Neuer Standard HEVC codiert Filme effizienter

Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele bannte zahlreiche Zuschauer überall auf der Welt vor dem Fernseher und begeisterte mit einer gigantischen Show. Nur wenige Menschen konnten das Spektakel live im Londoner Stadion miterleben.

Allerdings hatten auch einige andere Show-Fans das Gefühl, live dabei zu sein, obwohl sie »nur« vor einer großen Kinoleinwand saßen. Denn einige Kinos zeigten die Eröffnungsfeier in 8K-Auflösung, was 33 Megapixeln entspricht.

Künftig soll auch die Auflösung an den heimischen Fernsehern weiter steigen und das Gefühl vermitteln, mittendrin, statt nur dabei zu sein. So drängen nach den Full-HD-Geräte nun bereits 4K-Displays auf den Markt, auch 2160p-Format genannt. Sie haben viermal so viele Pixel wie unsere heutigen Fernseher in den Wohnzimmern. Allerdings muss diese ständig wachsende Zahl an Pixeln auch mit den entsprechenden Inhalten gefüttert werden, um die Fähigkeiten des Fernsehers zur Hochauflösung auch zu nutzen. Das ist bislang mit enormen Kosten verbunden und rechnet sich daher nur bei Großereignissen wie den Olympischen Spielen.

Der bisherige Standard, um Daten zu codieren und vom Sender zum Fernseher zuhause zu schicken, heißt H.264/MPEG-4 AVC. Er wäre dem Datenwust zwar theoretisch gewachsen, praktisch entstehen allerdings erhebliche Kosten bei der Übertragung der höheren Video-Auflösung: Denn für die Fernsehübertragung ist ein zusätzlicher Kanal notwendig, bei der Internetübertragung braucht der Server eine größere Bandbreite.

Ein Großteil der namhaften Elektronikhersteller haben sich nun zusammengeschlossen, um gemeinsam einen neuen Übertragungsstandard zu entwickeln – den »High Efficiency Video Coding«, kurz HEVC. Ein maßgeblicher Beitrag zum Standard stammt aus den Laboren des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts, HHI in Berlin, die auch an dem Vorgängerstandard H.264 entscheidend beteiligt waren.

Doppelt so effizient wie H.264

Der Vorteil von HEVC: Der Standard benötigt zur Videoübertragung in hoher Qualität nur die halbe Bandbreite. Doch wie ist das gelungen? »Es wurden viele Anteile von H.264 übernommen und optimiert«, sagt Dr.-Ing. Thomas Schierl, Gruppenleiter Multimedia-Kommunikation am HHI. »Ein Beispiel ist die Blockgröße: Während H.264 das zu übertragende Bild in Blöcke von 16 mal 16 Pixeln unterteilt, zerstückelt HEVC es in variable Blockgrößen mit bis zu 64 mal 64 Pixeln. Diese größeren Blöcke lassen sich wesentlich effizienter kodieren.« Ist auf dem Bild etwa ein Objekt zu sehen, das sich zur Seite bewegt, dann erfolgt diese Bewegung gleichmäßig. Die Standards ermitteln daher für jeden Block eine Bewegungsinformation, die typischerweise einmal pro Block übertragen wird. Da die Blöcke beim HEVC wesentlich größer sind als bei H.264, sind entsprechend weniger Bewegungsdaten nötig. Da bei HEVC der Rechenaufwand für die höhere Codiereffizienz im Vergleich zu H.264 deutlich steigt, um die Bilder zu codieren oder zu decodieren, erlaubt HEVC im Standarddesign, dass Recheneinheiten parallel arbeiten. Entweder unterteilt man das Bild in mehrere Kacheln, auch Tiles genannt, von denen jeder Prozessor eine bearbeitet, oder die Prozessoren bearbeiten jeweils eine der Block-Zeilen des Bildes im Wavefront-Verfahren. Diese Methoden erlauben es Encoder-Herstellern, rasch mit Implementierungen und Produkten auf den Markt zu kommen.

Im Januar 2013 soll die Entwicklung abgeschlossen sein. Dann werden in neuen Geräten wie Fernsehern, Smartphones oder PCs voraussichtlich Decoder enthalten sein, die mit HEVC codierte Daten in hochaufgelöste Fernsehbilder umrechnen. In ein bis zwei Jahren soll der HEVC-Standard auch für 3D-Filme folgen. Auf der IBC vom 7. bis 11. September 2012 in Amsterdam wird der HEVC in Halle 8, am Stand B80 vorgestellt. Die Besucher sehen auf einem HD-Fernseher einen Full-HD-Film, der live vom HEVC-Decoder in hochaufgelöste Fernsehbilder umgerechnet wird. Sie können die Filme wechseln, die Wiedergabe unterbrechen oder vor- und zurückspulen.

Standard auch für Videotelefonie und Videostreaming
Profitieren soll auch die Videotelefonie vom neuen Standard. Auch sie basiert bisher großteils auf H.264. Mit HEVC lässt sich die Bildqualität bei gleicher Datenrate deutlich steigern. Ebenfalls umgestellt werden kann die Übertragung beim Web-Videostreaming. MPEG-DASH, ein Transportformat für Multimedia-Streaming, ermöglicht momentan ruckelfreies Videoschauen via Internet. Bisher erlaubt es den Transport von H.264-codierten Inhalten und anderen Standards. Die Forscher planen, DASH bis April 2013 so anzupassen, dass er auch HEVC-codierte Videos übertragen kann.

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Dr.-Ing. Thomas Schierl Fraunhofer-Institut

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