InnoTrans 2008: Sichere Fahrdrahtrisserkennung mit Sicat CMS von Siemens

Siemens Mobility hat die Überwachungseinrichtung Sicat CMS entwickelt, die die Oberleitungen kontinuierlich überwacht und bei Störungen unmittelbar einen Alarm auslöst. Das Bild zeigt beispielhaft die Anordnung des Sensors an der Radspannerwippe des Prototyps auf der Strecke HSL-Zuid in den Niederlanden.

Die Siemens-Division Mobility hat die berührungslose Überwachungseinrichtung Sicat CMS (Catenary Monitoring System) für den Nah- und Fernverkehr entwickelt, die Oberleitungsanlagen punktuell an Bahnübergängen, Haltestellenbereichen oder in Tunneln kontinuierlich überwacht.

Bei Störungen wird unmittelbar ein Alarm ausgelöst und an die Leitstelle übermittelt. Die Lage der Wippen der Gewichtsnachspanneinrichtungen der Oberleitungsanlage wird gemessen und ausgewertet. Ergänzend zum bestehenden Oberleitungsschutz können Fehlerort und -art genauer und schneller ermittelt und, falls notwendig, einspeisende Unterwerke selektiv abgeschaltet werden. Die Strecke kann damit schneller wieder in Betrieb gehen. Bei entsprechenden Gefahren ist es möglich, das Personal der Triebfahrzeuge rechtzeitig zu warnen und zu instruieren. Dadurch können Folgefehler zum Beispiel durch weitere in die betroffene Strecke einfahrende Fahrzeuge verhindert werden. Sicat CMS erhöht die Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Bahnstrecken. Erste Überwachungseinrichtungen sind bereits erfolgreich in Betrieb.

Für Bahnbetreiber haben Sicherheit und Verfügbarkeit ihrer Anlagen höchste Priorität. Wesentliche Anlagenteile, die die Verfügbarkeit erhöhen würden, können aber aus wirtschaftlichen und technischen Gründen oft nicht redundant ausgeführt werden. Das gilt insbesondere für die Oberleitungsanlage. Äußere Einwirkungen wie umgestürzte Bäume können Leitungen beschädigen und Betriebsunterbrechungen hervorrufen. Ein sicheres und schnelles Erkennen von Störungen ist daher sehr wichtig, um den Reisenden einen zuverlässigen Betrieb der Bahn anbieten und gewährleisten zu können.

Zur Kompensation der temperaturbedingten Längenänderungen von Fahrdraht und Tragseil werden Nachspanneinrichtungen, häufig mit Gewichten und Radspannern, eingesetzt. Über den Radspanner befinden sich Gewichts- und Zugkraft der Oberleitung im Gleichgewicht. Eine Kraftänderung im Leiter – hervorgerufen durch Reibungskräfte bei temperaturbedingter Längswanderung der Leiter, Fahrdrahtanhub bei Durchfahrten, Zusatzlasten im Kettenwerk oder Leiterriss – führt zu einer Neigungsänderung der Radspannerwippe. Reibungskräfte durch die normale Stromabnahme des Zuges verändern sich meist allmählich und nur geringfügig. Leiterrisse und Zusatzlasten führen dagegen zu plötzlichen und starken Kraftänderungen. Somit können durch eine gezielte Auswertung der zeitbezogenen Positionsänderung der Wippe Ereignisse im und am Kettenwerk genau analysiert werden.

Mit Sicat CMS von Siemens wird die Position der Radspannerwippe mit einem Wegaufnehmer gemessen, der auf Basis magnetischer Effekte arbeitet (Magnetostriktion). Dieser Sensor arbeitet berührungslos und somit verschleißfrei. Die Genauigkeit des Gesamtsystems ist auf 0,1 mm eingestellt. Ein Dauermagnet wird in der Nähe der Radspannerachse seitlich an die bewegliche Wippe montiert. Der Magnet bewegt sich zusammen mit der Radspannerwippe an einem Sensorstab entlang. Die Messwerte des Sensors werden der Sensorstation zugeführt. Zwischen dem Stab des Messsensors und dem Dauermagneten befindet sich ein rund 5 mm breiter Luftspalt. Damit beeinflusst der Sensor die Funktion der Nachspannvorrichtung nicht. Auch äußere Einflüsse wie lose Ladungsteile oder Astwerk können die Messergebnisse des Sensors nicht beeinträchtigen.

Zur Bewertung wird die Bandbreite der Positionswerte während der letzten Sekunden zyklisch berechnet. Überschreitet diese einen projektierten Wert, so wird eine Warnung an das Überwachungssystem übertragen. Dies ist ein Indiz dafür, dass eine Beeinträchtigung der Oberleitung vorliegt. Der Betreiber kann entsprechend darauf reagieren und zum Beispiel Triebfahrzeugführer zu erhöhter Aufmerksamkeit auffordern. Sobald das Kettenwerk zur Ruhe kommt, wird die Differenz der Positionen am Beginn und Ende der Bewegung geprüft. Ist sie klein, so bedeutet dies, dass sich das Kettenwerk wieder in der Nähe seiner ursprünglichen Position beruhigt hat. Das Kräftegleichgewicht hat sich also nicht signifikant geändert. Ein Leiterriss kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. In diesem Fall wird keine Warnung weitergegeben. Wird eine große Differenz ermittelt, deutet dies auf einen neuen statischen Zustand mit einer anderen Wippenposition und damit auch auf ein neues Kräftegleichgewicht hin. Die Überwachungseinrichtung überträgt einen Alarm mit entsprechend hoher Priorität an das Leitsystem. Durch die Auswertung der Bewegung pro Zeiteinheit und den zusätzlichen Vergleich mit festgelegten Grenzwerten lassen sich Abweichungen von den Betriebswerten feststellen.

Sicat CMS ist für jede Anlagengröße konfigurierbar. Es kann flächendeckend die gesamte Oberleitungsanlage oder auch nur punktuell neuralgische Punkte wie Bahnübergänge, Brücken, Tunnel und Bahnsteige überwachen. Die Einrichtung ist ein Baustein für eine zustandsbezogene, weniger personalintensive Instandhaltung.

Die Betriebszentrale der Anlage wird über Ethernet unter Verwendung des Fernwirkprotokolls nach der Norm IEC 60870-5-104 angebunden. Dadurch kann Sicat CMS einfach in ein vorhandenes Scada-System integriert werden. Es ist kein spezieller Bedienplatz in der Leitstelle erforderlich.

Prototypen wurden auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke HSL-Zuid in den Niederlanden und auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke Segovia-Valladolid in Spanien erfolgreich getestet und befinden sich dort im Einsatz. Die ersten Serienanlagen wurden auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Madrid nach Valladolid im Frühjahr 2008 beginnend eingebaut. Sieben Auswertestationen mit insgesamt 120 Sensorstationen und 240 Sensoren erfassen den Zustand der Kettenwerke auf der rund 140 km langen Strecke. Das System überwacht an den für den Betreiber sensiblen Punkten im Bereich von Bahnhöfen und in den beiden 8 und 29 km langen Tunneln San Pedro und Guadarrama mechanische Störungen an der Oberleitung.

Der Industry Sector (Erlangen) der Siemens AG ist der weltweit führende Anbieter von Produktions-, Transport- und Gebäudetechnik. Mit durchgängigen Hardware- und Software-Technologien und umfassendem Branchenlösungen steigert Siemens die Produktivität und Effizienz seiner Kunden aus Industrie und Infrastruktur. Der Sektor besteht aus den sechs Divisionen Building Technologies, Industry Automation, Industry Solutions, Mobility, Drive Technologies und Osram. Mit weltweit rund 209000 Mitarbeitern erzielte Siemens Industry im Geschäftjahr 2007 einen Umsatz von etwa 40 Milliarden Euro (pro forma, unkonsolidiert).

Die Mobility Division (Erlangen) ist der international führende Transport- und Logistik-Lösungsanbieter. Mit dem Ansatz „Complete mobility“ verfolgt die Division das Ziel, unterschiedliche Verkehrssysteme miteinander zu vernetzen, um Menschen und Güter effizient zu transportieren. Complete mobility vereint dabei Kompetenzen bei Betriebsführungssystemen für Bahn- und Straßenverkehrstechnik mit Lösungen bei Flughafenlogistik, Postautomatisierung und Bahnelektrifizierung sowie Schienenfahrzeugen im Nah-, Regional- und Fernverkehr und zukunftsorientierte Servicekonzepte.

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