachtungen zur Verfügung stehen werden.

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Rainer Arlt, Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP),
E-Mail: rarlt@aip.de, Mobil: +49 163 904 1725
Dr. Ilya Usoskin, Department of Physics, Universität Oulu,
Mobile: +358 503 441 247
Presse-Kontakt:
Dr. Gabriele Schönherr, Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP),
E-Mail: presse@aip.de, Tel.: 0331-7499-383
Madleen Köppen, Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP),
E-Mail: presse@aip.de Tel.: 0331-7499-469
Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) beschäftigt sich vorrangig mit kosmischen Magnetfeldern und extragalaktischer Astrophysik. Daneben wirkt das Institut als Kompetenzzentrum bei der Entwicklung von Forschungstechnologie in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Das AIP ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Das AIP ist eine Stiftung privaten Rechts und ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören derzeit 87 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder, die wissenschaftliche Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung bearbeiten.

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Gabriele Schönherr idw

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