ENTSORGA in Köln: Recycling-Verfahren für Gummi kurz vor dem Praxiseinsatz


Dem Altreifenproblem auf der Spur
ENTSORGA in Köln: Recycling-Verfahren für Gummi kurz vor dem Praxiseinsatz

Altreifen und andere Gummierzeugnisse werden immer mehr zu einem ökologischen Problem. Auf herkömmliche Art können sie nicht wiederverwertet werden, weil Gummi nur ein einziges Mal, bei der sogenannten Vulkanisation, formbar ist, danach nicht mehr. Allein in Europa wächst der Altgummiberg jedes Jahr um vier Millionen Tonnen – Altreifen landeten deshalb in der Vergangenheit oft auf der nächsten Deponie oder wurden einfach verbrannt.

Forschern der Professur Kunststoffverarbeitungstechnik der TU Chemnitz gelang es, aus Gummiabfällen einen besonderen Kunststoff, ein sogenanntes thermoplastisches Elastomer (TPE), zu machen. Dazu werden die Reifen zermahlen, die Oberfläche des Gummimehls sodann mit einer speziellen Chemikalie aktiviert. Das Gummimehl kann sich nun mit einem zugesetzten – ebenfalls wiederverwerteten – Kunststoff verbinden, zum Beispiel Polypropylen. So entsteht ein völlig neuer Werkstoff, der sich immer wieder aufschmelzen und wiederverwenden lässt. Der neue Stoff vereint die Vorzüge von Gummi und Kunststoff in sich: Er ist besonders zugfest und lässt sich um weit mehr als das Doppelte in die Länge ziehen, bevor er reißt. Sogar Spritzgießen lässt er sich. Die neuen Elastomere lassen sich in vielen technischen Bereichen einsetzten, etwa als schlag- und stoßbeanspruchte Teile im Kraftfahrzeug- und Schienenfahrzeugbau. Diese Werkstoffe zeigen eine hohe Wärme- und Kälteschlagfestigkeit im Bereich von minus 40 bis plus 100 Grad Celsius. Außerdem lassen sie sich kostengünstig herstellen. Ihr Preis beträgt nur die Hälfte bis ein Drittel des Preises von auf dem Markt bereits eingeführten reinen TPEs mit vergleichbaren Eigenschaften. Das neue Recycling-Verfahren werden die Chemnitzer Wissenschaftler vom 26. bis 29. Juni 2000 auf der ENTSORGA in Köln, Halle 13.1, Stand E 020/F 021 "Forschungsland Sachsen", vorstellen.

Fernziel der weiteren Forschungen ist es, als Mischpartner des Altgummis auch wieder aufbereitete Kunststoffe zu verwenden und vom Chargenmischprozess zur kontinuierlichen Herstellung überzugehen. In Zukunft sollen so Gummigranulat und -mehl in stärkerem Maße wiederverwertet werden, als es nach dem gegenwärtigen wissenschaftlich-technischen Stand möglich ist. Mehrere deutsche Firmen bemühen sich derzeit die Lizenz zu erwerben, um bald mit der großtechnischen Herstellung der Elastomere zu beginnen.

Weitere Informationen: TU Chemnitz, Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Institut für Allgemeinen Maschinenbau und Kunststofftechnik, Reichenhainer Str. 70, 09107 Chemnitz, Dr. Hannes Michael, Tel. (03 71) 5 31-23 82, E-Mail: hannes.michael@mb3.tu-chemnitz.de

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Dipl.-Ing. Mario Steinebach

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