Bioreaktoren und Brennstoffzellen

Sehr vielseitig zeigt sich das Forschungszentrum Jülich auf der diesjährigen Hannover Messe, der größten Industriemesse der Welt. Wissenschaftler aus verschiedenen Instituten stellen vom 15. bis 20. April die unterschiedlichsten Exponate vor – von der Brennstoffzelle über optische Filter und ein „Modell“ des Teilchenbeschleunigers bis hin zum Bioreaktor für Blutstammzellen und zur Europäischen Spallations-Neutronenquelle ESS. Komplettiert wird das Angebot durch eine Präsentation zum Thema „Handwerk und Wissenschaft“.

Brennstoffzellen – heute auf der Hannover Messe, morgen in Heim und Fahrzeug

Brennstoffzellen als zukünftige Energiewandler für Autos, Omnibusse und kleine Kraftwerke sind in aller Munde – sie haben zurzeit nur zwei kleine Schönheitsfehler: Der Preis ist zu hoch, die Lebensdauer zu niedrig. Die Konsequenz: Hier wartet noch einmal viel Arbeit auf die Forschung. Es gilt preiswertere Materialien und neue Technologien zu entwickeln. Das haben sich auch Jülicher Wissenschaftler auf ihre Fahnen geschrieben – und unter diesem Gesichtspunkt stellt sich das Institut für Werkstoffe und Verfahren der Energietechnik auf der Hannover Messe vor (Halle 13, Stand F68). Die Forscher präsentieren eine Direktmethanolbrennstoffzelle (DMFC) mit 500 Watt Leistung, deren Lebensdauer und Leistungsfähigkeit sie gegenüber dem letztjährigen Exponat deutlich verbessert haben. Daneben zeigen sie Komponenten einer nach dem Jülicher Substratkonzept gefertigten Hochtemperatur-Brennstoffzelle (SOFC für Solid Oxide Fuel Cell). Durch Design- und Werkstoffanpassung können sie auch hier viel versprechende Ergebnisse hinsichtlich verbesserter Lebensdauer und niedrigerer Kosten vorweisen. Schließlich stellen sie einen Dieselreformer vor, der schwefelarme, konventionelle Kraftstoffe in wasserstoffhaltige Brenngase umwandelt und sie so für die Brennstoffzelle nutzbar macht.


Filter für alle Fälle

Optische Filter aus porösem Silizium zeigt das Forschungszentrum Jülich auf dem VDI-Gemeinschaftsstand „Nanoworld“ (Halle 18, OG, Stand J06). Durch elektrochemisches Ätzen von Silizium-Wafern stellen die Wissenschaftler optische Interferenzfilter für den sichtbaren bis infraroten Bereich her. Solche Filter können beispielsweise in Gasdetektoren Anwendung finden. In Weg-Sensoren mit hoher Auflösung und Dynamik können Farb-Verlaufsfilter, die ebenfalls durch Ätzen von Silizium-Wafern hergestellt werden, wertvolle Dienste leisten.


Blutstammzellen aus dem Bioreaktor – Neue Chancen für die Krebstherapie

Sie sind vielfältig und in der Medizin sehr begehrt: Blut bildende Stammzellen. Lebenslang sorgen sie für die ständige Erneuerung des Bluts und für ein intaktes Immunsystem. In der Krebstherapie sind sie überlebenswichtig für den Patienten. Bislang war eine Knochenmark-Spende die einzige Chance, Blut bildende Stammzellen zu übertragen. Auch in Nabelschnurblut sind diese wertvollen Zellen enthalten, jedoch nicht in ausreichender Menge. Biotechnologen des Forschungszentrums Jülich haben einen neuen Bioreaktor entwickelt, in dem sie Blut bildende Stammzellen kultivieren und vermehren können und den sie nun auf dem Gemeinschaftsstand der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) vorführen (Halle 18, EG, Stand E12 / G11). Der Jülicher Bioreaktor ist mit offenporigen Mikroträgern gefüllt. Diese Trägerkugeln bestehen aus Kollagen und imitieren das menschliche Knochenmark, denn in ihren Hohlräumen können sich die Stammzellen wie in den Nischen des Knochenmarks ansiedeln und vermehren. Auf überraschend einfache Weise werden die Blut bildenden Zellen schließlich von den Wissenschaftlern geerntet: Sie geben ein Enzym zu, das die Kugeln auflöst. Übrig bleiben die wertvollen Zellen.


Haardickenmessung mit Laserstrahl

Am HGF-Stand (Halle 18, EG, Stand E12 / G11) ist auch das Institut für Kernphysik vertreten: Unter dem Slogan „Jugend und Technik“ zeigt es, wie mit einem Laser die Haardicke bestimmt werden kann. Dazu wird das Haar mit einem Helium-Neon-Laser beleuchtet und das entstehende Interferenzmuster auf einer Projektionswand abgebildet: Helle und dunkle Streifen, Interferenzmaxima und -minima, wechseln sich ab; die Abstände verraten die Haardicke. Das Experiment verdeutlicht das Messprinzip des Teilchenbeschleunigers COSY am Forschungszentrum Jülich. In der 184 m langen Teilchenrennbahn werden anstelle des Haares Protonen, Bausteine des Atomkerns, beschossen, aber nicht mit Licht- sondern mit Materiewellen in Form von auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Protonen. Auch dabei entstehen Interferenzen, die mit Detektoren, entsprechend der Projektionswand, analysiert werden.


ESS, Handwerk und Wissenschaft im Forschungsland NRW

Auf dem Gemeinschaftsstand „Forschungsland NRW“ (Halle 18, OG, Stand M12) ist das Forschungszentrum Jülich mit zwei Exponaten vertreten. Unter dem Motto „ESS – Ein Leuchtturm für die Forschung“ präsentiert sich das Zukunftsprojekt Europäische Spallations-Neutronenquelle (ESS). Die ESS soll in Jülich ab 2012 die rund 4500 europäischen Neutronenforscher mit Neutronen versorgen. Das durch die ESS gewonnene Wissen fördert den Fortschritt von Schlüsseltechnologien, zum Beispiel der Materialforschung, der Bio- und der Nanotechnologie. Damit wird die ESS die Innovationskraft der Wirtschaft und den Standort Deutschland nachhaltig stärken.

Wie wichtig Handwerk für die Wissenschaft ist, zeigen Mitarbeiter aus verschiedenen Werkstätten des Forschungszentrums. Die Besucher können einem Glasbläser bei der Arbeit zusehen oder selbst unter fachkundiger Anleitung elektronische Bauteile anfertigen. Auch wer einen Goldmedaillengewinner kennen lernen möchte, ist hier richtig: Nicolas Reinhard war zwar nicht bei Olympia in Salt Lake City dabei, doch in seinem Beruf geht es genauso eisig zu wie bei den Wintersportlern. Nicolas Reinhard ist Kälteanlagenbauer und hat seine Ausbildung am Forschungszentrum Jülich absolviert. Im September vergangenen Jahres siegte er bei der Berufsweltmeisterschaft in Seoul. In Hannover wird er mit dem Modell einer Kälteanlage für eine naturwissenschaftliche bzw. handwerklich-technische Ausbildung werben.

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Peter Schäfer idw

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