Sensor+Test 2012: Navi fürs Einkaufszentrum

Auf dem Bildschirm wird das virtuelle 3D-Innenraummodell des Gebäudes angezeigt. Der Standort und die zurückgelegte Strecke sind in der Karte eingezeichnet. © Fraunhofer IPA<br>

Fraunhofer-Forscher haben deshalb zusammen mit der Firma Bosch und anderen Partnern ein Navigationssystem für Innenräume entwickelt. Dank einer pfiffigen Kombination von Sensoren erfasst das Modul im Detail die Bewegung und Position des Nutzers. Auf der Messe Sensor+Test in Nürnberg zeigen die Forscher vom 22. bis 24. Mai 2012 live, wie die neue Innenraum-Navigation funktioniert.

Ein Smartphone mit GPS-Funktion ist eine feine Sache. Es navigiert seinen Besitzer sicher durch die Straßen einer fremden Stadt. Am Ziel angekommen, ist es mit der Orientierung aber allzu oft vorbei, denn sobald man ein Gebäude betritt, reißt der Kontakt zu den GPS-Satelliten ab. Dann steht man verloren da – im weitläufigen Messezentrum oder in einer verzweigten Shopping-Mall. Wie hilfreich wäre es, dachte sich Harald von Rosenberg, wenn das Smartphone in solchen Momenten flugs auf ein Innenraum-Navi umschalten und den Weg durch Ladenzeilen und Treppenhäuser weisen könnte?

Dass das durchaus möglich ist, hat der Projektleiter für »Bewegungskontroll-systeme« vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA jetzt in dem Kooperationsprojekt »MST-Smartsense« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gezeigt – gemeinsam mit den Firmen Robert Bosch GmbH, Bosch Sensortec GmbH, Binder Elektronik GmbH, AEMtec GmbH, Sensitec GmbH sowie der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT und den Fraunhofer-Instituten für Zuverlässigkeit und Mikrointegraition IZM und für Elektronische Nanosysteme ENAS. Die Partner haben ein Sensormodul für die Navigation in Innenräumen entwickelt, das nur so groß wie ein Fingernagel und damit für den Einsatz in einem Smartphone prädestiniert ist.

Sensor erkennt Schrittlänge

Ähnlich wie herkömmliche Schrittzähler registriert das Modul, wie schnell und weit eine Person geht. Allerdings ist es sehr viel genauer und intelligenter als handelsübliche Geräte, denn es nimmt sogar die Marschrichtung des Nutzers wahr. »Ein so kleines Modul, das so viel kann, gab es bislang noch nicht«, sagt von Rosenberg. Einfache Schrittzähler müssen zunächst programmiert werden. Die Körpergröße, die Schrittlänge, all diese Daten muss der Nutzer vor dem Loslaufen einspeichern, damit der Apparat korrekt zählt. Das ist vor allem dann störend, wenn mehrere Personen denselben Zähler benutzen. Zudem arbeiten herkömmliche Geräte nicht wirklich genau. Anders der neue Navigationssensor aus Stuttgart: In dem winzigen Modul sitzen gleich mehrere Sensoren, deren Informationen miteinander verrechnet werden.

Dazu gehören ein Beschleunigungssensor, der die Bewegung des Körpers registriert und ein Magnetfeldsensor, der die Ausrichtung des Körpers durch dessen Lage zum Erdmagnetfeld misst. Beides zusammen ergibt ein sehr genaues Bewegungsmuster. »Sensorfusion« nennt von Rosenberg eine solche intelligente Kopplung mehrerer Sensoren. Faszinierend ist, dass das Modul nicht auf den Nutzer abgestimmt werden muss. Es erkennt, ob dieser lange Beine hat oder eher Trippelschritte macht. Möglich ist das, weil von Rosenberg die Software zunächst mit Schrittmustern verschiedener Personen trainiert hat. Der Sensor registriert damit sofort, wie eine Person läuft und kann die Schrittlänge exakt einschätzen.

Display zeigt ideale Marschroute an

Natürlich funktioniert ein Innenraum-Navi nur, wenn es das Gebäude kennt. Zu diesem Zweck sollen Smartphones künftig automatisch dreidimensionale Gebäudepläne aus dem Internet herunterladen. Diese werden mit dem Sensormodul gekoppelt, sodass die aktuelle Position auf dem Smartphone angezeigt wird. Mehr noch: Auf dem Display erscheint auch die ideale Marschroute. Gebäudepläne ließen sich automatisch aufs Mobilfunkgerät spielen, sobald man das Haus betritt. Möglich wäre es auch, auf einem Lageplan am Eingang des Gebäudes einen zweidimensionalen QR-Code anzubringen. Nutzer könnten diesen dann mit ihrem Smartphone abfotografieren und die entsprechende Karte laden.

Und noch etwas zeichnet das neue Sensormodul aus. Es besitzt einen eigenen kleinen Mikrocomputer, der die Sensormesswerte in klare Daten umsetzt – etwa eine Gradzahl für die Blickrichtung oder eine Streckenlänge. Diese können direkt vom Smartphone genutzt werden. Herkömmliche Sensoren produzieren hingegen nur simple Rohwerte, die ein weiterer Prozessor in diskrete Daten umrechnen muss. »Anders als üblich, kann der MST-Smartsense-Sensor damit ohne weitere Zusatzelemente direkt ins Smartphone oder Tablet eingebaut werden und Apps mit Informationen versorgen«, sagt von Rosenberg. Da das Sensormodul autark arbeitet, beansprucht es keine Rechenkapazität auf dem Bordprozessor des Smartphones. Es nutzt seinen eigenen kleinen Prozessor, der deutlich weniger Strom benötigt. Das schont den Akku des Geräts.

Ein Demonstrator des neuen Innenraum-Navis ist auf der Messe Sensor+Test 2012 vom 22. bis 24. Mai in Nürnberg auf dem Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 12, Stand 202 zu sehen. Zudem werden die IPA-Forscher ein weiteres Beispiel einer gelungenen Sensorfusion präsentieren: ein Navigationsmodul für Roboter und mobile Messsysteme, das nach dem Vorbild des menschlichen Auges seine Position durch ein Kamerabild zusätzlich absichert.

Media Contact

Harald Rosenberg Fraunhofer-Institut

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