Arztpraxen und Krankenhäuser rüsten um auf Digitaltechnik

Pro Kopf werden in Deutschland jedes Jahr 5.250 DM für Gesundheit ausgegeben, so viel wie in keinem anderen Land der Welt. Kein Wunder, denn in Deutschland wird die Bevölkerung immer älter und „multimorbider“, die Menschen leiden unter immer mehr und immer unter-schiedlicheren Krankheiten. Gesundheit ist damit eines der Themen, die fortlaufend für Gesprächsstoff sorgen. Einerseit stehen dabei besonders im Blickpunkt die Leistungsfähigkeit der Forschung sowie der medizinischen Behandlung und andererseits bestimmen stets wirtschaftliche Gesichtspunkte die Diskussion. Und nicht selten werden diese beiden Punkte in der Weise durch Hinterfragung verknüpft, inwieweit der medizinische Fortschritt überhaupt finanzierbar sei. Schliesslich beläuft sich das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen pro Halbjahr auf zuletzt 5 Mrd. Mark. Wer vom 21. bis 24. November zur weltweit größten Medizinmesse MEDICA nach Düsseldorf kommt, wird diese Frage zu einem guten Teil von den über 3.600 Ausstellern beantwortet bekommen. Denn moderne Medizintechnik bietet für Patient und Arzt den Vorteil einer treffsicheren Diagnose und effektiven Behandlung sowie darüberhinaus aus wirtschaftlicher Sicht ein erhebliches Effizienzsteigerungspotenzial.

Eine Schlüsselfunktion gebührt – ein Gang über die MEDICA 2001 mit ihrer Sonderschau MEDICA MEDIA wird dies zeigen – der Informations- und Kommunikationstechnik. So wie sich im privaten Bereich nach und nach digitale Aufnahme-, Speicher- und Kommunikationsverfahren in Bild und Ton durchsetzen, setzt auch die Medizin mehr und mehr auf Bits und Bytes. Aktueller Trend: Nachdem die digital arbeitenden Computer- und Kernspintomografen bereits weit verbreitet sind und auch die Digitalisierung des normalen Röntgens sowie der Mammografie voranschreitet, geht es derzeit um die Wege zur Anlage einer komplett digitalen Patientenakte und die Implementierung der nun digitalisiert vorliegenden Diagnosedaten in die Praxis- und Klinikinformationssysteme. Die Ziele dabei sind klar: detailiertere Befunde, Verbesserung der Kommunikationsabläufe, bequemere Langzeitarchivierung, vereinfachter Zugriff auf Patienteninformationen sowie Vermeidung von kostenaufwändiger mehrfacher Datengewinnung und -speicherung.

In Düsseldorf hat die digitale Zukunft der Medizin schon begonnen

In der MEDICA-Stadt Düsseldorf, dem Treffpunkt der Medizinbranche, ist die digitale Zukunft schon zu einem großen Teil Realität geworden. Hier betreibt seit kurzer Zeit erfolgreich ein lokales Telekommunikationsunternehmen zusammen mit Spezialunternehmen für medizinische Software- und Systemarchitektur ein Kommunikationsnetzwerk. Per Glasfaser angeschlossen sind daran drei Krankenhäuser und fünf radiologische Praxen, wovon eine zu den derzeit noch wenigen voll digitalisierten Praxen in Deutschland gehört. Und dieses Netzwerk belegt eindrucksvoll: Gleich ob Röntgenaufnahmen, Blutgruppeninformationen, Labordaten, Impfungen oder Operationsdokumentationen – nichts muss zukünftig mehr doppelt und mehrfach erstellt werden. Denn kommuniziert wird nun ortsübergreifend und web-basiert per „Medical Mail“.

Aber die MEDICA-Aussteller stellen noch mehr unter Beweis. Nicht nur die digitale medizinische Kommunikation ist weit fortgeschritten und bringt große Einsparpotenziale. Auch der Weg zur digitalen Visite als bisherige Vision steht kurz vor der Vollendung. Zukünftig tritt das Behandlungs-personal mit Notebook ausgerüstet an das Patientenbett und kann auf einem portablen Bildschirm durch Aufruf der Patientenakte, das Bild der Lunge oder des Knochenbruchs betrachten und nachher die Verordnung eingegeben – gänzlich ohne Papier. Präsentiert werden auf der MEDICA sogar drahtlose Kommunikationsnetzwerke für Kliniken, bei denen der Arzt noch nicht einmal vor der Visite die Daten auf seinen Laptop aufspielen muss. Dank eines drahtlosen lokalen Netzwerkes mit Sende- und Empfangsstationen an mehreren Stellen der Klinik bleibt der Arzt mit seinem inklusive einer Miniantenne ausgestatteten Notebook während der gesamten Visite-Route online. Alle Veränderungen an der Patientenakte, die sich während der Visite ergeben, werden damit automatisch im Hauptdokument des Zentralspeichers abgespeichert und stehen von dort aus jedem anderen Arzt der Klinik stets auf dem aktuellen Stand zur Verfügung.

Wenn es in der Hand vibriert, droht der Arzt zu versagen

Im Bereich der Medizintechnik und der Elektromedizin nehmen die Fortschritte schon fast Sciencefiction ähnliche Züge an. Neben einer fortlaufenden Verbesserung der bildgebenden Verfahren, also zum Beispiel der stetigen qualitativen Verbesserung von Ultraschall- und Röntgen-aufnahmen, interessiert sich die Fachwelt besonders für die neuartigen, computerbasierten Operationssysteme. Mehrere an der MEDICA teilnehmende Forschungsinstitute und Hersteller arbeiten zurzeit an s. g. interaktiven Systemen. Exemplarisch zu nennen ist RoboDent für den Einsatz in der Kieferchirurgie, vorgestellt von der Charité in Berlin.

Vor der Operation werden vom Kiefer des Patienten mehrere digitale Röntgenbilder aufgenommen. Diese digitalen Daten füttern dann ein Software-Programm, mit dessen Hilfe der Arzt vor der OP in bester 3D-Qualität am Klinik-Computer die Operation durchspielen kann. Per Mausklick können genau die Punkte und die Eingriffstiefen am Kiefer bestimmt und festgehalten werden, die später während der Operation das unkomplizierteste Vorgehen versprechen. Der besondere Clou: Der Chirurg arbeitet dann während des Eingriffes mit computergesteuerten Instrumenten. Weicht er von den vorher am Computer festgelegten Eingriffspunkten ab oder droht er, zu tief zu bohren, dann fängt das „Werkzeug“ in seiner Hand an zu vibrieren oder hält im Extremfall sogar ganz inne. So werden folgenschwere ärztliche Kunstfehler wirkungsvoll vermieden.

Ebenfalls beeindruckend ist ein neuartiges Ultraschallverfahren, dass zur Heilung von Knochenbrüchen zukünftig eingesetzt und die Heilungsdauer erheblich verkürzen wird. Die Fraktur wird mit s. g. „niederenergetisch gepulstem Ultraschall“ stimuliert. Der Patient kann sich zuhause mit einem passenden Gerät bei einer Frequenz von 1,5 MHz und einer abgegeben Energie von 30mWatt/qcm jeden Tag 20 Minuten selbst beschallen. Der Ultraschall-Vorgang wirkt dabei positiv auf die Zellstruktur des Knochens ein.

MEDICA-Kongress, Deutscher Krankenhaustag und ComPaMED

Die Brücke von der Theorie zur Praxis schlägt die MEDICA-Fachmesse im Zusammenspiel mit dem MEDICA-Kongress und dem Deutschen Krankenhaustag. Die Inhalte zur Laboratoriumsdiagnostik werden in diesem Jahr dabei speziell durch den parallel durchgeführten international viel beachteten Weltkongress für Laboratoriumsmedizin der World Association of Societies of Pathology and Laboratory Medicine vermittelt. Nach 32 Jahren findet dieser im zweijährigen Turnus ausgerichtete Kongress erstmals wieder in Deutschland statt. Aufgegriffen wird eine Vielfalt von Themen moderner Laboratoriumsdiagnostik von der „Renaissance alter und neuer Epidemien“ über molekulare Pathologie und Morphologie bis hin zu Fragestellungen des Point-of-Care-Testings sowie der klinischen Toxikologie.

Unabhängig von präziser Diagnostik und wirkungsvoller Therapie beginnt die Qualitätssicherung der Patientenversorung bereits dort, wo es den meisten Patienten selbst wahrscheinlich gar nicht bewusst ist – bereits bei der Auswahl organisch verträglicher Rohstoffe und geeigneter Vorprodukte und Komponenten zur Herstellung medizinischer Produkte. Hier setzt die ComPaMED an, die als internationale Fachmesse für den Zuliefermarkt der medizinischen Fertigung in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal parallel zur MEDICA stattfinden wird. Für die ComPaMED in Halle 8.1 gibt es keinen gesonderten Eingang und entsprechend auch kein gesondertes Eintrittsticket.

3.600 Aussteller in den Hallen und im Netz – www.medica.de

Die über 3.600 Aussteller (mehr als die Hälfte kommen aus anderen Ländern) der MEDICA/ ComPaMED 2001 decken den gesamten Angebotsbereich der medizinischen Versorgung ab. Schwerpunktthemen sind: Labortechnik und Diagnostica, Physiotherapie und Orthopädietechnik, medizinische Bedarfs- und Verbrauchsartikel, Medizintechnik und Elektromedizin, Informations- und Kommunikations-technologie sowie fachspezifische Dienstleistungen und Facility Management für Gesundheitseinrichtungen. Erwartet werden in Anknüpfung an das gute Vorjahresergebnis rund 120.000 Fachbesucher. Eine Fachbesucherregistrierung gibt es nicht, prinzipiell kann jeder Interessierte die Messe besuchen. Weitere Informationen im Internet: www.medica.de.

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Martin-Ulf Koch ots

Weitere Informationen:

http://www.medica.de.

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