Interaktive Medizintechnik

Das Fraunhofer IPA präsentiert auf der Orthopädie + Reha-Technik den Prototyp einer aktiv angetriebenen Knieprothese mit neuester Technologie. Eine solche marktfähige Prothese reduziert den Eigenaufwand sich fortzubewegen, unterstützt den Träger bei seinen Alltagsaufgaben und verbessert damit wesentlich seinen Lebensstandard. Durch ihre modulare Bauweise lässt sich Gewicht einsparen und über zusätzliche Komponenten ihre Energieeffizienz weiter steigern.

Zunehmende Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Gefäßerkrankungen lassen den Bedarf an Orthesen und Prothesen besonders in Europa stetig steigen. Darüber hinaus sind vor allem im Bereich der unteren Extremitäten Amputationen häufig mit Bewegungseinschränkungen und weiteren Krankheitsrisiken verbunden. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft benötigt ein Mensch beim Gehen mit einer rein passiven Prothesen bis zu 60 Prozent mehr Energie als ein gesunder Mensch, da sich passive Prothesen nur schlecht an die jeweilige Bewegungssituation anpassen können.

Innovative Knieprothese für aktive Unterstützung
Bei elektronisch gesteuerten Prothesensystemen unterscheidet man zwischen aktiv gesteuerten (elektronischen) und aktiv angetriebenen Systemen. Rein aktiv gesteuerte, elektronische Systeme setzen gezielt Bremsmechanismen ein, um adaptiv in verschiedenen Situationen das Verhalten der Prothese an die Gegebenheit im Gangzyklus anzupassen. Die Zufuhr von Energie ist nicht möglich. Im Gegensatz dazu wird bei aktiv angetriebenen Prothesensystemen der Prothesenträger durch den Einsatz von elektromechanischen Antriebssystemen in der Prothese aktiv während des Ganges unterstützt. Die dem System zugeführte Energie wurde zuvor in einem Akkumulator gespeichert. Ein entscheidender Unterschied, der die IPA-Wissenschaftler veranlasste, die Entwicklung der aktiv angetriebenen Prothesensysteme voranzutreiben.
Neueste Technologie bringt entscheidenden Entwicklungsfortschritt
Der vom Fraunhofer IPA entwickelte aktive Antrieb einer Knieprothese erfolgt durch einen hocheffizienten elektrischen Kleinmotor und eine spezielle Getriebe-Kinematik-Kombination, die die sehr hohen Drehmomente des natürlichen Gangzyklus nachbilden. Drehmomente von 40-60 Newtonmeter sind in diesem Bereich durchaus normal. Die integrierte Trägheitssensorik basiert auf MEMS (Mikro-Elektro-Mechanische-Sensoren) und detektiert die Bewegungszustände des Prothesenträgers. Eine Integration von zu sätzlicher Sensorik zur Willkürsteuerung mittels EMG (Elektromyographie) -Sensorik ist ebenfalls implementiert, sodass die Prothese in Zukunft direkt durch entsprechende Gedanken der Träger gesteuert werden soll. Im Vergleich zu den meisten am Markt erhältlichen Produkten setzt sich die IPA-Prothese aus Standard-Komponenten zusammen. Die Übertragung der Stellgrößen vom Motor zur Knieachse findet nicht über ein Sondergetriebe, sondern über ein einfaches Zahnradgetriebe statt und bietet unterschiedlichste Modifikationsvarianten.
Forschungsprojekt bringt Wissenschaft und Industrie zusammen
Im Bereich der Forschung und Entwicklung von neuen Antriebssystemen hat das Fraunhofer IPA ein von der AIF gefördertes Verbund-Forschungsprojekt initiiert und zusammen mit Spezialisten aus der Zulieferindustrie und der Universität Stuttgart neue Konzepte für aktiv angetriebene Knieprothesen entwickelt. Interessant ist, dass in diesem Projekt die Wertschöpfungskette komplett durch Industriepartner abgedeckt wird. So werden neue Herstellungstechnologien für hoch integrierte Sensortechnik zusammen mit den Berliner Spezialisten CONTAG durchgeführt und neue Regelungsverfahren vom Stuttgarter Unternehmen ISG untersucht. Eine möglichste effiziente Prothese zeichnet sich durch einen sehr guten mechanischen, möglichst leichten Aufbau aus, der gleichzeitig den hohen Anforderungen an die resultierenden Kräfte gerecht wird. In diesem Bereich unterstützt die Firma VMR das Projekt. Für die Entwicklung hocheffizienter Antriebe und die Auslegung der Integration in der Prothese ist die Firma KAG im Konsortium beteiligt. Auf der Forschungsseite arbeiten zwei Institute der Universität Stuttgart (IEW und ISW) und das Fraunhofer IPA zusammen.
Ihre Ansprechpartner für weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Dipl.-Ing. Bernhard Budaker | Telefon +49 711 970-3653 | bernhard.budaker@ipa.fraunhofer.de

Dr. med. Urs Schneider | Telefon +49 711 970-3630 | urs.schneider@ipa.fraunhofer.de

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Hubert Grosser Fraunhofer-Institut

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