Unersetzliche Schriften und die Faszination des Kaukasus – Uni Jena auf der Leipziger Buchmesse

Bücher zum Thema Kaukasiologie und erneut ihr weltweit einmaliges Verfahren zur Restaurierung wertvoller Bücher und Schriften – das sind die Exponate, die die Uni Jena in diesem Jahr auf der Leipziger Buchmesse vom 21. bis 24. März vorstellt. Zu finden sind sie auf dem Gemeinschaftsstand des Uni-Verbunds Halle-Leipzig-Jena (Stand C 209) in Halle 8 des Messegeländes.

Immer wenn der Frühling kommt, machen sich Bücherfreunde aus dem In- und Ausland auf nach Leipzig, zur Buchmesse. Trotz der starken Konkurrenz durch die Frankfurter Buchmesse hat sich ihre Leipziger Schwester – sie lässt sich bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts zurückverfolgen – behaupten können. Sie ist überschaubarer, freundlicher, weniger hektisch; Kontakte lassen sich dort viel leichter knüpfen. „In Frankfurt sehe ich Bücher, in Leipzig treffe ich Menschen“, so das Urteil vieler Verlagsleute.

Unter den Ausstellern ist auch jedes Mal die Uni Jena zu finden. Eines der beiden Exponate in diesem Jahr: Bücher und Schriften zum Thema Kaukasiologie, der Wissenschaft vom Kaukasus. Die Uni Jena ist die einzige deutsche Hochschule, an der man Kaukasiologie im Hauptfach studieren kann. Kaum eine andere Weltgegend ist so vielfältig wie der Kaukasus. Hier treffen sechs Sprachfamilien mit zusammen rund hundert Sprachen, zahlreiche Völker und mehrere Weltreligionen aufeinander – und dennoch hat es dieses bunte Völkergemisch geschafft, über viele Jahrhunderte in Frieden und gegenseitiger Toleranz miteinander zu leben.

Natürlich verfügen die kaukasischen Völker auch über eine reichhaltige Literatur: Volkskundliche Texte zählen ebenso dazu wie Romane, Chroniken und religiöse Schriften. Der Vertreter des Faches Kaukasiologie, Prof. Heinz Fähnrich, hat bisher rund ein Dutzend Bände, hauptsächlich aus dem Georgischen, ins Deutsche übersetzt, zum Teil gemeinsam mit Surab Sardshweladse von der Uni in der georgischen Hauptstadt Tbilisi, mit der die Jenaer Kaukasiologen seit Jahren eng zusammenarbeiten. Die Bücher und Bändchen erscheinen in einer eigenen, von Prof. Fähnrich herausgegebenen Kaukasienreihe an der Uni Jena. Einige der Titel: „Georgischer Wein – Kurzgeschichten vom Tschorochi bis zum Diklos Mta“, „Zwischen Felsen und Geschichten – Erzählungen aus Georgien“, „Mingrelische Märchen“, „Mingrelische Sagen“, „Chroniken der georgischen Königin Tamar“, „Das Leben des Grigol von Chandsta“ oder „Abchasische Volksdichtung“. Wissenschaftliche Arbeiten sind ebenfalls in der Kaukasien-Reihe vertreten, so mehrere Wörterbücher, etwa ein „Kleines Udisch-Deutsches Wörterverzeichnis“, ein „Bastisch (Zowatuschisch)-Deutsches Wörterbuch“, ein „Kartwelischer Wortschatz“ sowie ein Georgisches Ortsnamenbuch – allesamt Bücher, die man wohl sonst nirgendwo findet.

Aktueller denn je ist auch das Thema Restaurierung. Viele wertvolle ältere Bücher und Schriften sind vom Zerfall bedroht: Säurehaltige Bestandteile der in früheren Jahrhunderten verwendeten Eisengallustinten zersetzen kostbare Handschriften, Schimmel und Bakterien, aber auch Insektenlarven, greifen das Papier an, Kriege und Brandschatzungen taten ein übriges, nicht selten verschlimmerte Löschwasser die Situation noch weiter. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis vor 20, 30 Jahren lag das Problem beim Papier selbst: Hatte man es zuvor aus Lumpen hergestellt, so benutzte man nun das billigere Holz – derartiges Papier setzt im Laufe der Zeit Säuren frei, die es von innen her zerstören. Es vergilbt, wird brüchig und zerfällt schließlich. Aber auch die Leser sind nicht ganz unschuldig an der Malaise: Durch häufigen Gebrauch lösen sich Buchrücken, der Handschweiß der Benutzer tat dem Papier auf Dauer ebenfalls nicht gut.

Diese schleichende Zerstörung zu verhindern, hat sich die Abteilung Bestandserhaltung der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) in Jena zur Aufgabe gemacht. Bereits in sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelte der Buchrestaurator Günter Müller hier ein – patentiertes – Verfahren, mit dem Papierseiten in der Mitte gespalten werden können. Dort hinein kommt anschließend ein hauchdünnes Blatt Spezialpapier als Stütze. Selbst Fachleute können oftmals nicht auf Anhieb erkennen, dass das Papier restauriert wurde. Die Jenaer Experten beherrschen aber auch zahlreiche andere Methoden, die wertvollen Bücher zu retten. Die in den Seiten enthaltene Säure etwa entziehen sie durch eine spezielle Gelatine, mit Einrissen und Fehlstellen im Papier werden sie ebenfalls fertig. Um auch größere Mengen von Büchern restaurieren zu können, haben die Jenaer Fachleute ihr Verfahren zu einem flexiblen System ausgebaut, das patentiert ist. Seit Ende des vergangenen Jahres ist es auf fast 500 Quadratmetern im Keller des Neubaus der ThULB untergebracht. Im vergangenen August wurde die Jenaer Restaurationswerkstatt als erste Einrichtung dieser Art in Deutschland nach der international gültigen Norm DIN EN ISO 9001 zertifiziert.

Die Kaukasiologie in Jena finden Sie auch im Internet unter http://lingua1.phil.uni-jena.de/ssm/, die Jenaer Buchrestaurationswerkstatt unter http://www.thulb.uni-jena.de/rest_start.html

Weitere Informationen: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Philosophische Fakultät, Professur für Kaukasiologie, Grietgasse 6, 07743 Jena, Prof. Heinz Fähnrich, Tel. 0 36 41 / 94 48 85, Fax: 0 36 41 / 94 48 82, sowie Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Bibliotheksplatz 2, 07743 Jena, Dr. Sabine Wefers, Leitende Bibliotheksdirektorin, Tel. 0 36 41 / 94 00 00, Fax 03641 / 94 00 02, E-Mail:  ThULB@thulb.uni-jena.de oder vom 21. Bis 24. März auf der Leipziger Buchmesse, Gemeinschaftsstand des Universitätsverbundes Halle-Leipzig-Jena, Halle 8. Stand C209. Während der Messe erreichen Sie den Stand unter der Tel.-Nr. 03 41 / 678 57 87. Die Bücher der Kaukasienreihe können Sie auch unter der Faxnummer von Prof. Fähnrich bestellen.

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Hubert J. Gieß idw

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