Hannover Messe: Spiegel aus Jena ermöglicht Laser extrem hoher Leistung

SESAM öffnet Türen zu neuen Anwendungen

Der Physiker Prof. Wolfgang Richter von der Uni Jena stellt auf der Hannover Messe vom 15. bis 20. April einen neuartigen Laserspiegel aus, der nach dem SESAM-Prinzip arbeitet, das vor etwa zehn Jahren in den USA erfunden wurde (SESAM – Semiconductor Saturable Absorber Mirror – Sättigbarer Absorberspiegel aus Halbleitermaterial). Durch eine spezielle Anordnung der Schichten dieser SESAMs kann deren Lebensdauer erheblich vergrößert werden. Mit SESAM-Spiegeln lassen sich besonders einfache, selbst startende Puls-Laser aufbauen. Sie können kurze Lichtblitze von etwa einer Billiardstel Sekunde Dauer (Fachwort: Pikosekunde) und etwa 1 GigaWatt Leistung aussenden. Laser mit solchen Eigenschaften werden immer wichtiger: In der Chemie und Biologie lassen sich damit superschnelle Vorgänge beobachten, sie verbessern die Kommunikationstechnik, man kann mit ihnen Entfernungen messen, äußerst präzise Materialen bearbeiten oder sichtbares Licht für Leuchtanzeigen erzeugen.

Ein Laser besteht aus einem aktiven Lasermaterial, dem von außen Energie meist in Form von Licht zugeführt wird. Oft ist dieses Material ein Kristall – ein Festkörper, wie die Physiker sagen – doch gibt es auch eine Fülle anderer Lasermaterialien, von Gasen über Flüssigkeiten bis zu Halbleitern. Die eingestrahlte Lichtenergie regt das aktive Lasermaterial zum Leuchten an. Dieses Laserlicht wandert zwischen zwei Spiegeln am vorderen und hinteren Ende des Lasermaterials hin und her und regt dabei die Atome an, weiteres Licht auszusenden: Eine gegenseitige lawinenartige Lichtverstärkung setzt ein. Damit das Licht aus dem Laser austreten kann, ist einer der Spiegel teildurchlässig, während der andere, der 100-Prozent-Spiegel, das gesamte auf ihn treffende Licht zurückwirft. Wird dieser Spiegel durch einen SESAM ersetzt, strahlt der Laser nicht fortlaufend, sondern sendet kurze Lichtpulse hoher Leistung in einer regelmäßigen Folge aus.

„So ist ein SESAM-Spiegel im Prinzip aufgebaut: Mehr als 50 solcher hauchdünnen Halbleiterschichten, die das Licht unterschiedlich stark brechen, liegen übereinander. Das Geheimnis liegt aber in einer weiteren Schicht, der Absorberschicht.“

Der Trick dabei: Der SESAM-Spiegel besitzt mehr als 50 übereinander angeordnete Schichten, die abwechselnd aus den Halbleitern Aluminiumarsenid (AlAs) und Galliumarsenid (GaAs) bestehen, sowie eine weitere Schicht aus Indiumgalliumarsenid (InGaAs), die einen Teil des Lichts absorbiert (verschluckt). Jede dieser Schichten ist nur etwa den dreizehntausendsten Teil eines Millimeters dick – ein Haar ist rund 1000mal dicker. Dabei ist die Schichtdicke genau auf den jeweiligen Laser abgestimmt: Sie beträgt exakt ein Viertel der Wellenlänge im Halbleitermaterial. Dieser Spiegel ersetzt den bisherigen 100-Prozent-Spiegel. Die einzelnen Schichten werden mit einem Verfahren aufgebracht, das sich Molekularstrahl-Epitaxie nennt. Auf diese Weise lassen sich Laserspiegel nach Maß herstellen.

„SESAM-Spiegel: Die hier als „Bragg-mirror“ bezeichnete Schicht (blau) entspricht den mehr als 50 Halbleiterschichten. Die rote Schicht ist die Absorberschicht aus InGaAs. Sie verschluckt einen kleinen Teil des Lichts an der Vorderseite einer Welle.“

AlAs und GaAs brechen das Licht unterschiedlich stark. An jeder der Grenzen zwischen den Schichten wird das Licht zurückgeworfen. Die zurückgeworfenen Lichtwellen überlagern sich dabei, so dass der Wellenberg höher wird – das Licht wird intensiver. Entscheidend ist aber die Absorberschicht aus InGaAs. Sie bewirkt, dass ein kleiner Teil des Lichts an der Vorderseite einer Welle verschluckt wird, also etwas Energie im Spiegel „hängen“ bleibt. Dies geschieht so lange, bis die Absorberschicht gesättigt ist. Mit anderen Worten: Je mehr die Lichtintensität steigt, desto weniger Licht wird absorbiert.

Der Vorteil des SESAM-Spiegels liegt darin, dass ein wildes sich-Aufschwingen der Wellenberge verhindert wird. Dadurch arbeitet der Laser stabil, die einzelnen Laserpulse sind zeitlich geordnet, die gesamte Energie wandert in einen kurzen Puls.

Mittlerweile vermarktet Prof. Richter seine Spiegel in einer eigenen kleinen Firma – der Wolfgang Richter Optoelectronics in Weimar. Die Firma bietet SESAMs für Wellenlängen zwischen 870 und 1100 Nanometer an, wobei die Genauigkeit besser als ein Prozent ist. Im gesättigten Zustand liegt ihre Reflexion bei über 99,7 Prozent, die sättigbare Absorption zwischen 0,6 und 6 Prozent. Die Spiegel sind in der Regel 5 x 5 Millimeter groß, doch sind auch andere Größen möglich.

Weitere Informationen: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Festkörperphysik/AG Physik dünner Schichten, Max-Wien-Platz 1, 07743 Jena, Prof. Dr. Wolfgang Richter, Tel. 0 36 41 / 94 74 40, Fax 036 41 / 94 74 42, E-Mail: richter@pinet.uni-jena.de oder vom 15. bis 20. April 2002 auf der Hannover Messe, Halle 18, 1. Obergeschoss, auf dem Stand O 15, „Forschungsland Thüringen“. Noch mehr Fragen beantworten Ihnen die Internetseiten der Arbeitsgruppe Physik dünner Schichten  oder die Seiten der Firma Wolfgang Richter Optoelectronics 

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Hubert J. Gieß idw

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